news

Aus Liebe zum Spiel

Aus Liebe zum Spiel

Zwei Wochen Urlaub.

Viele nutzen eine solche Periode zum Entspannen. Österreichs Football-Spieler nehmen diese, um EM-Gold zu erarbeiten.

Am Samstag startet für diese Amateur-Sportler ihr Jahres-Highlight, die Kontinental-Meisterschaft im eigenen Land. Titelverteidiger Deutschland eröffnete am Freitag mit einem 47:7-Sieg gegen Finnland das Turnier.

Amateure auf Gold-Jagd

Im ersten der beiden Spiele in der Gruppe B trifft das AFBÖ-Team einen Tag später in Graz (19 Uhr) auf Dänemark und ist gegen den Aufsteiger Favorit.

"Wir sind geil darauf, endlich spielen zu dürfen", sagt Laurinho Walch im Gespräch mit LAOLA1. Der Wide Receiver ist für das Fangen von Pässen zuständig, war aber auch bei der Event-Organisation umtriebig.

Als Marketing-Beauftragter von "Eat the Ball", dem Hauptsponsor des Turniers, zeichnete der 21-Jährige etwa für die Pre-Game-Area vor dem Happel-Stadion verantwortlich.

Dort geht am 7. Juni der Final-Tag über die Bühne. Bei der WM 2011 kamen zum Endspiel USA-Kanada sensationelle 20.000 Zuseher, nun hofft man insgeheim auf mehr, große Optimisten gar auf 30.000.

Österreich gegen Deutschland im Finale wäre dafür notwendig.

Vor drei Jahren war Walch noch nicht dabei. Auch dieses Mal hätte es fast nicht geklappt, schließlich überlegte der Receiver ganz aufzuhören.

"Arbeiten, studieren und Football spielen hätte sich nicht mehr vereinbaren lassen. Das sind – übertrieben formuliert – drei 40-Stunden-Jobs. Und wir sind Amateursportler, da fragt man sich irgendwann, wie es weitergeht", schilderte der Wiener im November.

Dr. Receiver und Mr. Styria

Durch die Unterstützung seines Sponsors ging es weiter. So kann die Nationalteam-Nummer-6 ("Wegen der Punkte für einen Touchdown") teilzeit arbeiten, studieren und für die Raiffeisen Vikings spielen.

Im Team sind Studenten wie Arbeitnehmer. Thomas Haider ist Arzt - Dr. Receiver also. Defensive Lineman Florian Grünsteidl war früher als WEGA-Polizist im Einsatz und ist nun im Innendienst tätig.

Auch der amtierende Mr. Styria, Severin Haidacher, hätte an der EM teilgenommen. Der Verteidiger fiel aber dem letzten Cut zum Opfer, der nach einem 21:14 im einzigen Test gegen das McKenna College vorgenommen wurde. Sechs weitere müssen ebenfalls zuschauen.

"Das spricht auch für die Qualität, wieviele gute Spieler wir in Österreich mittlerweile haben", weiß Walch, welche Stunde geschlagen hat, wenn etwa ein Florian Hueter (Raiders) nicht mit von der Partie ist.

Laurinho Walch und Österreichs Fußball-Star David Alaba, der die EM bewarb

Quarterback Christoph Gross schloss indes den Studiengang für Sportgerätetechnik auf der FH Technik Wien ab.

Über den Vikings-Spielmacher sagt sein nur vier Jahre älterer Head Coach Jakob Dieplinger: "Christoph hat das Potenzial, der beste Quarterback des Turniers zu sein."

Auch er soll bereits überlegt haben, zeitbedingt den Wurfarm ruhen zu lassen. Die Heim-EM ist freilich Antrieb genug. Gemeinsam wollen sie EM-Gold holen, Gross bringt die Qualität auf seiner Position mit.

Für eine erfolgreiche Offense wäre auch ein fitter Andreas Hofbauer von Nöten, der Running Back war zuletzt angeschlagen. "Er gewinnt dir wichtige Yards, weil er sich immer nach vorne fallen lässt", weiß Österreichs größte NFL-Hoffnung Aleksandar Milanovic (Interview) zu berichten.

Kollektiv als Trumpf

Der größte Trumpf soll schließlich das Kollektiv sein. "Wir sind eine absolute Einheit, da gibt es keine Grüppchenbildung in Offense und Defense", schildert Walch und erzählt von gemeinsamen Abenden.

"Da wurde gesungen, getanzt - einen Dance-Off gab es auch", lacht der Junioren-Europameister, der die Trainer auch in dieser Hinsicht miteinbezog.

Im Winter gab es mehrere Champs, nun kurz vor Start ein weiteres. Auch dafür mussten Urlaubstage genommen werden.

Die nimmt man gerne in Kauf. Weil es auch um die Gemeinschaft geht. Im zweiten Gruppenspiel trifft man auf Frankreich, die mit sieben College-Spielern aus Kanada anreisen und somit als schwerer Brocken auf dem Weg ins Finale gelten.

"Diese Legionäre sind aber erst beim letzten Camp dabei. Wir schwören uns seit Winter ein", hofft Walch auf den Trumpf Teamgeist.

Spieler zahlen, um zu spielen

Auf den setzt auch Dieplinger ganz stark. Trotz unterschiedlichen Alterschichten, der jüngste Spieler ist Florian Probst mit 18 und der ältesten mit Roman Seybold 45, scheint dieser gegeben.

Zwischen 74 und 148 Kilogramm ist übrigens ebenso alles dabei wie zwischen 172 und 200 Zentimeter. Verschiedene Spieler, verschiedene Menschen, aber eine Liebe zum Sport.

"Wir bekommen kein Geld dafür, wir bekommen die Ausrüstung", stellt Walch klar. T-Shirts, Shorts oder ein Windbreaker - das sind die kleinen Freuden des Footballer-Leben.

Im Verein müssen die meisten sogar Mitgliedsbeitrag zahlen, um mitzuspielen, und kommen zum Teil für die Ausrüstung auf. Spielervertretungen versuchen das zumindest einzudämmen.

In der deutschen Liga (GFL) könnte man als Österreicher als Legionär ein wenig Geld verdienen, bietet sich aber eher für Studenten an. Neben einer Wohnmöglichkeit kann man bis zu 800 Euro verdienen.

Kein Vergleich mit Fußballer

Den Vergleich mit finanziell Fußballer-Leben braucht man also gar nicht ziehen. "Da hat man sich einfach die falsche Sportart ausgesucht", lacht Walch, um in der Folge einen ernsten Grund anzuführen.

"Ein Football-Team wären drei Fußball-Mannschaften, das ist einfach auch nicht leistbar. Da braucht man auch nicht drüber nachdenken. Und wir haben einfach Spaß an dem, was wir tun."

Und die Chance auf EM-Gold. Am Samstag geht es los. Für viele ein Pflichtsieg, doch Head Coach Dieplinger warnt.

"Dänemark ist sehr gefährlich, weil sie unberechenbar sind und ohne Druck aufspielen können. Sie sind sehr schnell, spielen sehr variantenreich und haben aufgrund von vielen Vorbereitungscamps komplexe Systeme. Sie bauen auf diese Komponenten, da müssen wir auf jeden Fall aufpassen."

Und genießen. Denn nun ist EM.

 

Bernhard Kastler