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Mittendrin im Motorsport-Mekka

Mittendrin im Motorsport-Mekka

Das Mekka des Motorsports. Die Renn-Hauptstadt der Welt. Der Indianapolis Motor Speedway.

Im Osten des Mittleren Westens liegt der Bundesstaat Indiana und in dessen Hauptstadt die wohl berühmteste Rennstrecke auf diesem Planeten.

Leicht zu finden ist sie deshalb aber nicht. Auto-Normal-Europäer müssen schon genau schauen, bis sie sich ins Mekka vorgekämpft haben.

In der Anfahrt liegt der Speedway fast ein wenig unscheinbar neben einem Gewerbegebiet im Westen der Stadt. Auf der einen Seite die üblichen Essens-Hochburgen wie Wendy's und Taco Bells.

Stahltribünen sind nicht zu übersehen

Doch dann sind sie auf der anderen Seite nicht mehr zu übersehen, die großen, steilen Stahltribünen, die am Sonntag (17:35 Uhr LIVE bei ServusTV) wieder um die 400.000 Menschen tragen werden.

Keine andere Sportveranstaltung der Welt hat mehr Zuschauer an einem Tag wie die Indy500. Indianapolis hat heuer dahingehend das Double gewonnen.

Schon im Februar trug die Hauptstadt des Indianer-Staates das größte Einzelsportevent des Jahres aus: die Super Bowl XLVI.

Am Tag nach diesem Mega-Event ist LAOLA1 zu Gast am Speedway.

Es ist Februar. Noch ist das Indy500-Wochenende meilenweit entfernt. Dennoch herrscht Betrieb am Montag nach der Super Bowl. Warum auch nicht. Nur Weihnachten und Thanksgiving ist hier zu.

Man geht unterhalb der Tribünen und auch der Rennstrecke mitten hinein ins riesige Oval. Riesig trifft es dabei ganz gut.

Nicht weniger als 253 Acres ist der Speedway groß. Also etwas mehr als ein Quadratkilometer. Anders formuliert: Das Yankee Stadium, die Rose Bowl und der Vatikanstaat würden allesamt hineinpassen - und es wäre immer noch Platz.

Nicht nur Indy500

Mittendrin im Oval steht die "Hall of Fame" des Speedways. Heuer wird Indy500 zum 101. Mal ausgetragen, viel Ruhm ist damit verbunden.

Die Strecke in ihrer Gesamtheit einzusehen, ist wie auf anderen Strecken unmöglich. Ein Oval-Kurs macht die Vorstellung allerdings einfacher.

Doch gibt es einen Infield-Kurs, schließlich wird auch etwa Motorrad gefahren. Am 19. August geht hier das MotoGP-Rennen über die Bühne.

Seit Jahren nicht mehr zu Gast ist hingegen die Formel 1, die auch auf dem Infield-Kurs unterwegs war. Acht Mal fand der Grand Prix der USA hier statt.

Barrichello hält einen Rekord

Von 2000 bis 2007 wurde er gefahren, zudem zählte das Indy500 zwischen 1950 und 1960 zur Formel-1-WM. Der letzte Sieger heißt Lewis Hamilton, der Rekordsieger Michael Schumacher mit vier Siegen.

Die bislang schnellste Infield-Kurs-Zeit fuhr allerdings Rubens Barrichello in 1:10,399 Minuten. Heuer ist der Brasilianer bei den Indy500 am Start. Gutes Omen.

Nicht ungewöhnlich, dass Piloten vor oder nach ihrer Formel-1-Karriere die Indy500 in Angriff nehmen. Das fällt einem auch in der "Hall of Fame" auf.

Parallel hinter den Boxen und der Zielgerade befindet sich dieses wie ein Schulgebäude wirkende Haus, das neben der Ruhmeshalle natürlich auch einen Giftshop enthält.

Eine Runde mit dem "Schulbus"

Zehn Dollar zahlt man für den Eintritt. Darin inkludiert: Eine Runde im Bus auf dem Ovalkurs. Auf jener Strecke, wo am Sonntag die IndyCar-Boliden mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von rund 275 Kilometer pro Stunde durchknallen.

200 Runden müssen die Piloten drehen, um auf die 500 Meilen (804 Kilometer) zu kommen. Das dauert etwa drei Stunden.

Eine Runde mit dem "Schulbus" dauert etwa zehn Minuten.

Am 6. Februar scheint Ferienzeit zu sein, man fährt alleine mit dem Bus seine Runde. Mit an Board, der Mittfünfziger Jim, der einen chauffiert.

Durch und durch ein Motorsport-Fan, der natürlich auf alle Fragen eine Antwort liefern kann. Etwa: "Ist das ein Golfplatz im Kurs?"

"Ja, der geht von außen über die Strecke", erklärt Jim. Der Name ist dahingehend einleuchtend: Brickyard Crossing Golf Course.

Apropos Brickyard. Auf der Zielgerade fahren wir bewusst langsam, um den Moment besonders genießen zu können.

Schließlich ist die Ziellinie genau als jener Brickyard so stehen gelassen worden, wie einst die ganze Strecke einmal war: Mit Ziegelsteinen gepflastert.

Einen weiteren Fakt hat Jim noch kurz vor Ende der zehnminütigen Rundfahrt parat: "Ein IndyCar hätte uns in dieser Zeit 15 Mal überrundet."

40 Sekunden versus 10 Minuten

Das "Wow" legt sich nach der Antwort auf die Frage, wie lange die denn für eine Lap brauchen? "Weniger als 40 Sekunden", sagt Jim. Und Jim hat immer recht.

Die Ruhmeshalle lässt dann das Motorsport-Herz ähnlich wie auf der Track höher schlagen. Autos und andere Vehikel sind ausgestellt.

Alles, was dieser Circuit zu erzählen hat, findet sich in der "Hall of Fame" wieder.

Etwa das Siegerauto des Premieren-Winners Ray Haroun. Auch die Helden sind nicht zu übersehen. Jene Piloten, die nach einem Sieg bei den Indy500 mit einem Kranz, Pokal und der obligatorischen Milch ausgestattet werden.

Rekordsieger und alte Bekannte

Die Familie Unser hat dabei ordentlich zugeschlagen: Al Unser ist mit vier Siegen einer der Rekordhalter, sein Bruder Bobby mit drei auch nicht gerade unerfolgreich. Und Sohnemann Al Junior hat sie auch zwei Mal gewonnen.

Rick Mears und A.J. Foyt haben ebenso vier Siege zu Buche stehen. Am Sonntag könnte der Brasilianer Helio Castroneves mit einem Triumph gleichziehen.

Jüngere Menschen erkennen auch alte Bekannte auf den Siegerfotos: Juan-Pablo Montoya, später Williams-BMW- und McLaren-Pilot in der Formel 1, gewann 2000. 1995 schon schaffte es Jacques Villeneuve, der zwei Jahre später F1-Weltmeister wurde.

Der Tod fährt auch mit...

Die Zeit in der Ruhmeshalle vergeht wie im Flug. Wie für die Piloten eine Runde im Cockpit. Aktuell herrscht Ausnahmezustand in Indianpolis und vor allem rund um die Strecke.

Wenn es heiß ist, laut wird und nach Motoröl und Reifen riecht, ist klar was Sache ist. Die Motorsport-Welt blickt zu einem der prestigeträchtigsten Rennen der Welt.

Und auch schon im Februar ist das Dröhnen leise zu hören. Zu viel Geschichte trägt diese Strecke in sich. Auch traurige: 14 Piloten ließen hier ihr Leben.

Und dass dieser Rennsport nach wie vor gefährlich ist, beweist die Tatsache, dass Dan Wheldon seinen Sieg 2011 nicht verteidigen kann. Er starb vergangene Saison in Las Vegas auf der IndyCar-Strecke.

Heldentum und Drama. Alles vereint auf einem Areal. Faszination Indy. Nicht umsonst nennt es sich auch Motorsport-Mekka.

 

Bernhard Kastler