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"Er ist weiterhin klar auf WM-Kurs"

Es gibt wenige Daten, die Österreichern derart im Gedächtnis haften.

Der 1. August 1976 - wo und wie man ihn erlebt hat, daran erinnert sich aus dieser Generation fast jeder.

Niki Laudas Leben war nach einem Feuerunfall auf dem Nürburgring am seidenen Faden gehangen.

Endgültig zur Legende avancierte der mittlerweile 62-jährige Wiener aber mit seiner triumphalen Rückkehr auf die Rennstrecke.

Lauda wurde noch zweimal Weltmeister, sein WM-Duell mit James Hunt im Schicksalsjahr 1976 wird demnächst verfilmt.

Im Interview sprach Lauda vor dem 35. Jahrestag des Unfalls über die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, sein Mitwirken am Filmprojekt und darüber, warum sich Sebastian Vettel trotz eines Rückschlages im Heimrennen keine Sorgen um den WM-Titel machen muss:

Frage: Ihr schwerer Unfall jährt sich am 1. August zum 35. Mal. Was löst der Gedanke daran mit diesem Abstand in Ihnen aus?

Lauda: "Nichts. Einen Unfall oder andere Erlebnisse muss man verarbeiten. Das kann man nur aus einer Krise lernen. Im normalen Leben lernt man so etwas nicht. Für mich war es die einzige Chance, das ganze Trauma hinter mich zu bringen. Deswegen bin ich nach fünf Wochen zurück ins Rennauto. Ich wusste ja, dass Rennfahren gefährlich ist. Ich wusste, dass ich vielleicht irgendwann einen schweren Unfall haben könnte. Aber ich wollte es wieder tun."

Frage: Ist die schnelle Konfrontation bei einem derartigen Trauma der einzige taugliche Weg?

Lauda: "Je länger ich gewartet hätte, desto schwieriger wäre es geworden. Am Ende des Jahres war ich wieder auf dem Stand von vor dem Unfall, was Kontrolle und Risikobereitschaft betrifft. Wenn man das schafft, hat man das Ganze als Mensch verarbeitet. Seit damals belastet mich das in keiner Weise mehr. Deswegen ist es für mich ein Datum wie jedes andere auch - ohne jede Emotion."

Frage: Gehen Sie daher auch entspannt an den geplanten Film "Rush" heran, der Ihr Schicksalsjahr 1976 und dessen sensible Momente auf die Leinwand bringt?

Lauda: "Ja. Ich kann mich an jedes Detail erinnern, aber es belastet mich in keiner Weise negativ. Ich habe keine Angst, daher habe ich mit dem Film auch überhaupt kein Problem. Ich habe den Filmmenschen aus meiner Sicht alles ganz genau geschildert. Ich habe mich zwei- bis dreimal mit dem Drehbuchautor getroffen, das passiert noch weiterhin. Er kann mich alle Details fragen, die ihn interessieren."

Frage: Mit Daniel Brühl steht mittlerweile der Hauptdarsteller fest. Erkennen Sie an ihm Charakterzüge des jungen Lauda?

Lauda: "Ich kenne ihn noch nicht, aber es soll demnächst ein Treffen geben. Dann kann ich wahrscheinlich mehr darüber sagen. Ich bin aber gerade dabei, mir einige seiner Filme anzuschauen. Er ist definitiv einer der besten und talentiertesten jungen deutschen Schauspieler."

Frage: Sie werden zu dem Treffen vermutlich mit rotem Kapperl ohne Sponsoraufschrift erscheinen. Wie lange wird das nach der Trennung von der Money Service Group so bleiben?

Lauda: "Ich fühle mich wohl mit meinem roten Kapperl. Die Reaktionen darauf, dass ich dazu zurückgekehrt bin, waren durchwegs positiv. Es  war ein Vertragsende. Als ich vergangene Woche gehört habe, dass es bei ihnen Unregelmäßigkeiten gibt, habe ich sofort gekündigt. Mehr kann ich noch nicht sagen, weil ich auf weitere Informationen warte. Aber ich behalte mir alle Rechte vor."

Frage: Wie sehr sind Sie als Wirtschaftstreibender von einem Partner wie der nun unter Betrugsverdacht stehenden Money Service Group enttäuscht?

Lauda: "Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Ich habe vor Abschluss alles genau prüfen lassen - so wie ich es immer mache. Aber es wundert mich schon, wie vorgegangen worden ist. Jetzt muss ich auf die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft in Liechtenstein warten, und offensichtlich auch aus der Schweiz. Vorher kann ich sonst nichts mehr tun."

Frage: Haben Sie in dem Zusammenhang in irgendeiner Form um Ihr Image gefürchtet?

Lauda: "Ich bin sehr genau vorgegangen. Es war seriös. Den Vorwurf, leichtfertig gewesen zu sein, muss ich mir nicht machen. Daher habe ich auch keine Bedenken. Ich habe nichts falsch gemacht."

Frage: Bleiben wir beim Thema fürchten: Muss Sebastian Vettel um den WM-Titel fürchten?

Lauda: "Nein."

Frage: Sein Heimrennen auf dem Nürburgring war aber eine kleine Enttäuschung.

Lauda: "Es gibt Kurse und Bedingungen, die liegen einzelnen Teams und einzelnen Fahrern. McLaren etwa beansprucht die Reifen mehr, daher sind sie auf dem Nürburgring schneller auf Temperatur gekommen. Warum (Lewis) Hamilton auf dem Nürburgring so stark war, ist technisch erklärbar. Dass Webber vor ihm war, wird Vettel schon sehr wurmen. Aber es ist nichts passiert mit dem vierten Platz. Er ist weiterhin klar auf WM-Kurs."

Frage: In der zweiten Saisonhälfte dürften mehr verschiedene Fahrer Rennen gewinnen können. Ist die Zeit der Dominanz zu Ende?

Lauda: "Das ist normal im Verlauf einer Saison. Die anderen Teams holen auf. Vettel hat aber weiterhin einen großen Vorsprung in der WM. Er braucht sich keine Sorgen zu machen."

Frage: Ist Red Bull am Wochenende auf dem Hungaroring schon wieder der Favorit?

Lauda: "Die Strecke liegt ihnen, das weiß man aus der Vergangenheit. Wenn normale Temperaturen herrschen und wenn alles planmäßig läuft, ja - dann ist er (Vettel/Anm.) der klare Favorit."