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Wiesberger will Atzenbrugg vergessen lassen

Wiesberger will Atzenbrugg vergessen lassen

Eine Woche nach seinem missglückten Heim-Auftritt bei den Lyoness Open nimmt Bernd Wiesberger mit den US Open das zweite Saison-Major der Golf-Profis in Angriff.

Als Schauplatz der 115. US Open hat die USGA den Par-70-Links-Kurs des Chambers Bay GC an der US-Westküste bei Seattle gewählt.

Der Platz ist für die meisten Neuland, der Favoritenkreis im Kampf um 9 Mio. Dollar Preisgeld damit groß.

Eigenwilliger Platz mit Tücken

Im Gegensatz zum noblem Augusta National ist der Kurs des zweiten Saison-Majors in University Place ein öffentlicher, auf dem auch Hobbyspieler abschlagen können.

Wiesberger reiste nach seinem etwas rätselhaften Aus in Atzenbrugg schon vergangenen Sonntag an, um möglichst viele Proberunden auf dem eigenwilligen Dünenkurs zu absolvieren.

Stamm-Caddy Shaun Kories war sogar schon vorher angereist, um den Platz zu erkunden und schon in Atzenbrugg hatte Wiesberger mit Coach Phil de Busschere gezielt für das Links-Golf bei den US Open geübt.

"Toller Kurs, aber sehr eigenwilliges Layout", twitterte Wiesberger nach einer seiner Proberunden dort und postete ein Video von Loch neun. Einem 195 Meter langen Par, auf dem man auf ein 35 Meter tiefer liegendes Grün abschlägt.

Zukunft auf PGA-Tour

Trotz oder gerade wegen der vielen Unbekannten hofft Österreichs Nummer eins, beim zweiten US Open erstmals das Finale zu erreichen.

Dass die wenigsten den Links-Kurs wirklich gut kennen, kann auch ein Vorteil für den Burgenländer sein. In Augusta, wo jedes Jahr auf dem gleichen Kurs gespielt wird, schaffte Wiesberger selbst als Rookie auf Anhieb Platz 22.

Dass seine Zukunft vermehrt auf der PGA-Tour bzw. den großen "Krachern" Majors und WGC liegt, hatte der Weltranglisten-37. auch in Atzenbrugg ganz klar zum Ausdruck gebracht.

"Es sind da wie dort 72 Löcher Golf. Aber die Zukunft liegt drüben, die PGA-Tour ist sportlich sicher die beste der Welt. Es wird also kein Weg drum herum führen", hatte Wiesberger darauf hingewiesen, wie er künftig seine Turniereinsätze plant.

Wohnen und seine Einkünfte versteuern werde er aber weiterhin in Österreich, versicherte er während einer Presserunde im Diamond CC.

Ständige Weiterentwicklung

Wiesberger hat als erster Österreicher alle vier Majors gespielt, ist in Übersee aber dennoch immer noch ein Neuling. "In Europa kenne ich jeden, drüben bin ich immer noch ein Rookie."

Der 29-jährige Reiters-Pro ist aber sehr stolz auf die Position in den Top-50 der Weltrangliste, in die er sich in den vergangenen zwölf Monaten gebracht hat.

"Ich entwickle mich nicht mit Riesenschritten, aber konsequent", sagte der Oberwarter, der es alleine in Europa auf mehr als 4,5 Mio. Euro Preisgeld gebracht hat.

"Da steckt viel harte Arbeit dahinter. Und auf jeden Golf-Millionär kommen zwei bis dreihundert Spieler die nicht wissen, wie sie zum nächsten Turnier kommen. Auch ich habe da einmal dazu gehört", relativierte Österreichs erfolgreichster Golf-Spieler aller Zeiten.

Majors-Priorität

Die zweite Saisonhälfte ist auch beim Burgenländer von den drei ausstehenden Majors und den WGC-Events geprägt.

"Dort will ich gut spielen und mich im Race oben festhalten, damit ich einige Qualifikationen für 2016 schon frühzeitig löse", hat er sich vorgenommen.

Vor etwas mehr als einem Jahr Wiesberger sogar schon den sensationellen ersten Majors-Sieg eines Österreichers auf dem Schläger gehabt. Bei der PGA-Championship ging er als Zweiter mit nur einem Schlag Rückstand auf Rory McIlroy in den Schlusstag, fiel dann aber noch auf Rang 15 zurück.

Mit der Finalqualifikation bei den US Open will er nun zumindest seine letzte kleine "Major-Lücke" schließen.

Die üblichen Verdächtigen

McIlroy gehört als Nummer eins der Welt immer zu den Favoriten. So auch in Chambers Bay, obwohl auch der Nordire ähnlich wie Wiesberger zuletzt beim Heimturnier den Cut verpasst hatte.

Wiesberger hingegen hatte bei den Irish Open, ebenfalls einem Links-Kurs, erst im Stechen verloren, nachdem er auch davor in Wentworth das Wochenende verpasst hatte. "Ich hoffe, es bleibt bei diesem Rhythmus", glaubt Wiesberger, dass nun eigentlich wieder ein Spitzenplatz kommen müsste.

Titelverteidiger in Washington State ist Martin Kaymer. Der Deutsche ist 2014 trotz seines zweiten Major-Siegers sowie des Gewinns der Players Championship und der siegreichen Teilnahme am Ryder Cup nicht Deutschlands Sportler des Jahres geworden, kämpft 2015 aber noch mit seiner Form.

Der erst 21-jährige Masters-Sieger Jordan Spieth (USA) hat in Chambers Bay als Junior schon mal eine 83 gespielt.

Gesundheitliches Fragezeichen Woods

Auch Tiger Woods kämpft mit der Form. Der US-Superstar ist zwar beim US Open am Start, gehört aber selbst als 14-facher Major-Champion nicht zu den Topfavoriten. "Wie es ihm gesundheitlich geht, wissen wohl nur er und sein Arzt", hat Wiesberger nach den vielen Jahren auf der Tour Verständnis für die Situation des 39-Jährigen.

"Tiger war sicher der beste Spieler, den wir je hatten. Er kann noch immer gewinnen. Ob bei einem Major, dafür würde ich aber nicht mehr die Hand ins Feuer legen."

Wiesberger ist am Donnerstag schon um 7:44 Uhr (16:44 MESZ) und mit Morgan Hoffmann (USA) und Andy Sullivan (ENG) im Flight unterwegs.

Coach de Busschere gab sich zuversichtlich. "Runde eins in Atzenbrugg war einfach ein schlechter Golf-Tag. Was Bernd mitnimmt ist, dass er jetzt weiß, dass er selbst nach solch einer Runde gleich wieder gutes Golf gespielt hat."