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Der Jäger im Lammfell

Der Jäger im Lammfell

Auch wenn am Boden der Bär steppt, im Cockpit bekommen die Piloten des Red Bull Air Race davon nichts mit.

Zu laut ist der Motor, zu eng der Tunnelblick.

Was einige der Piloten angesichts der zuletzt rund 130.000 Zuschauer in Gdynia wieder bedauerten, kann Hannes Arch am anstehenden Wochenende wohl nur recht sein.

Denn in Ascot ist der Steirer der große Gejagte. Das Schicksal will es, dass ihm über der traditionsreichen englischen Pferderennbahn mit Paul Bonhomme und Nigel Lamb ausgerechnet zwei Briten im Nacken sitzen.

Leichtes Stottern

Insofern ist es nicht von Nachteil, dass sich der Vorsprung des 46-Jährigen zuletzt auf fast schon WM-vorentscheidende 13 Punkte vergrößerte.

Bei Verfolger Bonhomme steckt ein wenig der Wurm drin. Nach einem Motoren-Problem in Putrajaya (5.) kostete ihm in Gdynia (5.) ein Flugfehler den Einzug in die Final-4.

Nutznießer davon war neben Arch auch Lamb. Der Oldie sicherte sich in Malaysia im zarten Alter von 57 Jahren nicht nur seinen allerersten Sieg im Air-Race-Zirkus, sondern schaltete sich mit Rang zwei in Polen endgültig in das Rennen an der WM-Spitze ein.

Ein Luftikus

Dem alten Haudegen aus Oxfordshire liegt das Fliegen im Blut. Sein Vater war Pilot der Royal Air Force im zweiten Weltkrieg. Nigel, der in der britischen Kron-Kolonie Rhodesien (heutiges Simbabwe) geboren wurde, wurde früh mit dem „Virus“ infiziert. Bereits mit elf bewarb er sich für die rhodesische Air Force. Erst mit 18 wurde aufgenommen.

Egal ob Helikopter oder Jet, Lamb lernte es zu fliegen. 1980 übersiedelte er nach England und wurde Kunstflieger.

Eine Leidenschaft, der er 30 Jahre lang nachging. Geschätzte 1.770 Shows in über 30 Ländern, einzigartige acht britische Meistertitel in Folge im „Unlimited Aerobatic“-Fliegen sowie diverse Auftritte in Werbespots und Filmen folgten.

Lammfromme Söhne

Lammfromme Söhne
Nigel Lamb mit zwei seiner drei Söhne und Gattin Hilary

Im Air-Race-Tross gilt der Brite als lebender Beweis, dass man im Alter sogar noch besser werden kann.

Wie er es schafft, sich sogar während eines Wochenendes enorm zu steigern, verriet er kürzlich am Rande des Rennens in Gdynia. Der Grund seien seine drei Söhne Max, Daniel und Ben. Das Trio bekam die Flieger-Gene ihrer Eltern – Mutter Hilary ist ebenfalls erfolgreiche Kunstpilotin – in die Wiege gelegt und verfolgt neben helfenden Tätigkeiten im Hangar jeden Auftritt ihres Vaters ganz genau.

„Wenn ich nach den ersten Trainingseinheiten auf einer Strecke zurückkomme, dann schreibt mir jeder der drei ganz genau auf, was ich wo noch besser fliegen muss. Das sind dann manchmal richtige Stapel“, schmunzelt der stolze Papa. „Wenn ich all die Dinge umsetzen kann, die sie mir sagen, dann muss ich zwangsweise schneller sein.“

Vielleicht sollte sich auch Arch einmal Gedanken bezüglich Nachwuchs‘ machen…

Reinhold Pühringer