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"Werden vor EM wissen, wer nach EM Teamchef ist"

Um kurz vor 2 Uhr in der Früh griff Leo Windtner am Arlanda Airport in Stockholm zum Bordmikro.

Unmittelbar vor dem Abflug zurück nach Wien nutzte der ÖFB-Präsident die Gelegenheit, allen am Erfolg der Qualifikation für die EM in Frankreich Beteiligten seinen Dank auszusprechen.

Teamchef, Spielern, ÖFB-Mitarbeitern. Und sogar jenen, die wenig bis gar nichts für den Erfolg können, uns Journalisten.

„Es ist eine denkwürdige Stunde, die uns noch lange, lange Zeit Freude bereiten wird“, jubelte der Boss des Fußball-Bundes.

„Wir sind auch in Fußball-Europa weit vorne“

Schon in der Friends Arena freute er sich über eine „Fußball-Nacht wie selten zuvor“. Vom stolzesten Tag seiner Amtszeit wollte er zwar nicht sprechen, dies sei der falsche Ausdruck: „Aber es ist der Tag, an dem man wirklich die größte innere Freude mit der Entwicklung des Teams und was daraus geworden ist, haben kann.“

Auch in Stockholm habe man das entschlossene Auftreten und den Siegeswillen dieses Nationalteams beobachten können:

„Die Art und Weise, wie der Sieg eingefahren wurde, spricht ganz klar für die nachhaltige Leistung während der gesamten Qualifikation. Wir haben wirklich Fußball-Geschichte geschrieben. Man schlägt Schweden nicht nebenbei auswärts 4:1. Am Schluss war sogar noch Luft nach oben. Wir sind damit auch in Fußball-Europa weit, weit vorne. Dass wir das sagen können, ist eigentlich eine kleine Sensation, denn mit jetzt 22 Punkten ist nur mehr England über uns.“

Topf zwei absichern

Ob es das beste Länderspiel in seiner sechseinhalbjährigen Amtszeit gewesen sei? „Superlative sind immer gefährlich, aber es gehört sicher zu den besten – vom Resultat her sowieso, aber auch vom Entscheidungsfaktor insgesamt, dass wir damit Gruppensieger geworden sind und uns am Weg befinden, in einen besseren Topf zu kommen, was ja auch das Ziel sein muss.“

Nach derzeitigem Stand würde Österreich bei der Auslosung der EM-Gruppen aus dem 2. Topf gezogen werden. Dies ist noch nicht gänzlich abgesichert, man hat es jedoch in der eigenen Hand. Mit zwei Siegen gegen Montenegro und Liechtenstein könnte man nicht mehr nach hinten rutschen.

Man kann Windtner seine Genugtuung nicht verübeln. Nachdem die Wahl von Didi Constantini als ersten Teamchef in seiner Präsidentschaft nicht den erhofften Erfolg brachte, ermöglichte der Oberösterreicher im Herbst 2011 in Kombination mit Sportdirektor Willi Ruttensteiner einen gänzlich anderen Weg.

„Werden vor der EM wissen, wer nach der EM Teamchef ist“

Klar ist, und das ist auch dem ÖFB-Präsidenten bewusst, dass das Thema Koller-Zukunft zu einem Störfaktor auf dem Weg zur EURO werden könnte. Je näher das Turnier rückt, desto dringlicher würden die Fragen bezüglich einer Klärung dieser Personalie werden.

So gesehen lässt Windtner mit der folgenden Aussage aufhorchen: „Ich gehe davon aus, dass wir vor der EM wissen, wer nach der EM Teamchef ist. Darauf lege ich mich auf jeden Fall fest.“

Dies lässt im Prinzip nur zwei Optionen offen: Entweder Koller bleibt und verlängert seinen Vertrag frühzeitig, oder sein Nachfolger kann seinen zukünftigen Schützlingen schon in Frankreich auf die Beine schauen. Wie glücklich die zweite Option wäre, sei dahingestellt.

EM-Quartier in Südfrankreich

Während Kollers Zukunft in der ÖFB-internen Prioritätenliste mit Sicherheit eine zunehmende Wichtigkeit genießen wird, laufen nun die Planungen für die Turnier-Teilnahme auch offiziell voll an.

Zum Beispiel in punkto EM-Quartier. „Das wird in den nächsten Tagen und Wochen endgültig fixiert. Es gibt hier schon einige konkrete Vorreservierungen.“

„Wird Gespräche mit Koller geben“

Mit Marcel Koller wurde ein Schweizer in das höchste Traineramt des Fußball-Landes gehievt, der nach anfänglicher Skepsis inzwischen längst zum Liebling der Massen avanciert ist. Schon seine Vertragsverlängerung für diese EM-Qualifikations-Kampagne löste vor knapp zwei Jahren Begeisterung aus. Auf dem Weg nach Frankreich erreichte sein Kultstatus ungeahnte Höhen.

Nach der EM 2016 läuft der Vertrag des Eidgenossen aus. Vielerorts glaubt man, dass sich der 54-Jährige danach wieder eine Herausforderung auf Klubebene suchen könnte.

Andererseits gibt es durchaus Signale, dass Koller sich einen Verbleib vorstellen könnte. Wer so erfolgreiche Aufbauarbeit geleistet hat und einen derartigen Status genießt, würde wohl nur schweren Herzens Abschied nehmen.

„Mit Marcel Koller wird es in weiterer Folge sicherlich Gespräche geben“, meint Windtner bezüglich potenzieller Verhandlungen über eine Verlängerung des Kontrakts. Der 65-Jährige bezeichnet den Teamchef als wesentlichen Teil des Erfolges. Außerdem sei „das interne Verhältnis so gut, dass wir das sicherlich bei passender Gelegenheit aufgreifen werden.“

Was Wie, Wo, Wann
EM-Endrunde
  1. Juni bis 10. Juli 2016 in Frankreich
Orte Bordeaux, Lens, Lille, Lyon, Marseille, Nizza, Paris, St. Denis, Etienne, Toulouse
Teilnehmer erstmals 24 (bislang fix: FRA, ENG, CZE, ISL, <span style=\'color: #ff0000;\'>AUT)
Auslosung
  1. Dezember 2015 in Paris
Gruppen 6 zu je 4 Teams
Aufsteiger Beide Gruppenersten plus die vier besten Dritten
K.o.-Runde Achtelfinale startet ab 25.6.
Tickets Sind für die Fans der Teilnehmer nach der Auslosung wieder erhältlich
EM-Quali Rest 9.10. MNE (a), 12.10. LIE (h)
Test Mitte November in Österreich (wohl gegen die Schweiz)
TR-Lehrgang 21.3.-29.3. - zwei Tests möglich
Bundesliga Start 2016: Frühjahrsstart: 6.2. statt 13.2., MS-Ende am 15.5. statt 26.5.
Cup-Finale 21./22.5. statt 29.5.
EM-Vorbereitung Ende Mai, Abstellungspflicht: 30.5.
EM-Kader Bekanntgabe des 23-Mann-Kaders am 31. Mai

Liegen wird es in Südfrankreich, gerüchteweise in der Nähe von Marseille. „Letztendlich muss hier der Teamchef seinen Sanktus geben, denn er trägt auch die Verantwortung. Aber es war auch unsere Verantwortung, nicht zu warten, bis wir wirklich qualifiziert sind, sondern schon vorher zu sondieren. Das ist geschehen. In den nächsten Wochen werden wir das EM-Quartier betreffend den Sack zumachen.“

Kampfansagen weiter tabu

Man darf davon ausgehen, dass die ÖFB-Bosse ihrer Elf die bestmögliche Vorbereitung zukommen lassen wollen, schließlich wird angesichts des derzeitigen Erfolgs die öffentliche Erwartungshaltung in den kommenden Monaten weiter steigen.

Diesbezüglich möchte man sich jedoch vom in dieser Qualifikation bewährten Erfolgsrezept nicht abbringen lassen. Kampfansagen sind und bleiben ein Tabu.

Windtner: „Wir haben es bis jetzt immer so gehalten, dass wir nicht groß Kalkulationen oder Spekulationen anstellen.“

Schritt für Schritt lautet die Devise. „Jetzt schauen wir, dass wir diese Quali souverän zu Ende spielen. Montenegro im nächsten Match ist kein leichter Gegner. Dann machen wir beim letzten Spiel gegen Liechtenstein im Happel-Stadion eine Riesen-Party, und dann werden wir uns ganz gründlich auf die EURO in Frankreich vorbereiten.“

Und das im Idealfall mit einer bereits gesicherten Koller-Zukunft.

Peter Altmann