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"Die Super-Erfolgreichen ticken alle so"

Sie sind kompromisslos und schmücken sich mit Titeln, pflegen aber auch den Ruf der bösen Buben.

Der viermalige Formel-1-Champion Sebastian Vettel hat sein Rennfahrer-Credo einst so formuliert: "Ich entschuldige mich nicht fürs Gewinnen. Dafür bin ich an erster Stelle angestellt worden und darum bin ich hier."

Bei Lewis Hamilton klingt es so: "Es ist das Schlimmste, wenn du mein Teamkollege bist."

"Du musst manchmal brutal sein"

Wer so fährt, so denkt und es vor allem so ausspricht wie der nun dreifache Weltmeister Hamilton, wer sich gegen eine Teamorder stellt wie Vettel einst in Sepang im Red Bull oder wer seinen Stallkollegen sogar bei der Einfahrt in die Boxengasse abdrängt wie einst Fernando Alonso gegen Felipe Massa im Ferrari, der hat schnell seinen Ruf eingebüßt. Trotz aller Weltmeistertitel.

2004 hatte Schumacher seine Rekordsammlung mit fünf Triumphen in Serie auf bisher unerreichte sieben erhöht. "Ich mache einen Job, und den will ich bis zum absoluten Maximum erfüllen. Wenn du gewinnen willst, gehst du an alle Grenzen", betonte Schumacher einmal und nannte das nicht kompromisslos, sondern "konsequent". Sein Credo: "Du musst manchmal brutal sein, auch zu dir selbst, wenn du im Wettbewerb stehst."

Ayrton Senna - dreimaliger Champion, Formel-1-Legende und das große Idol Hamiltons - habe vor dem Rennen die Bibel gelesen und im Rennen sei er einem über den Kopf gefahren, erzählte vor vielen Jahren dessen ehemaliger Rivale Gerhard Berger. Der Österreicher kam zu dem Schluss: "Die Super-Erfolgreichen ticken alle so."

Hamilton nicht wie Schumacher

Hamilton, Vettel, Alonso, Schumacher - vier Typen ähnlichen Schlags, die mit Ausnahme von 2007 und 2009 sämtliche WM-Titel seit 2000 unter sich ausgemacht haben. Auch, weil Fahrer wie Hamilton dazulernen: 2007 hatten er und sein damaliger McLaren-Mitstreiter Alonso derart miteinander rivalisiert, dass Kimi Räikkönen im Ferrari den Titel als lachender Dritter in einem irren Finale in Brasilien holte. 2009 gewann "Gentleman" Jenson Button hauptsächlich wegen des revolutionären Doppel-Diffusors im BrawnGP.

2015 hat Hamilton seinen Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg phasenweise vorgeführt. Mit Schumacher will sich Hamilton dennoch nicht in einen Topf werfen lassen. "Ich habe niemals Dinge getan, um wie Michael die Weltmeisterschaft zu gewinnen", hielt der selbstbewusste Engländer nach seiner Ankunft in Mexiko in einem Interview mit der Agentur Reuters fest. "Ich habe immer durch gegebenes Talent gesiegt", fügte er schmunzelnd an.

Erst beim Europa-Abschied im September in Monza hatte Hamilton zuletzt seine neuen Ansprüche in markige Sätze gepackt, indem er seine neueste Adler-Tätowierung als "Zeichen eines geborenen Anführers" erklärte. Ein Adler könne zudem ungeduldig werden mit jenen, die nicht so hoch oder schnell fliegen können wie er selbst, schrieb Hamilton damals.

Mexiko den Stempel aufdrücken

Nach Mexiko kommt Hamilton freilich entspannt, nachdem er am Sonntag in Austin Rosbergs unerklärlichen Fehler genutzt hatte, um mit dem zehnten Saisonsieg vorzeitig seinen dritten Fahrer-Titel einzustreifen. "Ich kann es noch immer nicht glauben, dass ich dreimaliger Weltmeister bin", gestand er. "Aber jetzt bin ich hier, um an diesem Wochenende Spaß zu haben", sagte er in der mexikanischen Hauptstadt.

Seine Ansprüche hat der Engländer deshalb aber nicht herunter geschraubt. "Ich hatte schon das ganze Jahr über Spaß, hier wird es nun noch mehr sein. Aber es ist der erste Mexiko-Grand-Prix, also will ich ihn gewinnen", erklärte Hamilton. "Als Fahrer willst du immer dem ersten Rennen in einem Land deinen Stempel aufdrücken."

"Ich bin mir aller Gefahren bewusst"

Den ersten Mexiko-Spaß hatte Hamilton schon am Mittwoch. Bei einem PR-Event trat er in einem Schaukampf gegen maskierte Ringer an und erhielt nach einem erfolgreichen Wurf viel Applaus sowie ein Totenkopf-Ornament, das er prompt in Hamlet-Pose präsentierte. Mexiko feiert am kommenden Wochenende den "Tag der Toten" (Dia de Muertos), es ist einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage.

Auch für Hamilton ist es ein Fest, in dem es in Wahrheit um das Leben geht. "Ich bin mir bei allem was ich mache bewusst, wie kurz das Leben sein kann. Deshalb lebe ich so, wie ich lebe", sagte er und erklärte: "Ich habe Freunde und Familienmitglieder, die haben ihr ganzes Leben nur gearbeitet und konnten nie das machen, was sie wirklich wollten. Ich arbeite hart, ich spiele hart. Aber ich bin mir jede Sekunde im Auto des vollen Risikos und aller Gefahren bewusst. Solang man das respektiert, ist es okay."