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Wettskandal: Die Spur führt nach Asien

Wettskandal: Die Spur führt nach Asien

Es ist ein Multimilliarden-Geschäft in Asien: illegale Fußballwetten.

Das Gewerbe ist hochgradig mafiös. Obwohl in China solche Sportwetten verboten sind, wird das Geschäft allein im Reich der Mitte auf zig Milliarden Euro geschätzt.

Mindestens zehn Millionen Chinesen wetten laut Staatsmedien auf Fußballspiele - oft über dunkle Netzwerke oder Webseiten.

Eigenwillige Zahlungswege

"Wenn ich gewinne, bekomme ich das Geld auf mein Konto überwiesen", erzählt ein Mann aus Peking der Nachrichtenagentur dpa.

Meist behält die Buchmacherbande einen Schnitt von 10 bis 20 Prozent.

"Wenn ich verliere, zahle ich direkt an einen Mitarbeiter in der Bar, wo ich wette, oder wenn es über Telefon war, kommt jemand bei mir vorbei, um das Geld zu kassieren."

Das Geschäft blüht

Seine Kontakte in dem dubiosen Gewerbe sind ihm von Freunden und Bekannten vorgestellt worden.

"Ich kenne die Leute nicht, die hinter diesem Geschäft stehen und tatsächlich meinen Einsatz wetten", sagt der 28-Jährige.

Es ist eine Pyramidenstruktur mit vielen Ebenen. Das Geschäft blüht. Allein bei der Fußball-WM 2010 sollen Chinesen eine Billion Yuan, umgerechnet 100 Milliarden Euro, gewettet haben, wie chinesische Staatsmedien berichteten.

Zahlreiche Kartelle

Erst im November wurde in Shanghai ein Wettkartell ausgehoben, das allein seit Jänner 2012 mehr als 70 Milliarden Yuan, umgerechnet fast eine Milliarde Euro, umgesetzt haben soll.

Es hatte Verbindungen zu 20 ausländischen Webseiten, die von Chinesen betrieben wurden und meist in Südostasien beheimatet waren.

Dass die Spur von Europol in dem bisher größten europäischen Fußballwettskandal nach Singapur führt, überrascht Branchenkenner überhaupt nicht.

Es liegt nicht allein an der Fußballbegeisterung der Menschen in dem Stadtstaat, sondern an seiner Bedeutung als Steuerparadies und Finanzdrehscheibe.

"Wie ein Finanzprodukt"

"Singapur ist definitiv das Epizentrum, weil dort das Geld aus ganz Asien zusammenfließt", sagt der italienische Journalist und Experte Antonio Talia, der für europäische Medien die Wettindustrie in Asien unter die Lupe genommen hat.

"Es gibt ein weitverzweigtes System von Wettorganisationen im Untergrund, das perfekt dazu passt, Spiele zu manipulieren", sagt Talia. "Spielabsprachen sind wie ein Finanzprodukt."

Es fließe auch Schwarzgeld aus China nach Singapur, das in Wetten und Spielabsprachen reinvestiert werde.

Ganze Teams gekauft?

Die Banden seien auch an Spielen der dritten oder vierten Liga interessiert, weil sie - schon wegen der niedrigen Gehälter für die Spieler - leichter zu manipulieren seien.

Es gebe Gerüchte, dass hier ganze europäische Mannschaften gekauft sein könnten. Dazu passt es auch, dass im Februar 2011 der Singapurer Wilson Raj Perumal im finnischen Rovaniemi verhaftet wurde.

Als einer der berüchtigtsten Wettbetrüger soll er versucht haben, das örtliche Team zu unterwandern. Er gilt als Drahtzieher von Wettskandalen in Europa, Asien und Afrika und bekam zwei Jahre Haft.

Eigenwillige Vertrauenswürdigkeit

Gewettet wird aber nicht nur auf Sieg oder Niederlage. Auf illegalen Webseiten, die fast wöchentlich ihre Adresse ändern, werden Spiele in jeweils 10 oder 15 Minuten aufgeteilt: Wer schießt das nächste Tor? Wer bekommt einen Freistoß? Wer schießt den nächsten Eckball?

Gewinne werden für künftige Spieleinsätze oder einfach auf der Kreditkarte gutgeschrieben.

Auf die Buchmacher sei Verlass, berichtet Experte Talia: "Zumindest in diesem Punkt sind sie ehrlich, weil sie vertrauenswürdig erscheinen wollen."