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Analyse: Keine Qualitätsprobleme bei Pirelli-Reifen

Analyse: Keine Qualitätsprobleme bei Pirelli-Reifen

Pirelli hat nach den spektakulären Reifenschäden von Spa kein Qualitätsproblem festgestellt, aber damit nicht alle Piloten überzeugt.

"Platzer bei so einem Tempo sind nicht akzeptabel", beharrte Sebastian Vettel, der schon in Belgien heftige Kritik geübt hatte, nach Bekanntwerden der Testergebnisse in Monza. Der Motorsport-Weltverband (FIA) ist hingegen vorerst zufrieden.

Denn die FIA stellte sich nach Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse am Donnerstag vor dem Italien-Grand-Prix hinter den italienischen Lieferanten. Man werde alle für Monza sowie die restliche Saison vorgeschlagene Maßnahmen in Betracht ziehen, hieß es in einer Aussendung. Handlungsbedarf ist da, denn Monza ist die schnellste Strecke im Formel-1-Kalender.

Viele Schnittbeschädigungen an den Reifen

Pirelli hatte nach den Reifenschäden am Ferrari Vettels und dem Mercedes von Nico Rosberg in Belgien genaue Untersuchungen der Pneus angestellt, aber keine Materialermüdungen oder andere strukturelle Qualitätsprobleme festgestellt. Vielmehr eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Schnittbeschädigungen.

Exakt 63 waren es laut Pirelli. In den 15 Grand-Prix-Rennen davor seien es im Schnitt hingegen nur 1,2 pro Event gewesen. Vermutet wird, dass in Spa besonders viele kleine Trümmerteile von Rahmenrennen auf der Piste lagen und zu den Reifenschäden an den Formel-1-Autos geführt haben. Pirelli hat daher eine Studie angeregt, um künftig Rennstrecken noch effizienter reinigen zu können. In Monza sollen zudem erhöhter Reifendruck und ein anderer Rad-Sturz die Sicherheit erhöhen.

In Spa hatte vor allem Vettel heftige Kritik geübt, nachdem sich sein rechter Hinterreifen explosionsartig aufgelöst hatte. Pirelli hatte mit Gegenkritik reagiert, weil Ferrari auf eine riskante Einstopp-Strategie gesetzt hatte. Die Tests hätten nun gezeigt, dass die Reifenschäden von Spa auf das außergewöhnliche Zusammenwirken von Trümmerteilen und zu langem Gebrauch der Reifen zurückzuführen seien, hieß es in der Aussendung des Mailänder Unternehmens.

"Raum für Verbesserungen"

Bei Rosberg habe ein Teil den Reifenmantel beschädigt. Dank mikroskopischer Untersuchungen habe man auch einen weiteren ähnlichen Fall entdeckt, ohne dass der Reifen kaputtgegangen wäre, hieß es. An Vettels Ferrari hingegen habe die Laufflächendicke ungefähr nur noch 30 Prozent betragen, was den Hinterreifen zusätzlich anfällig für selbst kleinste Trümmerteile gemacht habe.

Vettel überraschte nun mit der Aussage, man habe seine doch sehr deutliche Spa-Kritik ("Die Qualität ist miserabel") etwas falsch interpretiert. In Monza versuchte er es diplomatischer.

"Es geht in die richtige Richtung. Am wichtigsten ist, dass man genau und professionell untersucht hat und bereit ist, daraus zu lernen. Aber da ist immer noch Raum für Verbesserungen", beharrte der Deutsche bei der Fahrer-PK am Donnerstag. Landsmann Rosberg meinte: "Ich hoffe, dass wir hier in Monza unter sicheren Bedingungen fahren."

Bleibt Pirelli Reifenausrüster der F1?

Etwas gelassener sehen das einige Kollegen. "In Spa ist so etwas nichts Außergewöhnliches", meinte etwa Daniel Ricciardo von Red Bull. Der 34-jährige Routinier Felipe Massa (Williams) brachte es auf den Punkt. "Dreck und Teile sind überall auf den Strecken. Die Reifen müssen einfach stark genug sein, um das auszuhalten."

Vierfach-Weltmeister Vettel blieb dennoch kritisch und hält Reifenplatzer bei Höchstgeschwindigkeit für unakzeptabel. "Langfristig müssen wir einfach verstehen, warum das passiert ist", forderte Vettel und erinnerte: "Wir hatten schon vor Jahren eine unakzeptable Situation. Es kam eine sofortige Änderung und das Problem war verschwunden."

Die Diskussion kommt in einem heiklen Moment. Noch im September wird entschieden, wer ab 2017 der exklusive Reifenausrüster der Königsklasse wird. Neben Pirelli hat sich auch Michelin beworben. Pirelli ging nicht zuletzt deshalb in Italien in die Offensive. 13.784 Slicks habe man 2015 bisher zur Verfügung gestellt. Bis dato sei kein einziges Problem aufgetaucht, was die Qualität des Produktes beweise.