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Mercedes wettert gegen "Brausehersteller"

Mercedes wettert gegen

Verwundet von der quälenden Reifentest-Affäre verschärft Mercedes die Jagd auf Formel-1-Branchenführer Red Bull.

"Dauerhaft ist es nicht akzeptabel, dass ein Brausehersteller 100.000 Mercedes-Benz-Mitarbeitern vor der Nase herumfährt", sagte Motorsportchef Toto Wolff vor dem Großen Preis von Großbritannien am Sonntag.

Der Ton zwischen den beiden Top-Teams ist rau vor dem Rennen in Silverstone, die ungewohnt heftigen Attacken der Red-Bull-Spitze haben beim Silberpfeil-Team den Kampfgeist gestärkt. "Ganz sicher hat das unser Team enger zueinander gebracht", sagte Teamchef Ross Brawn in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Zoff zwischen Red Bull und Mercedes

Einen Monat lang hielt der Zoff um den umstrittenen Privattest von Mercedes für Reifenhersteller Pirelli die Formel 1 in Atem.

Sebastian Vettels Red-Bull-Rennstall und Ferrari brachten das Verfahren des Weltverbands (FIA) mit ihrer Anzeige ins Rollen.

Vor allem Red Bull machte Stimmung gegen Mercedes und schimpfte über das Urteil: Verwarnung und Sperre für den Nachwuchstest. "Keiner kann diesen Prozess kritisieren", konterte Brawn.

Grenze überschritten

"Es gibt für mich eine Grenze, und die wurde von Red Bull überschritten. Ich habe es im Sport und in meinen 20 Jahren in der Wirtschaft noch nie erlebt, dass jemand so auftritt", befand Mercedes-Manager Wolff.

So etwas vergisst man in der Königsklasse nicht. Dabei ist man beim Werksteam durchaus überrascht über die Wucht der Angriffe aus dem Hause Red Bull.

Denn noch wirkt der dreimalige Konstrukteurs-Weltmeister den Silberpfeilen klar überlegen und scheint mit Vettel auf dem sicheren Weg zum vierten Titel in Serie. Doch der Mercedes-Aufschwung seit Saisonbeginn hat Red Bull anscheinend in unerwartete Aufregung versetzt.

"Harte, aber faire Strafe"

18 Seiten umfasste angeblich die Expertise, die Red Bull dem FIA-Tribunal zustellte. 162 WM-Punkte Abzug habe der selbst oft als Grenzgänger in Regelfragen aufgefallene Vettel-Arbeitgeber gefordert, berichtete das Fachblatt "Auto, Motor und Sport" am Freitag auf seiner Internetseite.

Die tatsächliche Strafe verspottete Red-Bull-Teamchef Christian Horner als "verwirrend milde".

Das ärgert Mercedes mächtig. "Die Sperre für den Nachwuchstest ist eine harte, aber faire Strafe", sagte Boss Brawn.

Brawn spürt Aufwärtstrend

Auf ein bis zwei Zehntelsekunden schätzt der Teamchef den Nachteil durch die verpasste Testchance Mitte Juli in Silverstone.

"Wir wollten 35 verschiedene technische Programme bei diesem Test absolvieren", verriet Brawn. "All die Dinge müssen wir nun bei den Freitagstrainings probieren - oder wir können sie gar nicht erledigen. Das wird Wirkung auf das Team haben", erklärte der 58 Jahre alte Brite.

Trotzdem spürt der achtmalige Weltmeister-Macher, dass es bei Mercedes nach drei Jahren endlich aufwärtsgeht. "Das Team nimmt Fahrt auf, arbeitet immer besser", frohlockte Brawn. Vier Pole Positions in sieben Rennen, Nico Rosbergs Sieg in Monaco und die gelungene Integration von Neuzugang Lewis Hamilton machen Lust auf mehr.

Bereit für den Kampf

Der interne Umbau mit der Verpflichtung zahlreicher Top-Ingenieure zeigt endlich Wirkung und soll jetzt abgeschlossen sein. "Ich kann mir keine Zutaten vorstellen, die wir dem Team noch hinzufügen könnten", sagte Brawn.

Mercedes fühlt sich allmählich bereit für den ganz großen Angriff, auch auf Vettel und Red Bull.

"Ich möchte die geballte Power des Konzerns nutzen", bekräftigte Motorsportchef Wolff. Die Formel 1 steuert auf einen erbitterten Kampf der Titanen zu.