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"Bei uns läuft es ein wenig anders"

Roland Schlinger fühlt sich wohl bei HBW Balingen-Weilstetten.

Der gebürtige Wiener hat vor kurzem seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag mit dem deutschen Bundesligisten bis zum Jahr 2015 verlängert.

Dabei lief es für den ehemaligen „Handballer des Jahres“ und Bregenz-Akteur zu Beginn seiner Deutschland-Karriere nicht immer rund. Mittlerweile ist er bei den Baden-Württembergern zum Stammspieler gereift und ist mit 137 Toren in 34 Spielen aus der Mannschaft von Rolf Brack nicht mehr wegzudenken.

Zuletzt warf den 29-jährigen Rechtshänder ein Muskelfaserriss zurück, doch nach nur drei Wochen stand der „Bomber der Nation“ bereits wieder auf dem Parkett.

Im LAOLA1-Talk spricht Schlinger über seine schnelle Genesung, seine Vertragsverlängerung sowie seine schwere Anfangszeit im Trikot der Balinger.

LAOLA1: Wie geht es dir nach deinem Muskelfaserriss?

Roland Schlinger: Ich fühle mich gut und bin froh, dass ich so schnell wieder fit geworden bin. Die Verletzung habe ich mir vor knapp vier Wochen zugezogen und habe mittlerweile schon wieder gespielt.

LAOLA1: Hattest du eine besondere Behandlung? Zuletzt bist du mit deinen Adduktoren-Problemen ja extra nach Vorarlberg gefahren, um dich einer speziellen Therapie zu unterziehen.

Schlinger: Nein, das habe ich diesmal nicht gemacht. Ich habe mit unserem Physiotherapeuten, der sehr viel Wert auf Kinesiologie und Heilpraxis legt, zusammengearbeitet. Ich lasse mir bei ihm auch durch Akkupunktur Blockaden lösen, damit sich der Muskel schneller selbst heilt und halte viel von der chinesischen Naturheilkunde.

LAOLA1: Wie du erwähnt hast, hast du bereits wieder gespielt. Hattest du noch Beschwerden?

Schlinger: Nein. Beim Aufwärmen habe ich es zwar noch ein wenig gespürt, aber wenn ich warm bin, ist es gut.

LAOLA1: Du hattest zuvor schon einen Nasenbeinbruch, sprich, warst zwei Mal binnen kurzer Zeit verletzt. Wie fällt dein Resümee der bisherigen Saison aus?

Schlinger: Ich bin super in die Saison gestartet und habe auch eine gute Vorbereitung gespielt. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir gedacht, in diesem Jahr werde ich alles niedereissen (lacht). Dann kam der Nasenbeinbruch im Training, aber das passiert nun mal und ich habe auch nur zwei Spiele versäumt. Danach war ich sofort wieder da und habe an meine Leistungen anknüpfen können. Der Muskelfaserriss kam zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Aber man muss das relativieren, denn diese Verletzung ist eine Kleinigkeit, wenn ich an andere Spieler und ihre Beeinträchtigungen denke. Im Moment nervt es natürlich und man denkt sich, wenn man so kurz aufeinanderfolgend zwei Verletzungen hat, dass es nicht so weiter geht, aber im Großen und Ganzen muss man froh sein, dass es nur kleinere Blessuren sind.

Schlinger arbeitete hart für seinen Erfolg in Balingen

LAOLA1: Als feststand, dass du mit Muskelfaserriss ausfallen würdest, meinte Trainer Brack du wärst nicht zu ersetzen. Ehrt dich ein solches Kompliment?

Schlinger (lacht): Das ist natürlich schön, aber ich hab mir den Status auch hart erarbeiten müssen. Ich bin seit über einem Jahr in Balingen und am Anfang war die Situation eine ganz andere. Damals hatten die Längergedienten ein höheres Standing, aber ich arbeite hart an mir und versuche meine Stärken mit seinen Inputs zu kombinieren. Das hat natürlich Zeit gebraucht, aber seit ich mich damit selber auseinandergesetzt und Kritik auch zugelassen habe, klappt das wunderbar.

LAOLA1: Du kamst als „Handballer des Jahres“ aus Bregenz und warst eigentlich gewöhnt, dass du die Liga dominierst und der Star im Verein bist. War es am Anfang für dich schwer, in der deutschen Bundesliga nur einer von vielen zu sein?

LAOLA1: Auf jeden Fall war das keine leichte Situation und ich hatte das Gefühl, dass ich bereits viel über Handball weiß. Rolf Brack ist ein Trainer, der gut mit unbekannten Spielern umgehen kann. Bei ihm musst du dich völlig dem System unterordnen und was du vorher gemacht hast, zählt nicht. Besonderheiten, die dich als Spieler ausmachen, brauchen eine Zeit, damit du sie einbringen kannst. Zuerst gilt es das System kennenzulernen und das zu tun, was er von dir verlangt. Nach und nach kannst du dann deine Stärken einfließen lassen. Während dieses Prozesses ist es aber wichtig, dass du weiter an deinen Stärken arbeitest und diese nicht verlierst. Du willst es dem Trainer recht machen und spielen. Da kommt es oft vor, dass sich Spieler zu sehr anpassen und sich dann nicht mehr auf ihre Besonderheiten besinnen. Ich habe glücklicherweise geschafft, meine Fähigkeiten mit den Ansprüchen des Trainers zu kombinieren und das war wichtig. Es läuft bei uns einfach ein wenig anders (lacht).

LAOLA1: Deinem Trainer wird nachgesagt, dass er sich von Berufskollegen in seiner Art zu coachen sehr unterscheidet.

Schlinger: Das ist richtig. Er ist ganz speziell und wer mit seiner Philosophie nicht klar kommt, hat eben keinen Platz im System und wird entnervt den Verein nach einem Jahr wieder verlassen. Wenn du dich damit auseinandersetzt und das Ganze vom Kopf her richtig angehst, dann funktioniert es sehr gut.

Schlinger fühlt sich in Balingen wohl

LAOLA1: Bei dir scheint es so gut zu funktionieren, dass du gleich für drei Jahre verlängert hast. Was war ausschlaggebend dafür, dass du dich so früh in der Saison für Balingen entschieden hast?

Schlinger: Ich habe am Anfang gut gespielt und habe eigentlich gedacht, ich hätte bezüglich meiner Entscheidung keinen Stress. Doch überraschend kam Balingen so früh auf mich zu und hat mir signalisiert, dass sie mich unbedingt halten wollen. Zu dem Zeitpunkt wollte ich mich eigentlich noch nicht festlegen. Doch dann habe ich Für und Wider abgewogen und mir auch vor Augen geführt, bei welchen Bundesliga-Mannschaften ein Platz frei wäre. Ich fühle mich in Balingen sehr wohl und dieser Fakt ist einfach für mich persönlich immens wichtig. Wenn ich mich unwohl gefühlt habe, habe ich in der Vergangenheit nie gut gespielt. Eine neue Mannschaft wäre wieder ein gewisses Risiko diesbezüglich. Ich weiß, dass ich in Balingen meinen besten Handball spielen kann und alle machen es mir leicht. Die Fans gehören zu den besten der Bundesliga. Bei jedem Heimspiel drehen unsere Fans komplett durch und sind wirklich Handball verrückt. Die Mannschaft passt gut und wir machen auch viel in unserer Freizeit gemeinsam. Außerdem komme ich, wie schon erwähnt, mit dem Trainer super klar.

LAOLA1: Hast du nach sieben Jahren in Bregenz und zwei weiteren in Balingen nun das Landleben für dich entdeckt? Mit der Vertragsverlängerung wirkt es, als wärst du ein wenig zum Landei geworden?

Schlinger (lacht): Es scheint, als ob ich mich auf dem Lande sehr wohl fühle. In regelmäßigen Abständen von ein bis zwei Monaten drehe ich aber komplett durch und brauche wieder Leute und Großstadt. Habe ich ein freies Wochenende, fliege ich gerne nach Wien. Das muss ein paar Mal im Jahr sein.

LAOLA1: Derzeit belegt Balingen den guten zehnten Platz. War in den Gesprächen um eine Vertragsverlängerung auch ein Thema, dass man sich nach all den Jahren im Abstiegskampf zukünftig weiter nach oben orientieren will?

Schlinger: Ich bin absolut der Meinung, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, die letzten Jahre hinter sich zu lassen und habe aus den Gesprächen herausgehört, dass der Verein ein bisschen mehr will. In Zukunft soll man nicht immer um den 15. Platz spielen, sondern weiter klettern und sich am Ende einer Saison vielleicht auch mal im Mittelfeld positionieren. Das ist auch ein Grund, warum so früh schon Gespräche mit den Spielern geführt werden. Die Verantwortlichen sehen, dass in diesem Jahr die Chemie im Team stimmt und das Potenzial da ist, mehr zu erreichen. Es ist aber auch gefährlich, wenn man solche Ziele ausgibt und dann gegen einen Aufsteiger zu Hause verliert und plötzlich ein bisschen Panik aufkommt. Da ist es leichter ohne Ansage zu überraschen. Aber im Grunde müssen wir uns neue Ziele stecken.

LAOLA1: Hast du eine Ausstiegsklausel in deinem Vertrag?

Schlinger: Eigentlich gilt der Kontrakt für die Bundesliga und sollten wir absteigen, müsste man sich nochmals zusammmensetzen.

LAOLA1: Danke für das Gespräch.

Aufgezeichnet von Sebastian Rauch