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Der "Engländer" aus Voitsberg

Der

Rund 1,90 Meter groß und breite Schultern. Wer Kevin Danso gegenübersteht, glaubt nicht, dass er gerade mal 16 Jahre alt ist.

„Wenn der in einen Zweikampf geht, rumpelt es“, sagt Manfred Zsak über ihn. Der Teamchef hat den gebürtigen Steirer mit zur U17-EM nach Bulgarien genommen.

Dort lief der Teenager beim 1:1 zum Auftakt gegen Spanien von Beginn an auf. Es war das elfte Nachwuchs-Länderspiel des Deutschland-Legionärs. Und gewiss sein bisher wichtigstes.

„Es war ein schwieriges Spiel, das 1:1 ist für uns ein guter Start. Ich habe versucht, mich vom Drumherum der EM nicht ablenken zu lassen. Das ist mir ganz gut gelungen, auch wenn ich nicht mein bestes Spiel gemacht habe“, sagt er nach dem Start ins Turnier.

Vom Bruderherz empfohlen

Dass der ÖFB überhaupt auf Danso gekommen ist, ist einem seiner großen Brüder zu verdanken. „Er war vor zwei Jahren zum ersten Mal bei mir dabei. Wir wussten damals nicht, dass es ihn überhaupt gibt. Sein Bruder hat ein Mail an den ÖFB geschrieben und auf ihn hingewiesen. Dann haben wir ihn eingeladen“, erzählt Zsak.

Kevin Danso im Gespräch mit LAOLA1-Redakteur Harald Prantl

Der Kicker erinnert sich noch gut daran: „Es war immer schon ein Traum von mir, in der österreichischen Nationalmannschaft zu spielen. Als ich zum ersten Mal einberufen wurde, habe ich mich richtig gefreut. Vor dem ersten Spiel war ich richtig nervös.“

Es ist nicht verwunderlich, dass der heimische Verband das Talent bis dahin nicht auf der Rechnung hatte. In Voitsberg als Sohn ghanaischer Eltern geboren, übersiedelte Danso mit seiner Familie bereits im Alter von sechs Jahren nach England.

Mit sechs Jahren auf die Insel

„Es war schon schwierig, weil ich die Sprache nicht konnte“, sagt der Mittelfeldspieler über die erste Zeit in Milton Keynes - eine Stadt, die rund eine Autostunde nordwestlich von London liegt.

Wie er zum Kicken gekommen sei? „Ich habe zwei große Brüder, die beide bei Sturm Graz im Nachwuchs Fußball gespielt haben. Wenn sie daheim gekickt haben, war ich immer dabei“, so Danso. Mittlerweile hätten die beiden den Fußball aber aufgegeben und sich akademischen Karrieren gewidmet.

Danso selbst hat auf der Insel erstmals so richtig Klub-Fußball gespielt: „Ich war in der U8 ein Jahr lang bei einem kleinen Verein, dann bin ich nach Reading gewechselt, war aber nur ein halbes Jahr dort und danach bin ich zu den MK Dons.“

Dort hat er sich seine ersten Sporen verdient. „Sie haben eine tolle Jugendarbeit, wenngleich die erste Mannschaft nicht so gut ist. In England ist der Nachwuchs von Milton Keynes für seine Spielweise berühmt – dort wird Tiki-Taka praktiziert“, berichtet er.

Veränderung in Augsburg

Dennoch sah der Nachwuchs-Internationale Anfang 2014 die Zeit zu einer Veränderung gekommen. „Ich wollte einfach wechseln. Ich hatte das Gefühl, mich in Milton Keynes nicht mehr weiterentwickeln zu können“, sagt Danso. Da kam die Möglichkeit FC Augsburg gerade recht.

Wieder ein neues Land, wieder eine „neue“ Sprache. „Ich habe zehn Jahre lang kein Wort Deutsch gesprochen, habe die Sprache komplett vergessen. Ich musste in Deutschland erst wieder alles lernen. Aber langsam kommt es wieder zurück“, lacht der Youngster, der in Augsburg eine Privatschule, in der in Englisch unterrichtet wird, besucht. Wenn man Danso zuhört, kann man jedoch kaum mehr Defizite feststellen.

Auch aus einem anderen Grund war die Anfangszeit beim FCA schwierig. Wegen Problemen mit seiner Freigabe war der 16-Jährige lange Zeit aufs Training beschränkt: „Ich durfte ein Jahr nicht spielen. Es war wirklich eine lange Zeit. Aber ich habe durchgehalten.“

Der Mittelstürmer wurde zum Achter

Mittlerweile kickt der ÖFB-Legionär, der Yaya Toure, Paul Pogba und Didier Drogba als Vorbilder nennt, in der U19 der Schwaben, dort kämpft er mit seinen Kollegen um den Klassenerhalt in der Bundesliga-Staffel Süd/Südwest.

Geht es nach dem Voitsberger, darf es bald schon gerne mehr sein: „In Deutschland muss man nicht zwingend bei den Amateuren gespielt haben, um zu den Profis zu kommen. Man kann auch direkt von der U19 zu den Profis hochgezogen werden. Ich hoffe, dass ich das schaffen kann.“

Zsak erlebt im Nationalteam einen neuen Danso. „Er war in England bei den MK Dons Mittelstürmer, in Deutschland haben sie ihn dann zum Achter umfunktioniert. Das hat ihm sichtlich gut getan. Er hat sich gut weiterentwickelt“, sagt der Mödlinger. Der Kicker selbst beschreibt sich als „Box-to-Box-Spieler“.

„Er schont weder sich, noch den Gegner“

Zsak streicht vor allem die kämpferische Attitüde seines Schützlings heraus: „Er schont weder sich, noch den Gegner. Solche Spieler sind unersetzlich. Man braucht Kicker, die über den Schmerz gehen. Wenn es bei ihm nicht geht, weiß man, dass es ein ärgeres Problem gibt.“

Im Moment sind da aber keine Schmerzen, sondern nach dem 1:1 gegen Spanien vielmehr Euphorie. Am Samstag, um 12 Uhr, wartet mit Kroatien der nächste Gegner.

„Kroatien ist eine sehr gute Mannschaft, aber wir haben auch ein starkes Team. Ich bin davon überzeugt, dass wir das Spiel gewinnen können. Dafür muss jeder im Team 100 Prozent geben. Die WM-Teilnahme in Chile ist unser großer Traum“, sagt Danso mit einem Leuchten in den Augen. Sollte dieser Traum in Erfüllung gehen, wären die Schultern des 16-Jährigen wohl noch breiter.

Harald Prantl