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"Unsere Trainerausbildung hat hohe Qualität"

Derzeit ist Willi Ruttensteiner in Kolumbien voll auf die Fußball-U20-WM fixiert, an der Heimatfront gibt es für den ÖFB-Sportdirektor aber noch ganz andere Themenbereiche abzuhandeln.

So gerieten zuletzt etwa die Trainerausbildung und der Cup-Modus in die Kritik - sehr zum Unverständnis des Oberösterreichers, wie er in einem Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur betonte.

APA: Die WM in Kolumbien ist die bisher letzte von vielen österreichischen Endrunden-Teilnahmen im Nachwuchsbereich in den vergangenen Jahren, während sich das A-Team sportlich zuletzt 1998 qualifizierte. Warum klappt es im Jugendfußball besser als im Profi-Bereich?

Ruttensteiner: Weil wir viel zu spät mit einem durchgängigen Konzept in der Nachwuchsarbeit begonnen haben und vielleicht ein bisschen den Wegfall des Straßenfußballs übersehen haben. Wir mussten völlig neue Strukturen schaffen, natürlich dauert es dann 10, 15 Jahre, bis man international wieder positioniert ist.

APA: Auch die Reformen in der Nachwuchsarbeit haben nicht verhindert, dass viele Talente nicht den Durchbruch geschafft haben. Woran liegt das?

Ruttensteiner: Am Ausbildungsweg kann man es nicht aufhängen, sonst hätten wir nicht den Erfolg in Kanada gehabt, mit Spielern wir Hoffer, Prödl, Junuzovic oder Kavlak. Es liegt oft an der Persönlichkeit, an der Einstellung und am Durchsetzungsvermögen. Der Schritt vom Nachwuchs in den Profibereich ist der härteste.

APA: Liegt es vielleicht auch an Trainern, die ihre Spieler bei diesem Schritt nicht gut genug begleiten?

Ruttensteiner: Es kommen viele Faktoren zusammen, die das beeinflussen. Im heutigen Fußball ist ein Trainer von den Medien so unter Druck und von der Spielhäufigkeit her mit taktischen Sachen so beschäftigt, dass individuelle Förderung für ihn schwer möglich ist. Ein Daxbacher zum Beispiel kann nicht 24 Spieler individuell fördern. Dazu bedarf es vieler Spezialisten, und die Spieler müssen dann mit dem Know-how dieser Spezialisten umgehen können.

APA: Sollte das Thema "Übergang von Jugend- in Erwachsenenfußball" ein spezieller Teil der Trainerausbildung sein?

Ruttensteiner: Wir haben ein Diplom für Kinder- und Jugend-Trainer eingeführt, doch bis das fruchtet, muss es von unzähligen Trainern durchlaufen werden. Ich bin überzeugt, dass unsere Trainerausbildung hohe Qualität hat, gerade in der Spielerausbildung.

APA: Warum sind dann österreichische Coaches im Ausland so wenig gefragt?

Ruttensteiner: Wenn unsere Klubs im Europacup eine Rolle spielen würden und die Nationalmannschaft wieder internationales Niveau hat, gibt es auch wieder österreichische Trainer im Ausland.

APA: Was entgegnen sie der Kritik, dass in Österreich zwar genug talentierte Fußballer, aber keine talentierten Trainer ohne Profi-Erfahrung gefördert werden?

Ruttensteiner: Auch wenn man kein Profi war, ist die Trainerkarriere überhaupt kein Problem, wenn man jahrelang im Amateurbereich arbeitet, einen guten Abschluss bei der A-Lizenz hat und beim Persönlichkeits-Assessment gut abschneidet. Der vierte Punkt bei der Zulassung zur Profi-Lizenz ist das Eigenkönnen. Dass ein Profi ein höheres als ein anderer hat, das ist so, aber es geht um Fußball und nicht um einen Universitätsprofessor. Der einzige Vorwurf, den ich geltenlasse, ist, dass wir bei der UEFA-Profi-Lizenz im Vergleich zu anderen Ländern eine sehr kleine Gruppe aufnehmen, weil wir dort gut arbeiten wollen und keinen großen Personenkreis wollen. Vielleicht könnte man mit der Profi-Lizenz jährlich starten, aber nicht mit der Qualität runtergehen und Masse produzieren."

APA: Wenn theoretisch jedem alle Türen offenstehen - warum gibt es dann in Österreich keine Mourinhos, Klopps und Tuchels?

Ruttensteiner: Weil das Vertrauen fehlt, vielleicht auch bei uns im ÖFB. Ich sage bewusst den Namen Andi Herzog, der einen super Weg geht. Als Brückner nicht mehr Teamchef war, ist er als Nachfolger gehandelt worden. Ich bin nicht gefragt worden, aber wenn, dann hätte ich ihn nicht empfohlen, weil er damals von der Ausbildung, Persönlichkeit und Trainererfahrung her überhaupt keine Berechtigung hatte, Teamchef zu sein. Jetzt ist er drei Jahre U21-Teamchef und sammelt extrem wichtige Erfahrungen. Irgendwann wird dann der Zeitpunkt kommen, wo man ihm das Vertrauen gibt oder er zu einem Klub geht.

APA: Die Cordoba-Generation ist im Abdanken, jetzt rückt die 1998er-Generation mit Coaches wie Peter Schöttel, Peter Stöger oder Dietmar Kühbauer nach - kocht man in der österreichischen Trainerszene nicht ständig im eigenen Saft?

Ruttensteiner: Ich möchte die Generation Schöttel nicht schlecht machen. Es ist zum Beispiel nicht Schöttel schuld, dass Leute ohne Profi-Erfahrung nicht zur Profi-Lizenz kommen. Es gibt eben nur begrenzte Plätze dafür.

APA: Trägt die aktuelle Trainerausbildung zum Wohl des österreichischen Fußballs bei?

Ruttensteiner: Natürlich. Und können wir in Österreich so schlechte Trainer haben, wenn wir zum zweiten Mal in vier Jahren zu einer U20-WM fahren?

APA: Bewirkt Ihrer Meinung nach auch der momentane Cup-Modus mit der Teilnahme von Amateur-Teams von Profi-Mannschaften Positives für den österreichischen Fußball?

Ruttensteiner: Amateurmannschaften in Bewerben werden von anderen Vereinen immer kritisch gesehen. Aber für die Ausbildung von jungen Spielern ist es so besser.

APA: Für die Ausbildung eines LASK Juniors ist es wichtig, dass er ein Mal gegen Steffen Hofmann spielen darf?

Ruttensteiner: Ja, selbst wenn es nur ein Spiel ist. Es ist sportlich vertretbar und für mich auch sinnvoll.

APA: Leidet nicht die Attraktivität des Bewerbs und damit über Umwege auch der gesamte österreichische Fußball darunter, dass es weniger Cup-Volksfeste gibt, weil so viele Amateur-Teams dabei sind?

Ruttensteiner: Ich glaube nicht, dass Amateur-Mannschaften Volksfeste verhindern.

APA: Auch nicht, wenn sie anstelle anderer kleinerer Clubs so wie jetzt in der ersten Runde gegen Austria, Rapid und Sturm Graz spielen?

Ruttensteiner: Wenn man es so sieht, kann es sein, aber es ist eben nach der obersten Prämisse - das Sportliche geht vor - entschieden worden.

APA: Ist es sportlich, dass es ein Club zwei Teilnehmer an einem Bewerb stellt?

Ruttensteiner: Eine gewisse Problematik ist drin, wenn solche Paarungen wie im Vorjahr (Anm.: Rapid gegen Rapid Amateure) entstehen.

APA: Und diese Problematik nimmt man in Kauf?

Ruttensteiner: Man hat alle Vor- und Nachteile durchdiskutiert, und der Vorteil im sportlichen Bereich hat den Ausschlag gegeben.