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"The Big Lebowski" des Golfsports

Der erste Eindruck, den Jason Dufner im Fernsehen hinterlässt, könnte unspannender nicht sein.

Ob Eagle, Birdie oder Triplebogey – sein Gesicht verzieht keine Miene.

Fast gelangweilt wirkt der 35-jährige Amerikaner, wenn er einfach so dasteht und auf den nächsten Schlag wartet. Doch kaum am Ball, wirkt er unglaublich fokussiert.

Seine Routine, die Wiggles, spult er sys­tematisch ab, bevor er kurze Zeit später die kleine weiße Kugel schlägt.

Ein ganz normaler Typ

Seit gut einem Jahr gehört Jason Dufner zu den besten Golfspielern der Welt – unglaublich eigentlich. Doch je mehr Zeit ins Land geht, umso mehr skurrile Geschichten tauchen von ihm auf.

Geschichten, die ihn, den Antihero – einen Typen wie den „Dude“ aus „The Big Lebowski“ – immer mehr zu einem Publikumsliebling in den USA machen. Es ist schon faszinierend: Obwohl „Duf“ alles andere als spannend rüberkommt, lieben ihn die Amerikaner.

Vielleicht liegt es ja daran, dass er einer der ihren ist, ohne Starallüren. Ein ganz normaler Typ, der einfach nur golfen will und sich abends gerne mal frittierte Mozarellasticks, Chicken Wings und drei Cokes reinhaut. „Mein großes Problem ist, ich liebe es, schlechtes Zeug zu essen. Viele Leute haben dann ein schlechtes Gefühl dabei, aber ich nicht“, so Dufner. „Schließlich kommt ja noch ein Dessert.“

1977 in Cleveland, Ohio, geboren, spielte Jason wie die meisten Jungs in seinem Alter Basket- und Baseball. Golf wurde für ihn erst im Alter von 15 Jahren interessant. Er brachte es sich selber bei, blieb als „Average Joe“ jedoch auch am College den Talentscouts verborgen.

Was folgte, sind Jahre des Auf und Ab zwischen der zweiten und ersten Tour. Irgendwie lief nie etwas richtig für Dufner, und auch mit Talent war er laut eigener Aussage nicht gerade gesegnet. Dafür weiß er, worauf es ankommt. „Ich muss mehr arbeiten als die anderen und ich muss mental stärker sein.“

Der Wendepunkt

2008 änderte sich Jasons Leben schlagartig. Bei einem von Freunden organisierten Blind Date lernte er seine spätere Frau Amanda Boyd kennen – im Golf tat er sich mit Chuck Cook zusammen. „Als ich ihn nach seinen Zielen fragte, sagte er nur: Ich will so viel Geld verdienen, dass ich den ganzen Herbst College Football schauen kann“, erinnert sich Cook.

„Jason hatte damals blondgefärbte Haare und einen Ohrring, heute ist er ein ganz anderer.“

Mit neuem privaten Glück und Coach Cook an der Seite ging es endlich bergauf. 2009 wurde Jason 33. in der Money List und machte zum ersten Mal richtig Geld. Zwei Jahre später hatte er bei der PGA Championship den Sieg vor Augen, bevor er Landsmann Keegan Bradley im Stechen den Vortritt lassen musste.

Danach wurde „the Duf“ von den meisten schon abgeschrieben, ehe er 2012 mit zwei Siegen (Zurich Classic und HP Byron Nelson) den ganz großen Durchbruch schaffte.

Zeit fürs Team

Einen weiteren großen Traum hat sich Duf mit der Qualifikation für das Ryder-Cup-Team erfüllt. Auf Twitter fragen sich seine mittlerweile über 68.000 Follower schon jetzt, wie viele Packungen seines heiß geliebten rauchlosen Tabaks der Marke Copenhagen er wohl mit nach Medinah nehmen wird.

Oder wie er denn sein heiß geliebtes College Football sehen will, wenn er gerade gegen die besten Spieler Europas antreten muss. Zeit für sein ehemaliges Team nimmt sich Jason auch nach seinen großen Erfolgen immer noch gerne. Erst kürzlich stattete er den Auburn Tigers einen Besuch bei einer Trainingsrunde in Los Angeles ab und gab viele wertvolle Tipps.

„Leider hören sie mehr auf mich als auf ihren Coach, aber ich war in ihrem Alter genau so. Vielleicht liegt es aber auch daran, was ich in letzter Zeit alles erreicht habe“, so Duf, der sich ein klitzekleines Grinsen nicht verkneifen konnte. 

Hubertus Tho Rahde