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Der Kapitän aus Stuttgart

Der Kapitän aus Stuttgart

„Die Vorfreude ist riesig. Für mich geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Nach der echten WM ist die U20-WM das Größte.“

Francesco Lovric kann es kaum erwarten. Am Samstag (9 Uhr) startet die ÖFB-U20 mit dem Spiel gegen Ghana in die Endrunde in Neuseeland.

„Wir sind auf jeden Fall Außenseiter. Aber wir werden unser Bestes versuchen. Mal sehen, was dann rauskommt. Der Favorit in unserer Gruppe ist Argentinien“, so die Einschätzung des 19-Jährigen.

Der Defensiv-Allrounder wird die ÖFB-Talente in Wellington als Kapitän aufs Feld führen. „Eine große Ehre“, sagt der Wiener. Obwohl er die Schleife trägt, sieht er sich nur als einer von vielen: „Unser Teamgeist macht uns aus. Wir agieren als Mannschaft, nicht als Einzelspieler.“

Vertrag in Stuttgart verlängert

Die Reise ans andere Ende der Welt trat Lovric entspannt an. Mit der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart hatte er den Klassenerhalt in der dritten Liga fixiert und auch seine Zukunft wurde unmittelbar vor dem Abflug geklärt.

„Ich habe meinen Vertrag für ein Jahr verlängert. Ich hatte mit Robin Dutt (Anm.: Stuttgart-Sportdirektor) und Rainer Adrion (Anm.: Sportlicher Leiter U17-U23 bei Stuttgart) sehr gute Gespräche. Sie halten viel von mir und setzen auf mich. Ich bin froh, dass das erledigt ist“, so Lovric.

Er konkretisiert: „Ich werde künftig wieder öfter bei den Profis trainieren und soll in der zweiten Mannschaft eine Führungsrolle einnehmen. Um mich zu entwickeln, soll ich noch rund 20 Spiele bei den Amateuren machen, bevor ich zu den Profis stoße.“

Erste Gehversuche in Wien-Favoriten

Der 28-fache Nachwuchs-Teamspieler ist bereits im Sommer 2011 nach Stuttgart übersiedelt. Seine ersten fußballerischen Gehversuche machte er jedoch schon viel früher.

„Mein Vater, der aus Bosnien-Herzegowina kommt, hat in seiner Heimat auch gekickt. Er hat mit mir schon Fußball gespielt, als ich noch ganz klein war“, erzählt der ÖFB-Legionär, der nicht mit Sturms Sandi Lovric verwandt ist. Sein erster Verein war das Team Wiener Linien.

Nach einem Jahr wechselte der Knirps innerhalb Wien-Favoritens: „Mit sieben Jahren habe ich bei der Austria ein Probetraining gemacht und wurde genommen.“ Mit 15 Jahren verließ er die Akademie der Violetten und nahm ein Angebot aus Stuttgart an.

"Es war eine schwere Zeit"

„Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Schritt mache. Im Nachhinein gesehen war es die richtige Entscheidung. Ich bereue es nicht. Österreich ist aber auch ein super Sprungbrett. Jeder muss selbst wissen, ob er in diesem Alter schon bereit ist, seine Familie und seine Freunde zu verlassen“, sagt er.

Lovric spricht aus Erfahrung: „Ich war mit 15 Jahren weg von den Eltern, von der Familie, von meinen Freunden – es war eine schwere Zeit. Aber ich habe mich dann super eingelebt.“ Mittlerweile hat er die Schule abgeschlossen und auch das VfB-Internat hinter sich gelassen – der Teenager hat seit einem Jahr eine eigene Wohnung.

Zurück auf der Sechs

Auch einen Positionswechsel hat der Wiener beim VfB schon hinter sich gebracht: „Stuttgart hat mich damals als Sechser geholt, dann habe ich aber in der Innenverteidigung ausgeholfen. Aktuell sehen sie mich aber ganz klar auf der Sechs. Das ist auch meine Lieblingsposition.“

Sich wieder im zentralen Mittelfeld zurechtzufinden, sei für ihn aber nicht so einfach gewesen: „Die Umstellung war vom Läuferischen her schon schwierig, ich habe ein paar Monate gebraucht. Aber grundsätzlich liegt mir diese Position: Ich will den Ball haben und ihn verteilen.“

Das durfte er in der abgelaufenen Saison insgesamt 21 Mal bei den Amateuren. „Ab und zu“ trainierte er bei den Profis, wobei 2014/15 in Stuttgart im beinharten – und letztlich erfolgreich absolvierten – Kampf gegen den Abstieg wenig Rücksicht auf die Talente genommen wurde. In der kommenden Spielzeit soll sich das wieder ändern.

Darauf hofft freilich auch Lovric: „Ich werde alles dafür tun, um in der Bundesliga zu spielen.“ Doch zunächst steht erst einmal die U20-WM auf dem Programm.

Harald Prantl