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Es gibt keinen Grund, den Ryder Cup nicht zu holen

Es gibt keinen Grund, den Ryder Cup nicht zu holen

Die US-Golf-Stars treten enttäuscht die Heimreise an, Bernd Wiesberger fliegt mit viel Vorfreude nach Schottland, um seinen Tour-Kollegen zum Ryder-Cup-Triumph zu gratulieren.

Österreichs Top-Golfer will aber nicht nur Hände schütteln, sondern bei der Links Championship in St. Andrews, Carnoustie und Kingsbarns auch seine aktuell gute Form unter Beweis stellen.

Das prestigeträchtige Team-Duell Europa gegen USA verfolgte er in den Clubhäusern von Atzenbrugg sowie Bad Tatzmannsdorf und zu Hause in Oberwart. Intensives Training, Sponsoren-Termine und Erholung waren angesagt.

Samstagmittag weilte der 28-Jährige im Reiters Golf & Country Club in Bad Tatzmannsdorf, verfolgt mit Familie, Freunden und jede Menge Fans im prall gefüllten Clubhaus die Vierer, gibt seine Fachkommentare ab, erfüllt Autogrammwünsche und begibt sich anschließend beim "Red Bull Final 5" mit den besten fünf Damen und Herren der Serie auf die Runde.

LAOLA1 begleitet Bernd Wiesberger, der sich ganz klar für eine Bewerbung Österreichs für die Ausrichtung des Ryder Cups 2022 ausspricht, auf dem Weg über die Spielbahnen Rede und Antwort steht.

LAOLA1: Wie hast du den Ryder Cup verfolgt?

Bernd Wiesberger: Am Freitag habe ich in Atzenbrugg trainiert und zwischendurch immer wieder versucht, den Zwischenstand mitzubekommen. Natürlich ist der Vergleichskampf in der gesamte Golf-Szene ein Riesenthema und als Mitglied der European Tour habe ich natürlich für Europa die Daumen gedrückt. Da ich die Spieler zum Teil sehr gut kenne, fiebert man auch ordentlich mit. Es muss ein großartiges Erlebnis sein, da mitzuspielen.

LAOLA1: War der Ryder Cup auch bereits bei deinem Turnierstart in Wales die Woche davor ein großes Thema?

Wiesberger: Natürlich war das auch dort ein Thema. Speziell die gute Form von Joost Luiten, der nicht ins Team berufen worden war. Ich bin an den letzten beiden Abenden mit ihm essen gegangen. Es hat für uns beide sehr gut geklappt. Er hat am Samstag die 65 gespielt und am Sonntag das Turnier gewonnen. Ich habe auf der Schlussrunde eine 65 geholt und war sehr zufrieden. Wir sind sehr gut befreundet und man hat schon gemerkt, dass er sehr enttäuscht war, nicht Teil des Ryder Cup-Teams zu sein. Er ist aktuell blendend in Form, aber die Qualifikation ist halt nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gelaufen. So ist das. Da haben eben andere den Vorzug bekommen. Er wäre aber sicher einer gewesen, der dem europäischen Team mit so einer Form weiter geholfen hätte.

LAOLA1: Hast du während der Saison auch ein wenig damit geliebäugelt, in Schottland zum Ryder-Cup-Team zu gehören?

Wiesberger: Ja, natürlich. Aber es war so, dass ich nie wirklich in die Position gekommen bin, um ein Thema zu werden. Das hätte sich mit einer sehr guten Finalrunde bei der PGA Championship in den USA ändern können. Das war halt leider nicht der Fall. Wenn ich dort die Top 3 geschafft hätte, wäre ich vielleicht zum Thema geworden. Aber es ist nicht so, dass man während des Jahres in der Früh aufwacht und an den Ryder Cup denkt. Man versucht bei jeder Runde das Beste zu geben und wenn man über das Jahr hinweg gut genug ist, dann passiert der Ryder Cup eh von alleine.

LAOLA1: Ryder Cup 2022 in Österreich? Markus Brier erklärt, dass so eine Bewerbung  zwei Nummer zu groß und unrealistisch ist. Wie lautet deine Meinung?

Wiesberger: Naja, wenn man schaut, welch tolle Sportveranstaltungen Österreich auf die Beine stellen kann - von Ski-Weltmeisterschaften bis hin zur Fußball-EM 2008, wo man sich als Bürger auch fragt, warum eigentlich in Österreich? Im Fußball zählen wir bekanntlich nicht zu den Top-Nationen. Ich sehe also keinen Grund, warum sich Österreich nicht für diesen Mega-Event bewerben soll.

LAOLA1: Was spricht dafür?

Wiesberger: Von sämtlichen Mitbewerbern sehe ich, was die Infrastruktur für so eine Veranstaltung betrifft, eigentlich nur Deutschland auf Augenhöhe. Natürlich spielen, um den Ryder Cup zu bekommen, viele Dinge mit. Da muss die Politik voll hinter dem Projakt stehen. Da muss auch die Bevölkerung diese einmalige Veranstaltung mittragen.

LAOLA1: Auf welchem Platz in Österreich könnte deiner Meinung nach gespielt werden?

Wiesberger: Ich bin mir sicher, dass es aktuell keinen Golfplatz in unserem Land gibt, auf dem der Ryder Cup ausgerichtet werden kann. Da müsste man definitiv ein Projekt aufsetzen, das einen völlig neuen Golfplatz beinhaltet. Ich finde die Idee sehr gut. Auch mit dem Hintergrund, dass der Golf-Sport in Österreich ordentlich gepusht wird. Wir reden hier vom drittgrößten Sport-Event der Welt. Wenn man so eine Veranstaltung nach Österreich holen könnte, wäre das eine herausragende Leistung.

LAOLA1: Für dich ist die Bewerbung also keine Schnapsidee.

Wiesberger: Ich glaube nicht, dass wir uns mit einer Bewerbung verstecken müssen. Österreich ist ein hervorragender Gastgeber. Wir sind in Europa extrem zentral gelegen und verfügen über ein großes Einzugsgebiert. Kein Vergleich mit Gleneagles. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, dort hinzukommen. Nach Edinburgh kann man nicht von überall hinfliegen. Wien ist da definitiv besser angebunden. Das sind alles Dinge, die bei einer derartigen Großveranstaltung zu berücksichtigen sind.

LAOLA1: Spielt die Golf-Tradition eine untergeordnete Rolle? Schließlich nennt sich Schottland ja „The Home of Golf“…

Wiesberger: Natürlich herrscht in Schottland eine größere Golf-Tradition, aber ich sehe nicht, warum man die größten Events nur in den Traditionsländern dieses Sports austragen sollte. Es wäre natürlich auch für den Profisport in Österreich eine extreme Aufwertung, denn bei einem Zuschlag für den Ryder Cup hätten wir zwölf Jahre lang ein Turnier der European Tour auf österreichischem Boden garantiert. Das gleiche gilt für jeweils ein Turnier der Challenge- und der Senior-Tour. Das würde den Profisport in Österreich extrem ankurbeln und es wäre für das Sportland Österreich eine enorme Aufwertung. Natürlich muss man für den Ryder Cup viel Geld in die Hand nehmen und die bedingungslose Unterstützung der Politik und der Sportfunktionäre hinter sich wissen. Aber wenn man sieht, welche enormen Zahlen der Ryder Cup lukriert, dann halte ich das für eine absolut sinnvolle Investition. Auch für Österreich. Die Zahlen sprechen für sich. Wenn man miterlebt, welchen Auftrieb für den Sport und den Tourismus diese Veranstaltung auslöst, dann muss man einfach dafür sein.

LAOLA1: Fehlt es dem Sport in Österreich nicht am notwendigen Stellenwert. Ist der Sport hierzulande im Vergleich zu den Ländern, die du Woche für Woche bereist, gut aufgestellt?

Wiesberger: Im Vergleich zu anderen Ländern limitiert sich Österreich auf ein, zwei Sportarten, die extrem gefördert werden. Nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern vor allem von den Medien, wo man den Eindruck erhält, dass es banal gesagt, nur Skifahren und Fußball gibt. Wenn man nach Amerika kommt, dann sind – egal in welcher Sportart – die Stadien nahezu immer ausverkauft und es gibt hinter jeder Sportart extrem fanatische und großartige Fans. Es gibt dort definitiv eine andere Sport-Mentalität als in Europa.

LAOLA1: Für dich geht es jetzt nach Schottland. Wichtige Turniere stehen an. Wie lauten die Ziele für den Herbst?

Wiesberger: Jetzt kommt eine wichtige Phase und eine Jahreszeit, in der ich glaube, mein bestes Golf zu spielen. Vor allem warten zwei Turniere, bei denen ich im Vorjahr sehr gut gespielt habe. Speziell das Portugal Masters zählt über das Jahr gesehen sowieso zu einem meiner Lieblings-Turniere. Da habe ich immer gutes Golf gespielt. So gesehen kommen wichtige und hoffentlich gute Wochen auf mich zu. Ich freue mich darauf, um mich sowohl in der Europa- als auch in der Weltrangliste wieder weiter nach vorne zu arbeiten. Vor einer Woche in Wales habe ich wieder ein paar Plätze gut gemacht. Die Top 30 in Europa – idealerweise die Top 20 – möchte ich knacken, doch dafür brauche ich sehr gute Ergebnisse. Aber, ich bin in einer sehr guten Verfassung, fühle mich stark und freue mich auf die kommenden Aufgaben.

LAOLA1: Wie schaut dein Marschplan bezüglich der diversen Ranglisten für den Herbst aus?

Wiesberger: Ich stelle höchst selten Hochrechnungen an. Ich kann heute stürzen und mir ein Bein oder die Hand brechen und die Saison ist beendet. Ich versuche einfach die guten Leistungen der letzten Wochen als Zündung zu nehmen, um die letzten fünf, sechs Turniere des Jahres so gut wie möglich zu spielen, um mich in allen Rankings nach vorne zu orientieren. Danach wird man sehen, wo ich Ende 2014 stehe.

LAOLA1: Welche Schwerpunkte hast du im Training in den letzten tagen gesetzt?

Wiesberger: Mein langes Spiel - speziell mein Eisen-Spiel - ist zurzeit sehr solide. Da gibt es nicht viel zu überdenken, maximal ein wenig an den Rädchen zu drehen. Das habe ich in den letzten Trainingstagen relativ unbeachtet lassen. Ich habe intensiv am Driving gearbeitet. Da muss ich konstanter werden, das hat bei den letzten beiden Turnieren vom Tee weg nicht so geklappt, wie ich mir das vorstelle. Nicht, was die Distanz betrifft, sondern die Streuung der Schläge. Ich habe an der Genauigkeit gearbeitet und beim Pitching an der Technik gefeilt. Da gibt es noch Trainingsbedarf, um alles zu verinnerlichen. Ich bin überzeugt, Fortschritte gemacht zu haben und die kleinen Mankos im weiteren Verlauf des Jahres abzustellen.

 

Das Gespräch führte Peter Rietzler