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"Olympia war schon kein Thema mehr"

So schnell kann es im Sport gehen. Nach völlig verpatztem Saisonstart hätte vor der WM kaum jemand auf Clemens Doppler und Matthias Mellitzer gesetzt.

Selbst das ÖVV-Duo hatte sich nicht wirklich auf der Rechnung. Fünf Spiele später herrscht plötzlich Enttäuschung über einen guten neunten Rang. Auch bei Clemens Doppler kommt im LAOLA1-Interview keine richtige Freude auf.

Grund ist das Ausscheiden gegen das dänische Duo Soderbergh/Hoyer. "Unser letztes Spiel war wirklich schlecht", gibt sich der Doppel-Europameister kritisch.

Zwischendruch sorgte Doppler mit seinem Partner Matthias Mellitzer aber für Furore. Mit neuer Taktik - der "I-Formation" bei der Annahme - waren die beiden Österreicher Gesprächs-Thema in Rom.

Warum die neue Taktik zum Einsatz kam und wie Doppler das Thema Olympia sieht - das LAOLA1-WM-Interview:

LAOLA1: Neunter WM-Rang - darf man gratulieren oder ist noch Ärger über die verpasste Chance da?

Clemens Doppler: Es ist ein zweigeteiltes Gefühl. Vor der WM hätten wir den neunten Rang sofort genommen. Aber der Abschluss der WM war mit einem schlechten Gefühl verbunden. Das letzte Spiel gegen die Dänen, die sehr gut gespielt haben, war von uns wirklich schlecht. Natürlich war es ein gutes Los, es war besser, gegen sie zu spielen, als gegen Emanuel. Sie wären aber nicht so weit gekommen, wenn sie nicht starke Teams geschlagen hätten. Mit der Leistung, die wir gebracht haben, hätten wir aber gegen jeden verloren - also war es wurscht.

LAOLA1: Ist die schlechte Leistung irgendwie erklärbar?

Doppler: Ich versteh's nicht, weil wir komplett ohne Druck in dieses Spiel gegangen sind. Wir hatten mit dem Neunten schon mehr in der Tasche, als wir uns davor erhofft hätten. Aber es hat leider nicht so funktioniert. Im Großen und Ganzen ist es aber ein zufriedenstellendes Ergebnis.

LAOLA1: Zu Beginn hat sich die bisherige Saison fortgesetzt. Die Leistungen waren da, die Ergebnisse aber nicht. Gibt’s dafür eine Erklärung?

Doppler: Nein. Bis zum Spiel gegen Klemperer/Koreng war es ein Spiegel unserer bisherigen Saison. Wir sind aber nicht das einzige Team, dem es so geht. Es gibt viele Teams, die hoch führen, aber die Partien dann nicht heimspielen können. Das hat man auch bei der WM einige Male gesehen. Wir haben bis 15, 16 mit allen mitgehalten. Aber am Schluss ist irgendwas passiert, dass wir nicht gewinnen konnten. Die Leistung ist da, das Potential ist da. Aber nicht bis zum Schluss.

LAOLA1: Offensichtlich war es auch eine Kopfsache?

Doppler: Wir haben gewusst, dass es nur eine Partie braucht, in der sich der Schalter umlegen kann. Das war das Spiel gegen Klemperer/Koreng, immerhin Nummer fünf des Turniers. Es war dann kein Zufall, dass wir gegen Jennings/Wong gewonnen haben - auch die Art und Weise, wie wir gewonnen haben. Wir haben gegen die Amis gewusst, wir können noch gewinnen. Am Schluss haben wir das Herz in die Hand genommen und wurden belohnt.

LAOLA1: Wie schon angesprochen habt ihr euch im letzten Gruppenspiel gegen Klemperer/Koreng richtig freigespielt?

Doppler: Auf jeden Fall. Wir haben unglaublich stark gespielt, waren super auf David (Klemperer) eingestellt. Der hat Angst vor uns gehabt. Wir haben gewusst, wir müssen die Partie 2:0 gewinnen, um weiterzukommen. Mit diesem Druck musst du erstmal umgehen und so ein Kaliber raushauen. Das ist super gelungen. Wir haben mit einer anderen Taktik gespielt, haben die I-Formation angewandt. Gegen die Deutschen war das speziell, weil die immer genaue Infos haben wollen. Die haben alles aufgelistet, wissen, wie wer spielt, wo wer spielt. Und dann kommst du mit so einer Taktik, das hat sie vollkommen aus der Fassung gebracht.

LAOLA1: Habt ihr die I-Formation im Vorfeld einstudiert oder war das eine kurzfristige Idee?

Doppler: Wir haben das zuvor nie trainiert. Das war Marcos (Anm.: Trainer Solustri) Idee vor dem zweiten Gruppenmatch. Das es so hinhaut, ist super. Das Ziel war, dass mehr auf mich serviert wird - und das hat gut funktioniert.

LAOLA1: Provokant gefragt: Ist das für „Melli“ nicht irgendwie ein Zeichen, dass man es ihm nicht zutraut?

Doppler: Das sehe ich nicht so. Man muss sich die Situation anschauen: Er ist extrem unter Druck gestanden, hat jedes Service gekriegt. Und er hat es nicht geschafft, zu seinem Spiel zu finden, dass er letztes Jahr gehabt hat. Es ist um Krisen-Bewältigung gegangen: Wie schaffen wir es, dass wir wieder Spiele gewinnen? Mit jedem Spiel, dass wir gewinnen, bekommt auch „Melli“ mehr Selbstvertrauen. Das hat jedenfalls nichts mit nicht zutrauen zu tun.

LAOLA1: Werdet ihr die I-Formation weiter anwenden?

Doppler: Ich denke, wir werden sie unregelmäßig anwenden, regelmäßig sicher nicht. Da fällt sonst auch der Überraschungs-Effekt weg.

LAOLA1: Wie war die Zitterpartie nach dem Sieg gegen Klemperer/Koreng, das Warten, ob es sich ausgeht?

Doppler: Ganz arg. Wir haben den Nachmittag und den ganzen Abend damit verbracht, herumzurechnen. Ich hab mich dann irgendwann ausgeklinkt, ich wollte nicht mehr warten. Ich war mir eigentlich sicher, dass wir nicht weiter sind. Dafür war ich umso erleichterter, als ich erfahren habe, dass wir weiter sind.

LAOLA1: Zweifelt man in so einer Situation am Fair-Play-Gedanken, wenn man sieht, dass die Partien genauso ausgehen, wie sie für die betroffenen Teams ausgehen müssen?

Doppler: Ja, schon. Ich war mir sicher, dass Neuseeland gegen Dänemark abgesprochen war. Ich war auch sicher, dass die Italiener gegen Deutschland was drehen werden. Aber zum Glück ist das nicht passiert.

LAOLA1: Die Partie gegen Jennings/Wong war ein echter Beach-Krimi mit fünf abgewehrten Matchbällen. Am Schluss hattest du den Matchball auf der Hand. War da Zeit, an die EM und den damals vergebenen Matchball zu denken?

Doppler: Ja, durchaus. Es war zwar wenig Zeit. Aber die halbe Sekunde ist es mir durch den Kopf gegangen. Vielleicht ist jetzt mit dem verwandelten Matchball, der ja auch kein unwichtiger war, wieder etwas zurückgekommen.

LAOLA1: Wie ist der Erfolg bei der WM einzustufen - auch mit Blick auf die Olympia-Quali?

Doppler: Es sind 400 Punkte die wir machen. Vor der WM war Olympia kein Thema mehr für mich. Ich hab mich mit den anstehenden Turnieren befasst, dass wir da wieder in den Hauptbewerb kommen. Mit dem neunten Rang sind wir wieder näher dran am Vorhaben London 2012. Aber wir sind in Stavanger trotzdem noch in der Quali. Es ist wichtig, dass wir uns halbwegs etablieren, wieder erfangen und das Spiel spielen, das wir können.

LAOLA1: Wenn ihr in Stavanger in der Quali hängen bleiben würdet, wäre der neunte WM-Rang sicherlich weniger wert.

Doppler: Schon, aber die Saison ist noch lang und nächstes Jahr gibt’s auch noch. Nur weil man bei einem Turnier schlecht spielt, ist London noch nicht weg. Aber es würde schwieriger.

LAOLA1: Nachdem Rom für dich ja eine halbe „Heim-WM“ ist: Hast du eine Erklärung, warum der Zuschauer-Zustrom so schlecht war?

Doppler: An den Finaltagen war das Stadion gut gefüllt. Voll war es nicht, da gehen 12.000 Leute rein. Und Beachvolleyball ist nicht Tennis. Die Organisation war jedenfalls top, das hab ich noch selten gesehen, dass alles so professionell aufgestellt war. Ich glaube, dass einfach zu wenig Werbung gemacht wurde. Die Location ist einmalig und auf den Side Courts waren schon Fans. Man hat halt nur den Center Court gesehen. Und wenn da 1.000 Fans drinnen sind, dann schaut das halt wenig aus.

Das Gespräch führte Philipp Bachtik