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Gregg Popovich - CIA-Agent und Trainer-Legende

Gregg Popovich - CIA-Agent und Trainer-Legende

Mit etwa 22 Jahren absolvierte Gregg Popovich eine Spionage-Ausbildung bei der CIA, wenig später führte ihn ein Einsatz als Agent während des Vietnamkriegs in die Türkei.

41 Jahre später ist er einer der besten Coaches der NBA-Geschichte und schickt sich an, sich mit dem fünften Titel ein Denkmal zu setzen.

Rückblende.

Gregg Charles Popovich erblickt am 28. Januar 1949 in East Chicago das Licht der Welt. Der Sohn eines Serben und einer Kroatin schlägt die klassisch amerikanische Sport-Laufbahn ein.

Mit guten Leistungen im High-School-Basketballteam will er sich für namhafte Colleges empfehlen, erhält aber nur unbefriedigende Angebote. So entscheidet er sich für einen Besuch der Air-Force-Akademie, wo er einen Bachelor-Abschluss in Sowjet-Wissenschaften erwirbt.

Akademischer und sportlicher Erfolg

Obwohl „Popo“, wie ihn seine damaligen Teamkollegen nach wie vor liebevoll nennen, viel Zeit und Energie in schwierige Vorlesungen investiert, wird er zum Kapitän der Basketball-Mannschaft der militärischen Ausbildungsstätte.

Auch nach seinem Abschluss lässt ihn die Faszination des Sports nicht los. Während Popovich seine fünf verpflichtenden Einsatzjahre teilweise als Agent an der türkischen Grenze zu Syrien und dem Iran absolviert – eine Bewerbung für einen streng geheimen Posten in Moskau scheitert an Papierkram – spielt er in der Auswahl der Armed Forces und führt diese 1972 als Kapitän zum Triumph in der AAU-Conference.

Das verschafft dem damals 23-Jährigen eine Einladung zur Kader-Vorausscheidung des Olympia-Teams, wo er den Cut aber nicht schafft.

Der Ball ruft

Mit dem Ende seiner Einsatzverpflichtung wendet sich der US-Amerikaner schließlich endgültig dem Basketball zu. Er wird Assistenz-Coach an der Air Force, seinem alten College, nach sechs Jahren schafft er es zum Head Coach beim Division-III-College Pomona-Pitzer.

Nachdem sich der Defensiv-Spezialist dort acht Jahre lang seine Sporen verdient hat, ereilt ihn 1988 der Ruf von Larry Brown, der ihn als Assistent zu den San Antonio Spurs holt - just der Larry Brown, der seinen späteren Schützling 16 Jahre zuvor bei seinem einzigen NBA-Tryout bei den Denver Nuggets ablehnte.

Da Teambesitzer Red McCombs 1992 den gesamten Trainerstab feuert, muss Popovich einen kurzen Zwischenstopp bei den Golden State Warriors einlegen – schon 1994 kehrt er aber wieder nach Texas zurück, diesmal als General Manager.

Pop stellt sich selbst ein

Dort verschafft er sich mit einer außergewöhnlichen Maßnahme seinen ersten Posten als NBA-Head-Coach.

Nach einem katastrophalen Saisonstart 1996/97 feuert „Pop“ den verdienten Cheftrainer Bob Hill - ungeachtet der Tatsache, dass mit David Robinson, Sean Elliott, Chuck Person und Will Perdue vier der wichtigsten Spieler verletzungsbedingt zahlreiche Partien verpassten – und setzt sich humorlos selbst als Head Coach ein.

Für diese zugegeben dreiste Aktion muss sich der nun in einer Doppelfunktion (er blieb bis 2002 auch GM) agierende Neo-Trainer damals viel Kritik anhören, 17 Jahre später ist sie aber nur ein weiterer Teil seiner außergewöhnlichen Geschichte.

Über Popovich‘ Coaching-Fähigkeiten lässt sich sowieso nicht mehr streiten. Eine fünfte Meisterschaft würde wohl eine Diskussion über den Titel des größten Trainers aller Zeiten lostreten: In 17 Jahren am Steuer der Spurs hat der mittlerweile 64-Jährige nicht nur eine Dynastie gegründet, sondern auch seinen Status als Coaching-Legende einzementiert.

Wein, Essen und Literatur

Abseits des Sports hat sich Popovich einen Namen als Connaisseur von gutem Wein und Essen gemacht. Nachdem er während seiner Army-Zeit im Napa Valley in Kontakt mit seinem späteren Lieblingsgetränk gekommen war, ließ ihn die Leidenschaft nicht mehr los.

Der Weinliebhaber besitzt heute einen über 3000 Flaschen fassenden Weinkeller, zudem ist er Mitbesitzer einer Winzerei. Auch fester Nahrung in höchster Qualität soll der zukünftige Hall of Famer sehr zugeneigt sein.

In seiner Freizeit frönt der politisch interessierte Liberale dem Lesen guter Bücher oder schöngeistiger Diskussionen – eine weitere Facette, die das einmalige Gesamtbild Gregg Popovich ergibt.

Am Ende des Tages ist es aber dann doch Basketball, das durch seinen Kopf schwirrt. Die einzige Konstante im ungewöhnlichen Leben des einstigen CIA-Agenten.

Wahrscheinlich denkt der vierfache Champion auch in diesen Sekunden über taktische Finessen und mögliche Änderungen nach – um das einmalige, teambasierte System der Spurs noch weiter zu perfektionieren.

Um in Spiel fünf der Finalserie gegen die Miami Heat als Sieger vom Platz zu gehen und die wartenden Journalisten danach mit einsilbigen, vielleicht frechen, gewiss aber gewitzten Antworten einzudecken.

Martin Schauhuber

Duncan kommt

Das Verletzungspech bleibt den Spurs auch nach dem Trainerwechsel treu, was zu einer Endbilanz von 20-62 und damit zu einer guten Ausgangsposition in der Draft-Lotterie führt – mit der drittbesten Chance ziehen die Texaner das große Los in Person von Tim Duncan.

Was folgt, ist Geschichte. Der wohl beste Power Forward aller Zeiten bildet mit seinem Head Coach ein kongeniales Duo, zusammen fahren sie vier NBA-Championships (1999, 2003, 2005 und 2007) ein.

Popovich und der spätere GM R.C. Buford legen beim Draft den Fokus auf internationale Spieler und schnappen sich so die beiden Rohdiamanten Tony Parker und Manu Ginobili, die zusammen mit dem „Big Fundamental“ über mehr als ein ganzes Jahrzehnt für alljährliche Playoffeinzüge sorgen.

Charakterfigur nicht nur beim Coaching

Während sein Team von Erfolg zu Erfolg eilt, arbeitet der Eigenbrötler unermüdlich an seinem einzigartigen Image. Legendär seine Interviews, in denen er mal einsilbige, mal unhöfliche Antworten gibt. So antwortet er Craig Sager (dessen bunte Anzüge sein Markenzeichen sind) auf die Frage nach dem Grund für die schlechte Offensivleistung des Gegners: „Ich denke, sie haben deinen Anzug gesehen.“ Bei einer anderen Gelegenheit schnappt er sich Sagers Stecktuch, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen.

Auch gegenüber seinen Schützlingen kennt das Taktik-Genie mehr Peitsche als Zuckerbrot – häufig jedoch mit einem trockenen Augenzwinkern. Da kann während eines Timeouts schon mal „Der nächste, der einen Freiwurf vergibt, kauft mir ein neues Auto“ aus seinem Mund tönen.

„Zu mir war er immer am härtesten. Das Videostudium war oft die Tony-Parker-Show, so oft hat er mich angeschrien“, so der französische Point Guard über seinen Mentor.

Markenzeichen Nummer eins im Umgang mit den Spielern ist aber bedingungsloser Respekt. Pop nennt seine Mannen stets Hauptverantwortliche für jeglichen Erfolg, öffentlich über sie schimpfen hört man ihn hingegen kaum.