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Die Saints und der Super-Bowl-"Fluch"

Die Saints und der Super-Bowl-

Es ist eines der ungeschriebenen Gesetze der NFL: Ein Team aus dem Veranstaltungsort schafft es nicht in die Super Bowl.

Als jüngster Beweis dienen die Indianapolis Colts: Nach gut einem Jahrzehnt auf höchster Ebene erfolgte pünktlich in der Saison, als man erstmals das NFL-Endspiel veranstaltete, der kapitale Absturz – der Verletzung des inzwischen nach Denver weitergereichten Superstars Peyton Manning sei „Dank“.

Für kommende Saison wäre eine Beendigung dieses „Fluchs“ alles andere als unwahrscheinlich gewesen. Die Stadt New Orleans tritt als Veranstalter des Spiels aller Football-Spiele auf, die ortsansässigen Saints gehören zur Creme de la creme der NFL-Gegenwart.

Aktuell liegt die Betonung auf „wäre“. Denn das vom Team aus Louisiana laut eigenem Drehbuch am 3. Februar 2013 vorgesehene Happy End steht aktuell gewaltig in Frage.

Auch weil die Komödie des kometenhaften Saints-Aufstiegs in den vergangenen Wochen die unerwartete Wendung zur Tragödie genommen hat – Bösewichte aus den eigenen Reihen inklusive.

Die Konsequenzen aus der „Kopfgeld-Affäre“ trafen die Saints wie ein Hammer. Troubles gibt es jedoch auch mit dem Gesicht der Franchise schlechthin: Drew Brees. LAOLA1 beleuchtet die beiden größten Problemzonen der Saints:

DIE KOPFGELD-AFFÄRE:

Ein Jahr lang müssen die Saints ohne das „Hirn“ ihres Teams auskommen. Und die Sperre gegen Head Coach Sean Payton ist nur die Spitze des Eisberges beim harten Durchgreifen von NFL-Commissioner Roger Goodell gegen das unerlaubte Prämien-Programm innerhalb der New-Orleans-Defense (LAOLA1 berichtete).

Payton gilt als Offensiv-Genie. Der 48-Jährige ist der Architekt einer der spektakulärsten Angriffsreihen der Geschichte des American Footballs. 2011 knackte Brees bekanntlich mit 5476 Passing Yards den Uralt-Rekord von Miami-Legende Dan Marino. Als Payton 2006 die am Boden liegende Franchise in einer nach Hurrikan Katrina in Trümmern liegenden Stadt übernahm, führte er sie in Rekordzeit in schwindelerregende Höhen, mit dem Super-Bowl-Triumph 2010 als glorreiche Krönung. Payton stand bisher also für die Trendwende zum Guten, er war fraglos mehr als ein normaler Head Coach.

Egal ob Offensive Coordinator Pete Carmichael, der neue Defensive Coordinator Steve Spagnuolo oder O-Line-Coach Aaron Kromer einspringt: Das Fehlen von Payton, der durch die Sperre 5,7 Millionen Dollar an Gehalt verliert, wird nur schwer zu verkraften sein.

So sehr sich seine ausgeklügelte Strategie meist am Spielfeld bezahlt macht, so schwer war sein taktischer Fehler, im Rahmen der Untersuchungen der Liga seine Unwissenheit vorzugaukeln und auch seine Assistenz-Trainer dazu anzustiften. Das hat Payton eingesehen, inzwischen entschuldigte er sich für das 2009 vom bisherigen Defensive Coordinator Gregg Williams (mittlerweile bei St. Louis und auf unbestimmte Zeit gesperrt) eingeführte Kopfgeld-System.

„Ich teile die Bedenken und Ziele der Liga bezüglich der Spielersicherheit. Unsere Organisation wird alle notwendigen Maßnahmen treffen, und ich werde in Zukunft wachsamer sein. Was passiert ist, tut mir Leid, und als Head Coach übernehme ich die volle Verantwortung“, ließ Payton in einem schriftlichen Statement mitteilen.

Dabei ist ein Ende der Hiobsbotschaften aus dem Blickwinkel der Saints noch gar nicht in Sicht. Denn bisher wurden nur Coaches, Funktionäre und Franchise bestraft, die Sanktionen gegen die Spieler stehen noch aus. Laut NFL haben zwischen 22 und 27 Spieler an diesem Programm teilgenommen, nicht alle werden ungeschoren davonkommen. Nimmt man das Ausmaß der Strafen gegen Payton und Co. als Gradmesser, könnte es für Stars wie Jonathan Vilma knüppeldick kommen. Greift Goodell auch gegen die Spieler hart durch, rückt eine Teilnahme an der Heim-Super-Bowl in weite Ferne.


DIE VERTRAGS-TROUBLES MIT DREW BREES:

Ist Payton das „Hirn“ der Franchise, dann ist Drew Brees deren „Herz“. Was der Quarterback für die Saints, die Stadt New Orleans und die Region um die Südstaaten-Metropole bedeutet, lässt sich kaum trefflich in Worte fassen. Seit seiner Verpflichtung 2006 orchestrierte er Paytons Anweisungen am Feld derart perfekt, dass sich die jahrelang im Tiefschlaf befindliche Franchise plötzlich im Konzert der Großen behaupten konnte. Darüber hinaus avancierte er durch sein sympathisches Auftreten zur Integrationsfigur.

Umso verwunderlicher, dass die Saints mit ihrem Aushängeschild vor Beginn der Transferphase keinen neuen Deal zustande brachten und sie gezwungen waren, ihn mit der Franchise Tag zu belegen. Diese verlängert seinen Vertrag automatisch um ein Jahr und garantiert ihm, vereinfacht ausgedrückt, das Durchschnittsgehalt der fünf bestbezahlten Akteure auf seiner Position – 2012 werden dies rund 16 Millionen Dollar sein.

Im Grunde genommen ein Affront gegen den 33-Jährigen, der zur absoluten Elite unter den NFL-Spielmachern gehört und sich seine Dienste auch standesgemäß bezahlen lassen möchte. Dem Vernehmen nach liegt seine Forderung bei 23 Millionen Dollar jährlich, die Saints wollen angeblich jedoch „nur“  18 Millionen zahlen. Zum Vergleich: Peyton Manning kassiert nach einem Jahr Pause bei seinem neuen Arbeitgeber Denver im Schnitt 19,2 Millionen pro Jahr.

Brees ist ob der stockenden Vertragsgespräche mehr als irritiert. Mit der Franchise Tag in die kommende Saison zu gehen, ist für ihn keine wirkliche Alternative. Diesbezüglich hat er nämlich schon schlechte Erfahrungen gemacht. 2005 agierte er in San Diego unter dieser unsicheren Situation, verletzte sich im letzten Saison-Spiel schwer an der Schulter und wurde von den Chargers abgeschoben – zum Glück der Saints, die trotzdem zugriffen. So gesehen nicht unverständlich, dass der Routinier eine längerjährige Absicherung anstrebt.

Alleine aus Marketinggründen wird Owner Tom Benson nichts anderes übrig bleiben, als Brees möglichst bald zufriedenzustellen. Denn angesichts der gewaltigen Herausforderung in der kommenden Spielzeit brauchen die Saints einen Leader, der noch mehr Verantwortung als sonst übernimmt, und keinen beleidigten Superstar.

Wie groß die Challenge 2012 wirklich wird, lässt sich noch schwer abschätzen. „Die Saison 2012 wird von uns wohl eine ‚Wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Mentalität‘ erfordern“, vermutet Tackle Zach Strief.

Abschreiben darf man New Orleans ohnehin nicht frühzeitig. Eine Beendigung des „Super-Bowl-Fluchs“ wäre nach aktuellem Stand dennoch eine riesige Überraschung…

Peter Altmann