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"Es wird wieder ein hartes Match mit Ferrari werden"

Nach der Saison ist vor der Saison.

Beim Show-Run von Weltmeister Sebastian Vettel in Graz ließ Red-Bull-Motorsport-Chef Helmut Marko die abgelaufene Saison Revue passieren und wagte einen Blick in die Zukunft.

Im Blick zurück lobt der Grazer vor allem die Nervenstärke des Heppenheimers, ortet politische Fähigkeiten bei Fernando Alonso und lobt das begeisterungsfähige Publikum in Austin.

Einem möglichen F1-Comeback in Österreich sieht er eher negativ entgegen, bei Dietrich Mateschitz könne man aber nie wissen.

Für nächste Saison erwartet sich Marko wieder einen Zweikampf mit Ferrari.

LAOLA1 mit dem Wortlaut des 69-Jährigen:

HELMUT MARKO ÜBER...

...DAS SPANNENDE FORMEL-1-FINALE

Die Saison hat uns alles abverlangt, aber nicht nur am Ende. In Valencia etwa lag Vettel überlegen in Führung und dann ging die Lichtmaschine kaputt. Der Sieg  war weg und wir sind irgendwie in einen Abwärtsstrudel geraten, der mit 44 Punkten Rückstand seinen Höhepunkt hatte. Aber das hat uns noch stärker zusammengeschweißt. Das ist auch eine der Stärken von Red Bull. Niemand hat die Hoffnung verloren. Ganz so spannend hätte es am Ende natürlich nicht werden müssen. Schon Abu Dhabi war so ein Rennen, bei dem die Nerven mehr als blank lagen. Aber zum Schluss kann man sagen: Ende gut, alles gut.

...DEN ZUSAMMENHALT INNERHALB DES TEAMS

Das ist generell ein ganz wichtiger Faktor. Je länger die Leute zusammen sind, umso besser weiß man über die Stärken und Schwächen der Kollegen Bescheid. Man kann sich aufeinander verlassen. Das hat dann eine Einheit ergeben, die sich in Singapur so richtig ausgedrückt hat. Weil von diesem Rennen an waren wir sowohl beim Qualifying, als auch beim Rennen immer bei den Schnellsten.

…DIE NEUEN QUALITÄTEN DES SEBASTIAN VETTEL IM SPANNENDEN KAMPF UM DEN TITEL

Über die Qualitäten des Herrn Vettel scheint es verschiedene Wissensstände zu geben. Unser spanischer Widersacher scheint da nicht ganz am Laufenden zu sein. Wir wussten immer, dass Vettel überholen kann und dass er Nervenstärke beweisen kann. Auch scheint er nicht zu wissen, dass Vettel zwar in einem Newey-Auto fährt, wir aber zwei Newey-Autos am Start haben und letztlich immer Vettel gewinnt. Was Sebastian in solchen Situationen auszeichnet ist, dass er fast noch ruhiger wird und mit einem unglaublichen Selbstvertrauen sagt: Wir schaffen das. Diese Einstellung schwappt dann auf das ganze Team über. Er hat in sehr schweren und kritischen Rennen einfach keinen Fehler gemacht. Überhaupt ist es schon seit 2009 so, dass seine Formkurve nach der Sommerpause noch einmal bergauf geht. Neben seiner körperlichen Fitness hat er auch die Nervenstärke gehabt, in so einer harte Saison mit all den Rückschlägen noch zuzulegen.

...DIE LEISTUNG DER BOXEN-CREW

Bei 19 Rennen waren wir sehr gut und haben die Boxenstopps immer weiter optimiert. Wir sind jetzt im Training schon unter zwei Sekunden. Beim allerletzten Rennen ist es aber nicht ganz so gut gelaufen, allerdings ist auch der Funk ausgefallen und das macht es in der modernen Formel 1 sehr schwer. Von der Haltbarkeit, der Performance und der Strategie her  ist das Team absolut zusammengeschweißt und nahe am Optimum.

...FERNANDO ALONSO

Er gehört sicher, gemeinsam mit Vettel und Hamilton, zu den schnellsten Piloten, die derzeit in der Formel 1 unterwegs sind. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er nie aufgibt. Aber wenn ich mir die letzten Rennen ansehe, dann glaube ich, dass er Probleme hat, wenn er nicht gewinnt. Da entwickelt er fast schon politische Fähigkeiten und behauptet, er fahre nicht gegen Vettel sondern gegen Neweys Auto. Das deklarieren wir dann als politische Äußerungen.

...DAS GASTSPIEL DES WELTMEISTERS IN GRAZ

1960 haben Jochen Rindt und ich schon ähnliche Stadtkurse absolviert, allerdings teilweise ohne Absperrung und ohne Führerschein. Es ist die Erfüllung eines lange gehegten Jugend-Traums. Es tut mir wahnsinnig leid, dass unser unvergesslicher Jochen Rindt das nicht miterleben kann. Schließlich war er derjenige, der den Formel-1-Sport in Österreich bekannt gemacht hat und die Wertigkeit gegeben hat, die er auch heute besitzt. Ohne ihn gäbe es keinen Red-Bull-Ring und all die anderen Motorsport-Aktivitäten in diesem Land.

...DIE KOMMENDE SAISON

Es wird neue Reifen geben. Das wird, so denke ich, das entscheidende Kriterium sein. Wir sind, wenn man sich die zweite Saisonhälfte ansieht, gerüstet. Wir haben am Anfang der Saison mit Sicherheit unter den Verboten der FIA gelitten. Das kann man durchaus als „Lex Red Bull“ bezeichnen. Jetzt haben wir aber ein wettbewerbsfähiges Auto. Warum sollte sich dann viel ändern? Wir stehen mit der gleichen Crew da, während sich McLaren zum Beispiel durch den Abgang von Hamilton massiv geschwächt hat. Ich sehe trotz Niki Lauda nicht die Chance für Mercedes, dass Hamilton um die WM mitfahren kann. Also bleibt eigentlich nur Ferrari über. Das wird wieder ein hartes Match werden. Aber unsere Techniker befassen sich jetzt schon mit dem Jahr 2013. Interessant wird es dann besonders im Hinblick auf das Jahr 2014, wenn uns eine neue Motoren- und Chassis-Regelung ins Haus steht.  Dann wird es ein komplett neues Auto geben müssen. Hier befinden wir uns aber schon in Gesprächen mit unseren Motoren-Partnern Renault und Infinity, damit wir von dieser Seite das Optimum bekommen.

...DIE NEUE AUFGABE VON NIKI LAUDA

Es ist immer lustig, wenn der Niki dabei ist. Vor allem in seiner unglaublichen Doppelrolle. Bis Sonntag-Mittag ist er beim Mercedes-Team und ab Mittag erklärt er dann seine Erfolge oder Misserfolge als Chef. Das wird spannend.

...EINEN MÖGLICHEN GRAND PRIX VON ÖSTERREICH

Momentan ist es ganz einfach so, dass die Weltwirtschaft in Asien und Südamerika boomt. Es sind Antrittsgelder in der Höhe von 20 bis 30 Millionen Dollar zu bezahlen. Da stellt sich ganz einfach die Frage, woher das kommen soll. Aber bei Mateschitz soll man niemals nie sagen. Schauen wir einmal, wie sich das entwickelt.

...DIE STRECKEN, DIE IN DEN LETZTEN JAHREN NEU DAZUGEKOMMEN SIND

Die Strecken sind heute alle nach einem gewissen Schema aufgebaut. Austin in den USA ist von der Streckenführung her wohl die Interessanteste. Aber es geht auch immer darum, welche Atmosphäre man schafft. Da gibt es ein paar wie Singapur oder eben Austin, die hervorstechen. Dann gibt es aber auch Strecken wie in Korea, wo die Strecke jenseits von Gut und Böse liegt, es nur ein Hotel gibt und auch die Flugverbindungen nicht passen. Solche Sachen werden sich nicht halten. 

...DIE STIMMUNGSVOLLE PREMIERE IN AUSTIN

Es war ein Phänomen. Alle haben nur vom Rennen gesprochen. Die Formel 1 war den Wenigsten bekannt. Das war aber egal. Es ging nur um das Rennen und die Show. Dort gibt es auch ein anderes Zuschauerverhalten. Die kommen in der Früh und bleiben bis es dunkel wird. Es ist ein Event, es wurde auch in der Hauptstadt von Texas richtig gefeiert. Da gab es eine Partymeile so groß wie die Grazer Altstadt. Es war einfach eine angenehme Atmosphäre und alle drei Tage waren ausverkauft.