news

Scharner geht wegen Differenzen mit Koller

Scharner geht wegen Differenzen mit Koller

Die Nationalteamkarriere von Paul Scharner ist seit Mittwoch wohl endgültig zu Ende.

Der Neo-Hamburger-SV-Legionär verließ wenige Stunden vor dem Anpfiff zum Testspiel gegen die Türkei das ÖFB-Camp, nachdem er zuvor vergeblich von Teamchef Marcel Koller eine Schlüsselrolle für das Türkei-Match und die bevorstehende WM-Qualifikation gefordert hatte.

Der ÖFB bestätigte den Vorfall am Mittwochnachmittag in einer Aussendung und zitierte Koller mit den Worten:

"Paul hat zuletzt zweimal von Beginn an gespielt. Gerade in der Innenverteidigung haben wir aber einige Möglichkeiten, weshalb ich im heutigen Spiel noch einmal etwas anderes probieren will. Da er dies nicht akzeptieren konnte, hat er sich entschlossen nach Hause zu fahren."

Der Nationalverband - insbesondere Präsident Leo Windtner, Generaldirektor Alfred Ludwig und Sportdirektor Willi Ruttensteiner - unterstützten Koller in seiner Entscheidung, hieß es abschließend.

"Wenn Paul entwertet wird, macht er nicht mehr mit"

Scharner war zunächst zu keiner Stellungnahme erreichbar. Sein Mentaltrainer Valentin Hobel war vorerst über die genauen Umstände nicht informiert und konnte nur Mutmaßungen anstellen.

"Es geht wahrscheinlich wie immer um Anspruch und Anerkennung. Wenn Paul entwertet wird, macht er nicht mehr mit", sagte Hobel gegenüber der APA.

Dass sein Schützling durch diese Aktion nicht mehr für die ÖFB-Auswahl berücksichtigt werden könnte, ist dem Mentalcoach bewusst.

"Er geht eben seinen Weg, und ich bin ein Coach, der ihm sagt, dass er seinen Weg gehen muss."

Scharner sorgt nicht zum ersten Mal für Aufregung

In seiner Karriere hatte Scharner schon des öfteren mit ähnlichen Aktionen für Aufsehen gesorgt (hier geht's zu Scharners Kontroversen).

Im August 2006 etwa erklärte der Niederösterreicher, er sehe sich aufgrund der unprofessionellen Strukturen innerhalb des ÖFB außer Stande, weiterhin fürs Team zu spielen.

Der damalige Nationaltrainer Josef Hickersberger kam diesem Wunsch nach und holte Scharner auch nicht zurück, als dieser vor der EURO 2008 um eine Pardonierung bat.

Nach dem Heim-Turnier folgte das Team-Comeback, seither zählte Scharner unter Karel Brückner, Dietmar Constantini und auch Marcel Koller zu den Fixpunkten in der österreichischen Nationalmannschaft, in der er seit Jahren als Querdenker galt.

Unter Scharners Eigenwilligkeit bekam auch schon der nunmehrige deutsche Teamchef Joachim Löw zu spüren - unter dem damaligen Austria-Trainer weigerte sich Scharner im Oktober 2003, im rechten Mittelfeld eingewechselt zu werden.

Scharner-Comeback unwahrscheinlich

Diese Geschichte wurde von deutschen Medien vor Scharners Transfer zum HSV noch einmal aufgewärmt.

Die überstürzte Abreise aus dem ÖFB-Camp dürfte dem Image des Ex-Teamkapitäns in seiner neuen Wahlheimat auch nicht gerade zuträglich sein, wie auch Hobel vermutete.

"In dieser Hinsicht wartet sicher noch viel Arbeit auf uns."

Die Arbeit mit dem österreichischen Nationalteam dürfte hingegen beendet sein.

Auch wenn in der ÖFB-Mitteilung nicht erwähnt wurde, ob Scharner jemals wieder einberufen wird.

Dass der 40-fache Internationale, der erst am Montag von Koller in den Mannschaftsrat berufen worden war, noch einmal das ÖFB-Trikot überstreifen wird, gilt als unwahrscheinlich.

Scharner entgegen seiner Ankündigungen

Erst vor wenigen Tagen nahm Scharner zu seinem neuen Verein HSV Stellung und stellte sich in punkto Nationalteam selbst ein Ultimatum.

Die Qualifikation für die WM 2014 sei für ihn eine "persönliche Angelegenheit", da es sich aller Voraussicht nach um die letzte Möglichkeit einer Turnier-Teilnahme handle.

„Von meiner Seite wird einiges an Herzblut reinfließen", ließ der Defensivspieler verlautbaren.

Das Team stehe im Vordergrund, um mit außergewöhnlichen Leistungen das Unmögliche möglich zu machen.

Mit seinen Forderungen, gegen die Türkei eine "Schlüsselrolle" spielen zu wollen, hat er nun aber entgegen seiner Ankündigungen gehandelt.