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Ganz der Papierform nach

Ganz der Papierform nach

Möchte man böswillig sein, so könnte man fast meinen, die NBA-Playoffs seien in letzter Zeit langweilig und voraussehbar geworden.

Denn wie schon im Vorjahr haben sich jeweils die zwei topgesetzten Teams des Ostens und Westens für die Conference Finals qualifiziert.

Zum 32. Mal finden die Playoffs nun mit 16 Mannschaften statt, erst zum fünften Mal seit der Modus-Änderung 1984 stehen die vier Favoriten in der Runde der letzten Vier.

Natürlich war die Einleitung nicht ganz ernst gemeint: Zwar blieben die Sensationen - abgesehen vom doch etwas überraschenden Erstrunden-Aus des an Nummer sechs gereihten Titelverteidigers San Antonio - aus, doch die ersten beiden Runden boten Buzzer-Beater, spannende Spiele und Serien.

Und, was ja durchaus positiv gesehen werden kann: Die vier - zumindest auf dem Papier - bestmöglichen Teams kämpfen um den Titel.

Das Duell Golden State Warriors gegen Houston Rockets beginnt in der Nacht auf Mittwoch, die Paarung Atlanta Hawks gegen Cleveland Cavaliers einen Tag später.

LAOLA1 blickt auf die beiden Conference Finals voraus:

ATLANTA HAWKS (1) - CLEVELAND CAVALIERS (2)

Ausgangslage:

Paul Pierce hatte sich bereits zur Bank der Atlanta Hawks umgedreht und "Series!" gerufen als er seine Wizards im fünften Spiel der Conference Semifinals kurz vor Schluss vermeintlich zum 3:2 schoss. Doch daraus wurde nichts. Al Horford und die Hawks hatten die richtige Antwort parat und bewiesen spätestens durch den 4:2-Sieg gegen Washington, dass mit ihnen auch in engen Spielen und Serien zu rechnen ist. Auch wenn das Spiel Atlantas noch nicht aus einem Guss wirkt - wie über weite Strecken der Regular Season - steht das Team dort, wo es hingehört: Im Conference-Finale.

Kaum jemand traute den Cleveland Cavaliers, die schlussendlich doch noch eine solide Regular Season abspulten, nach der Verletzung von Co-Superstar Kevin Love einen tiefen Playoff-Run zu. Als später auch noch J.R. Smith für zwei Spiele gesperrt wurde, Point Guard Kyrie Irving sich den rechten Fuß verstauchte und das linke Knie verletzte und bei Iman Shumpert Leistenprobleme auftraten, setzte eigentlich niemand mehr sein Geld auf die Cavaliers. Doch die Mannschaft von LeBron James steht, wie jede LeBron-Mannschaft seit 2011, dennoch in den Eastern Conference Finals und zeigt allen Widrigkeiten zum Trotz zum richtigen Zeitpunkt der Saison sein "A Game". Nun wartet das "Kryptonit" aus der Regular Season. Gegen Atlanta gewann Cleveland lediglich ein Duell - und das ist bereits sechs Monate her.

Bisherige Duelle:

Brennpunkte:

  • Wie fit ist Kyrie Irving?

    Wie eingangs erwähnt, haben die Cleveland Cavaliers mit Verletzungen zu kämpfen. Damit ist nicht bloß jene von Kevin Love gemeint, denn das Fehlen des Power Forwards hat das Team aus Ohio mittlerweile beachtlich kompensiert. Viel mehr als noch gegen die Chicago Bulls - Jeff Teague und Dennis Schröder sind am Mann die besseren Verteidiger als Derrick Rose und Aaron Brooks - wird es auf den Gesundheitszustand von Point Guard Kyrie Irving ankommen. Aufgrund einer Verstauchung im rechten Fuß und der daraus resultierenden Knieverletzung im linken Bein, ist der ehemalige All-Star-MVP für Spiel eins fraglich oder zumindest nicht bei 100 Prozent. Irving in Erstrunden-Form - gegen die Celtics verbuchte er 19,8 Punkte und 3,3 Assists - wird für die Cavs Goldes wert sein, denn ob LeBron James ein von Verletzungen durchzogenes Team (auch der "King" und Iman Shumpert waren zuletzt angeschlagen) erneut alleine Schultern kann, darf bezweifelt werden. Zumal Nummer 23 selbst vor einem Schlüssel-Matchup zum Seriengewinn stehen dürfte: Denn DeMarre Carroll ist mit 17,1 Punkten pro Spiel nicht nur Atlantas Topscorer, sondern auch sein bester Flügelverteidiger. In den bisherigen zwei Saison-Duellen erzielte James, wann immer er von Carroll verteidigt wurde, lediglich neun Punkte bei 20 Prozent aus dem Feld (3/15) und verbuchte fünf Turnovers.

  • "LeBron-Ball" funktioniert, "Hawks-Ball" noch nicht

    Die Atlanta Hawks haben bewiesen, dass sie enge Spiele gewinnen können. Zudem ist Al Horford der Spieler mit der besten Feldwurfquote in "Clutch-Situations" (in den letzten fünf Spielminuten bei +/-5 Punktedifferenz, Anm.) seit 2011. Der Center verwandelt 61 Prozent dieser Würfe - zum Vergleich: Die Quote von Paul Pierce liegt bei 52 Prozent. Um den Nummer-Eins-Seed muss ich also in den entscheidenden Momenten niemand sorgen. Die Frage wird jedoch sein, ob die Hawks überhaupt so weit kommen. Denn der in der Regular Season so hoch gepriesene "Hawks-Basketball" funktionierte im bisherigen Verlauf der Postseason nur stotternd. Zwar lief es gegen Washington etwas besser, pro 100 Angriffe schreibt Atlanta aber bislang nur 102 Punkte an (5.). Trotz guter Defense (98,2 Gegenpunkte pro 100 Angriffe/2.) haben die "Spurs des Ostens" somit Probleme, ihre Spiele zu kontrollieren. Ganz anders die Cavaliers: Das ausschließlich auf den Aktionen von James fußende Angriffsspiel Clevelands ist mit einem Offensiv-Rating von 108,2 Punkten das beste der Postseason. "LeBron-Ball" funktioniert - trotz der meisten Isolation-Spielzüge aller vier Conference-Finalisten - und die Spieler kennen ihre Rollen. Ein Beispiel: Die Bankspieler Clevelands erzielten bislang 7,5 Punkte mehr als ihre Gegner. Die Hawks-Bank, die von Coach Mike Budenholzer viel Spielzeit bekommt, sorgt hingegen nicht für ein positives Net-Rating (-2,8).
  • Hat jemand Kyle Korver gesehen?

    Dass die Offensive der Hawks noch nicht wie über weite Strecken der Regular Season klickt, liegt unter anderem daran, dass die Wurfquoten Atlantas zum Saisonende hin rapide sanken und sich noch nicht wieder einpendelten. Rund ein Viertel aller Hawks-Abschlüsse in den Playoffs weist die offizielle NBA-Statistik als "offene Würfe" aus. Ohne einen Verteidiger in der Nähe netzte Atlanta aber nur knapp über 40 Prozent - ein desaströser Wert. Wer es einfacher haben will, braucht nur auf die Dreierquote zu blicken. Über 38 Prozent in der Regular Season, nur rund 34 in den bisherigen zwölf Playoff-Spielen. Sinnbildlich für die Schwierigkeiten, den Spalding durch den Ring zu befördern, steht Kyle Korver. Erst einmal in seiner Playoff-Karriere (2005) verbuchte der in dieser Saison beste Werfer der NBA eine schlechteres "True Shooting" als 2015 (43,3%). Zum Glück für die Hawks müssen die Cavaliers dennoch am Shooting Guard dran bleiben, denn gerade gegen Cleveland traf Korver im bisherigen Saisonverlauf fast 45 Prozent seiner Dreier. Läuft Korver heiß, wird es für das Team aus Ohio schwer. Denn auch wenn sich die Truppe um James mittlerweile verändert präsentiert, die Perimeter-Defense bleibt der Schwachpunkt - die Bulls-Dreierquote lag bei deren beiden Siegen im Conference-Semifinale bei 41 Prozent. Einen weiteren Vorteil könnten die Hawks auf den großen Positionen haben. Zwar sind Timofey Mozgov und Tristan Thompson reboundstärker, doch die agileren Horford und Millsap werden ihre Gegenspieler herauslocken und außerhalb der Zone dominieren - wie zuletzt gegen Nene und Gortat. Um dem entgegenzuwirken, wird man James des Öfteren als Power Forward auflaufen sehen.
Datum
Heim Gast Ergebnis
15.11.
CAVALIERS Hawks 127:94
17.12.
Cavaliers HAWKS 98:124
30.12.
HAWKS Cavaliers 109:101
6.3.
HAWKS Cavaliers 106:97

GOLDEN STATE WARRIORS (1) - HOUSTON ROCKETS (2)

Ausgangslage:

Nach einer klaren Angelegenheit gegen die Pelicans, wartete auf die Golden State Warriors in der zweiten Runde mit den Memphis Grizzlies wie erwartet die erste Härteprüfung. Marc Gasol und der Rest der "Bären" gingen in der Serie mit 2:1 in Führung, in der Folge zeigten die Warriors aber mit drei souveränen Siegen, warum sie als Nummer eins der Liga in die Playoffs gegangen sind und noch immer als Top-Favorit eingestuft werden.

Die Houston Rockets galten trotz ihres Nummer-zwei-Seeds nicht gerade als einer der echten Anwärter auf einen langen Playoff-Run. Nach der erfüllten "Pflichtaufgabe" gegen die Dallas Mavericks sah es dann auch so aus, als würde es gegen die L.A. Clippers ein unspektakuläres Aus in sechs Spielen setzen. Doch es kam ganz anders, Houston schaffte in Spiel sechs auswärts ein episches Comeback und siegte in Spiel sieben zu Hause deutlich. Da entschuldigte sich sogar Mavs-Besitzer Mark Cuban, der die Rockets zuvor als ausrechenbar bezeichnet hatte. Houston zeigt Toughness und ist bislang auch von den Ausfällen von Patrick Beverley und Donatas Motiejunas nicht zu stoppen.

Bisherige Duelle:

LAOLA1-TIPP: Bell Schauhuber Schmidt
4:2 HAWKS 4:2 CAVALIERS 4:3 CAVALIERS

Brennpunkte:

  • MVP gegen "SMVP"

    Most Valuable Player gegen "Second Most Valuable Player" - so lautet die Schlagzeile vor dem mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen von Steph Curry und James Harden. 28,2 Punkte, 41 Prozent vom Dreier, 6,8 Assists und 5,1 Rebounds pro Spiel lauten die Stats von Curry in den Playoffs. 26,7 Zähler, 94 Prozent vom Freiwurf, 8,0 Assists und 4,8 Rebounds pro Partie konnte "der Bart" in den ersten zwei Runden für sich gutschreiben. Ein absolutes Superstar-Duell, das die Fans in ihren Bann ziehen wird. Dabei lief es für Harden gegen die Clippers gar nicht so rund: Er hatte mit schwachen Quoten aus dem Feld, Turnovers, Beleidigungen und Fieber zu kämpfen. Beinahe kam das Aus, doch in Spiel sieben zeigte er seine Klasse. Curry ist nach einem kleinen Tief zu Beginn der Serie gegen Memphis sowieso ganz der Alte. In den sechs Spielen gegen die Grizzlies verwandelte er mehr Dreipunkter als das gesamte gegnerische Team.

  • Wer hat das bessere Kollektiv?

    Das Gesicht von Golden State ist zwar Curry, doch gewürdigt werden auch sein kongenialer Shooting-Partner Klay Thompson, die Vielseitigkeit von Draymond Green und Harrison Barnes, die Toughness von Center Andrew Bogut und der große Input der Bank. Sprach man bis vor Kurzem über die Erfolge von Houston, so war James Harden schlicht "The Man". Zumal Co-Star Dwight Howard in der Regular Season für längere Zeit ausfiel und die Rockets trotzdem Rang zwei im Westen eroberten. Viele, die Harden im MVP-Race gegenüber Curry favorisierten, taten dies wegen seiner größeren Bedeutung für das Team.

    Spätestens seit der Serie gegen die Clippers wird aber niemand mehr Houstons Ausgeglichenheit unterschätzen. Trotz des Ausfalls zweier Starter (Motiejunas, Beverley) finden sich noch genügend Spieler in der Mannschaft, die Big Plays machen können. Vor allem die Neulinge Josh Smith, Jason Terry und Corey Brewer, die nicht gerade zu den begehrtesten Spielern der Liga gehörten, bringen viel Routine und vor allem viel Stolz mit. Das Können von Howard sowie Trevor Ariza war ohnehin bekannt, Pablo Prigioni macht auch noch mit 38 "winning plays". Ganz wichtig für das Team ist auch die Entwicklung von Power Forward Terrence Jones, Cousin von Damon Stoudemire.

    Die Warriors sind in dieser Serie zweifellos eindeutiger Favorit. Allein die 4:0-Bilanz aus dem Grunddurchgang spricht für die Kalifornier, zudem die längere Pause und natürlich Qualität und Zusammensetzung des Kaders. Erfahrung und Toughness machen die Rockets aber zu einem gefährlichen Kontrahenten.
  • Ball zu Howard?

    Ein kurzer Blick auf die Roster wirft die Frage auf: Sollen die Rockets ihre Offense vermehrt über Dwight Howard laufen? Zwar ist Andrew Bogut ein hervorragender Team-Verteidiger, aber für Howard vielleicht doch zu unbeweglich? Können die Warriors körperlich dagegenhalten, wenn der Australier in Foulprobleme kommt? Der Ansatz scheint vernünftig und könnte den Rockets Vorteile bringen. Andererseits verfügten die Grizzlies mit Marc Gasol und Zach Randolph gleich über zwei Inside-Banger. Vor allem Letzterer wurde durch eine experimentierfreudige Team-Defense der Warriors sehr gut in Schach gehalten. So ist zu erwarten, dass die Rockets weiterhin von außen liefern müssen. Eine gewichtige Rolle wird Howard aber auf jeden Fall in der Defense zukommen: Können seine Teamkollegen die Shooter der Warriors zum Drive zwingen, muss "Superman" sichergehen, dass der Korb geschützt wird.
Datum
Heim Gast Ergebnis
8.11. Rockets WARRIORS 87:98
10.12. WARRIORS Rockets 105:93
17.1. Rockets WARRIORS 106:131
21.1. WARRIORS Rockets 126:113

Kevin Bell/Hubert Schmidt

LAOLA1-TIPP: Bell Schauhuber Schmidt
4:0 WARRIORS 4:2 WARRIORS 4:2 WARRIORS