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"Wir sind keine Eintagsfliege"

Mit einem Showrun in Neu Delhi, wo in dreieinhalb Wochen der erste Indien-Grand-Prix der Formel-1 stattfindet, hat Red Bull für die neuerliche WM-Krönung von Sebastian Vettel am kommenden Sonntag in Suzuka aufgewärmt.

Dass der 24-jährige Deutsche in Japan vorzeitig den Titel holt, daran zweifelt keiner mehr angesichts des nur einen fehlenden Punktes. Bei den Österreichern ist der Ehrgeiz dennoch ungebrochen.

"Wir schauen nicht auf den einen Punkt, sondern die 43, die in Suzuka zu holen sind", lautet die Parole von Teamchef Christian Horner.

Webber soll "Vize" werden

Das unterstreicht den "nimmersatten" Zugang der austro-englischen Truppe, die sich mit 18 Siegen in den jüngsten 33 Rennen als absolutes Top-Team in der F1 etabliert hat.

Den Führungsanspruch stellt man ohnehin gleich für Jahre und auch für 2011 ist der nur noch abzuholende, zweite Fahrertitel für Vettel nicht genug. Mark Webber soll trotz seiner Startprobleme Vizeweltmeister werden und auch der Konstrukteurspokal wieder bei den Blauen landen.

"Wir wollen jedes Rennen gewinnen", wiederholte Motorsport-Direktor Helmut Marko am Montagabend im hauseigenen Sender "Servus-TV".

Andere Teams fahren hinterher

Eine derartige Machtdemonstration im Jahr nach dem ersten WM-Titel wäre ein weiterer Schlag ins Gesicht des Establishments, das über Jahrzehnte von Ferrari, McLaren und Mercedes besetzt gewesen war. Die früheren Erzfeinde haben sich längst gegen Red Bull zusammengetan, aber selbst das Störmanöver gegen den angeblasenen Duffusor konnte die "Bullen" zur Saisonmitte nur kurz bremsen.

Seitdem fährt Vettel wieder auf Kurs, hat mit seinem RB7 jedes Rennen seit der Sommerpause gewonnen. Auto und Fahrer sind selbst auf ungeliebten Strecken wie Spa oder Monza siegfähig geworden, der totale WM-Triumph daher nur logische Folge.

Kompliment der Konkurrenz

In einer Welt, in der man für den ersten Titel geliebt, für den zweiten aber bereits gehasst wird, hat Red Bull Racing kein Problem, sich zurechtzufinden. Weitere Titel, Rekorde und Triumphe sind das Ziel.

"Wir nehmen die geschlossen agierende Front als Kompliment. Wir haben gezeigt, dass wir keine Eintagsfliege sind", erklärte Horner zur Rivalität mit den großen Herstellern.

"Ferrari und McLaren waren 20 Jahre lang spinnefeind. Jetzt sind sie vereint gegen uns", ist auch Marko bewusst.

Bei Red Bull wird laut Marko aber Politik vom Team ferngehalten. Sind woanders Mitarbeiter bei Krisen schnell Jobs los, werde bei Red Bull versucht, eine Atmosphäre des Vertrauens und Miteinanders aufzubauen.

Marko: "Auch bei uns gibt es konstruktive Kritik, vor allem aber Respekt."

Dies erzeugte Vertrauen und Kontinuität.

Klima ist wichtig

Ein Hauptgrund, warum man in relativ kurzer Zeit so weit gekommen ist. Die Truppe ist seit Jahren fast unverändert, dazu kommen Leidenschaft, Wettbewerbslust und Zusammenhalt.

Horner: "Es braucht eine Teamdynamik, dass Sebastian bei hundertprozentiger Zuverlässigkeit schon wieder neun Rennen gewinnen konnte. Und zwar nicht nur auf der Strecke, sondern auch in der Fabrik bei denen, die hinter den Kulissen mitarbeiten und ständig zwei gleichwertige Grand-Prix-Autos stellen."

Das sieht auch Marko so. "Wir haben dadurch mittlerweile ein absolut zuverlässiges Auto", erklärte der Steirer gegenüber "ServusTV" und führte vor allem die schlanke und effektive Team-Struktur als Erfolgsfaktor an.

"Ferrari, Mercedes und McLaren sind da ganz anders aufgestellt. Wir haben gottseidank einen Chef, der am Telefon schnell ja oder nein sagt", hob der frühere Formel-1-Fahrer auch die Rolle von Firmenchef Dietrich Mateschitz hervor.

Konzentration auf diese Saison

Auch Marko ist klar, dass der nach 14 von 19 Saisonrennen 124 Zähler zurückliegende Jenson Button nicht mehr fünf Rennen gewinnen und Vettel keinen Punkt mehr machen wird.

Trotzdem legt man vollste Konzentration in die ausständigen Rennen, statt sich wie einige Konkurrenten nur noch auf 2012, in dem das Getriebe die weitreichendste Veränderung sein wird, zu konzentrieren.

Red Bull wird daher selbst beim Titelrennen am Sonntag (8.00 Uhr) auf der japanischen Hauptinsel Honshu neue Teile bringen.

"Was wir in den kommenden Rennen lernen, geht ins Auto 2012", erklärte Marko.

"Während andere nicht weiterentwickeln, wollen wir jetzt die Erkenntnisse und nehmen an, dass wir deshalb wieder mit deutlichem Vorsprung zum ersten Saisonrennen kommen."