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Ecclestone und die Politik - eine Doppelmoral

Ecclestone und die Politik - eine Doppelmoral

Für Bernie Ecclestone und "seine" Formel 1 hagelt es in diesen Tagen heftige Kritik.

Nicht nur Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Durchführung des Rennens in einem Land mit derart angespannter politischer Lage.

Force India und Sauber berichteten in den vergangenen Tagen bereits über diverse Zwischenfälle während ihres Aufenthalts in Wüstenstaat.

"Würde Extremisten stärken"

Dennoch wird das Rennen stattfinden. "Ich kann dieses Rennen nicht absagen. Wir haben Vereinbarungen hier zu sein und deshalb sind wir auch hier", stellte der Formel-1-Boss am Freitag zwischen den beiden Trainings klar.

Zur Verstärkung hatte der 81-jährige Brite den Kronprinzen Bahrains, Salman bin Hamad Al Khalifa, im Schlepptau, der eine Absage ausschloss. "Das würde nur die Macht der Extremisten stärken", lautete das Argument des Monarchen.

Eine Nicht-Durchführung des Rennens würde Ecclestone (Zitat: "Damit würde ich vertragsbrüchig werden.") bares Geld kosten. Und Profit steht in der Königsklasse für alle Beteiligten an oberster Stelle.

Politik und Sport getrennt?

Deshalb hatte man in der Vergangenheit auch nie Probleme unter Militär-Diktaturen in Spanien, Argentinien oder Brasilien zu fahren. Seit einigen Jahren dreht die Rennserie in China ihre Runden, auch Autokratien wie Malaysia oder Singapur schmücken sich mit dem PS-Spektakel.

Ein besonderes Kapitel war auch der lange im Kalender befindliche Grand Prix von Südafrika, den man trotz der diskriminierenden Apartheid (strenge und gesetzlich vorgeschriebene Trennung von weißer und schwarzer Bevölkerung Südafrikas inkl. repressiver Maßnahmen gegen Letztere) jahrzehntelang durchführte.

Erst nachdem sich die Vereinten Nationen zu einem informellen Boykott des "kulturellen Austauschs" mit Südafrika durchringen konnten, kehrte auch die Formel 1 dem Staat 1985 den Rücken.

Ecclestones Doppelmoral

Ecclestone wies in Bahrain einmal mehr auf die strikte Trennung von Politik und Sport hin: "Wir als Sport sind nicht politisch!" Ausgerechnet der Brite hielt sich in der Vergangenheit aber selten an diese Trennung.

1997 intervenierten er und der damalige FIA-Präsident Max Mosley höchstpersönlich beim britischen Premierminister Tony Blair, als dieser mit seiner Labour Party ein EU-weites Tabak-Werbeverbot durchbringen wollte.

Da zum damaligen Zeitpunkt mit Williams (Rothmans), Ferrari (Marlboro), McLaren (West), Jordan (Benson & Hedges) und Benetton (Mild Seven) alle führenden Formel-1-Teams Zigarettenmarken als Hauptsponsoren hatten, befürchteten Ecclestone und Mosley riesige finanzielle Einbußen.

Im Sinne der Formel 1

Ein persönliches Gespräch mit der Labour-Führung reichte, und schon bekam die Formel 1 eine Ausnahmegenehmigung um das Tabak-Werbeverbot zu umgehen.

Auch 2007 mischte sich Ecclestone in das politische Tagesgeschäft ein: Damals in Spanien, als er vor den Regionalwahlen in Andalusien damit drohte, das bereits ausverhandelte Rennen in Valencia aus dem Kalender zu werfen, falls die spanische Volkspartei (Partido popular) die Wahlen gewinne.

In Bahrain stellte Ecclestona aber einmal mehr klar: "Es liegt nicht an uns, Entscheidungen für das Land zu treffen oder uns in die Politik einzumischen. Das tun wir nirgendwo."

Bei solchen Aussagen könnte man den F1-Boss beinahe einer Doppelmoral bezichtigen.

Chefs halten sich bedeckt

Die Formel-1-Teams konnten sich indes nicht zu politischen Statements zur bedenklichen Sicherheitslage in Bahrain durchringen.

Die offizielle Pressekonferenz der Teamchefs (inkl. Norbert Haug, Stefano Domenicali, Christian Horner und Martin Whitmarsh) soll einem Spießrutenlauf geglichen haben, in dem die Führungskräfte die kritischen Fragen der Journalisten so gut wie möglich zu umschiffen versucht haben sollen.

Kein Wunder: Für die beteiligten Konzerne geht es um ihre wirtschaftlichen Interessen. Für Ferrari und Daimler ist die Region ein wichtiger Absatzmarkt für Luxusautos. Bei McLaren ist Bahrain sogar 50-prozentiger Teilhaber.

Team-Boykott ist kein Thema

Ein Startverzicht einiger Teams steht nicht im Raum. Zu hoch wären die Strafzahlungen, die ein Rennstall in diesem Fall zu entrichten hätte.

Auch Force India begründete sein Nicht-Antreten im 2. freien Training mit "logistischen Gründen", anstatt offiziell Sicherheitsbedenken zu äußern, nachdem am Donnerstag ein Molotov-Cocktail nur wenige Meter von einem Fahrzeug voller Force-India-Mitarbeiter explodiert war.

Michael Höller