news

"Wäre blöd, wenn man versucht, Theater zu machen“

Im Nationalteam spielen Torhüter Ramazan Özcan und Lukas Hinterseer (noch) eine untergeordnete Rolle, bei ihrem Arbeitgeber, Bundesliga-Aufsteiger FC Ingolstadt, sind sie dafür „Helden“.

Denn die beiden Österreicher hatten maßgeblichen Anteil am überraschenden Meistertitel für die „Schanzer“.

So richtig realisieren, was die Truppe von Ralph Hasenhüttl in dieser Saison erreicht hat, kann vor allem der Tiroler noch nicht. Obwohl die Meisterelf Ende Mai zwei Tage am Ballermann ausgiebig feierte („Ich war zum ersten Mal dort, habe aber noch nie so viele Fußballer auf einen Haufen gesehen. Da ist die ganze Bundesliga und die ganze zweite deutsche Liga. Alle sind dort“, Zitat Özcan), braucht es noch etwas Zeit, um das Erreichte zu begreifen.

„Es ist alles Schlag auf Schlag gegangen. Zuerst der Druck, wann wir den Aufstieg fixieren, da kannst du die Ereignisse nie richtig verarbeiten. Jetzt das Nationalteam. Erst im Urlaub werde ich realisieren, gegen wen ich nächstes Jahr so alles spielen und welche Stadien ich sehen werde. Die Vorfreude ist aber schon riesengroß“, erklärt der 24-Jährige, der im vergangenen vom FC Wacker Innsbruck Sommer nach Deutschland übersiedelte und es in 33 Pflichtspielen auf neun Tore brachte.

Hollywood hätte es nicht besser inszenieren können

Vom österreichischen Bundeliga-Absteiger zum deutschen Bundesliga-Aufsteiger – Hollywood hätte es kaum besser inszenieren können. Dabei gab es durchaus argwöhnische Kommentare, als Hinterseer den Schritt in die 2. Deutsche Liga wagte.

„Nach meinem Wechsel zu Ingolstadt hat es ein paar kritischere Stimmen gegeben bzw. haben einige den Transfer nicht verstanden. Für mich war dieser Transfer aber relativ schnell klar, weil ich die Möglichkeiten dort gesehen habe: Die Trainingsbedingungen, das Umfeld. Die Gespräche mit Trainer und Sportdirektor waren positiv. Deswegen war mir klar, dass dort etwas entstehen kann. Dass es gleich im ersten Jahr so läuft, ist wie im Märchen.“

Vorfreude auf Dortmund

Seine persönlichen Ziele für die kommende Saison: „Es geht von neuem los. Man muss wieder um sein Leiberl kämpfen. Ich möchte natürlich genauso viele Einsatzminuten wie letztes Jahr bekommen, das wäre optimal. Aber die Bundesliga ist noch einmal etwas ganz anderes, vor allem mit einer Mannschaft, wo wenige Spieler Bundesliga-Erfahrung aufweisen. Wir haben dafür viele hungrige Spieler, die etwas beweisen wollen. Ich bin auch so einer“, gesteht der Tiroler, der sich ganz besonders auf das Auswärtsspiel in Dortmund freut: „Es war immer schon ein großes Ziel von mir, einmal vor der 'Gelben Wand' zu spielen.“

Dass Ingolstadt wohl am Transfermarkt nachjustieren wird, bereitet dem Angreifer keine Sorgen, im Gegenteil. „Das ist wichtig, denn der Konkurrenzkampf belebt das Ganze.“

Aufstieg für Özcan etwas Besonderes

Während es für Hinterseer das erste Jahr im Ausland war, steht Öczan bereits seit 2011 bei den Bayern unter Vertrag. Zudem kennt der 30-Jährige das Gefühl eines Aufstiegs in die höchste Spielklasse. Mit Hoffenheim gelang ihm dieses Kunststück 2008.

Vergleichen könne man diese zwei Ereignisse jedoch nicht. „Die Wertschätzung des Aufstiegs mit Ingolstadt ist sehr hoch einzustufen, weil es einen ganz anderen Aufbau hatte. Mit Hoffenheim war es nach den Millionen-Einkäufen zu erwarten. Aber hier: Die letzten Jahre haben wir um den Klassenerhalt gekämpft und dann hast du plötzlich die Meisterschale in der Hand. Für mich ist es daher etwas Besonderes.“

Lob für Trainer und Hinterseer

Voller Lob ist der Ex-Besiktas-Legionär für seine beiden Trainer, Ralph Hasenhüttl und Marcel Koller: „Beide haben Erfolg und sind akribischer Arbeiter. Hasenhüttl ist emotionaler. Ihn kannst du bei einem Torjubel schon einmal auf der Mittellinie sehen. Beide sind jedenfalls sehr gute Trainer, die ein gutes Gespür für die Spieler und ihre Wünsche haben. Das ist heutzutage sehr wichtig.“

Ebenfalls nur Gutes kann der Torhüter über Teamkollege Hinterseer berichten: „Lukas hat die Herausforderung fantastisch gelöst. Das hätten ihm nicht viele zugetraut, als er vom Bundesliga-Absteiger in die zweite deutsche Liga übersiedelt ist. Er hat sehr wichtige Tore geschossen und sich sehr gut eingelebt. Er ist ein guter Junger, der lernfähig ist. Das sind wichtige Argumente, um erfolgreich zu sein“, so Öczan, der seinerseits von Hinterseer gewürdigt wird:

"Rambo" ist ein absoluter Führungsspieler, der auch einmal auf den Putz hauen kann. Er hat uns mit seinen Leistungen in dieser Saison so viele Punkte gerettet. Er hat maßgeblichen Anteil am Aufstieg. Er ist ein positiv verrückter Kerl, der die Mannschaft mitreißt und positiv pusht.

 

Martin Wechtl

„Das Beste kommt zum Schluss“

Denn „Rambo“ gibt zu: „Am Anfang der Saison war unser Ziel im Mittelfeld zu landen, um dem Verein Struktur zu geben.  Doch Trainer Hasenhüttl hat neuen Schwung reingebracht, hat die Fans animiert und die Spieler gut im Griff. Dass es dann so schnell klappt, hat sich keiner gedacht – so ehrlich muss man sein.“

Daher blickt er auf ein „schönes Jahr“ zurück: „Und das Beste kam zum Schluss. Es gab Höhen und Tiefen, wir mussten Kritik einstecken, haben aber nie aufgegeben. Unsere Stärke war das Team. Mit unserem Zusammenhalt haben wir viele Hürden bewältigt. Wenn du am Schluss als so junger Verein aufsteigst, ist es überwältigend.“

Laut dem Österreicher warten auf den Klub in der kommenden Premieren-Saison in der Bundesliga interessante Aufgaben. „Ich höre immer, dass es ein schönes Jahr wird – klar, aber es wird viele Herausforderungen geben – körperlich als auch mental. Unser Ziel muss sein, am 34. Spieltag die Nase über dem Strich zu haben.“

Davon, dass sich die Schanzer auf Dauer wie Mainz oder Augsburg etablieren können, ist er überzeugt.

„Mit Sicherheit. Die Infrastruktur ist gegeben. Wenn wir die Liga halten und kontinuierlich weiterarbeiten, ist es mit starken Partnern im Rücken möglich, einen Verein zu haben, der sich in der Bundesliga festigen kann. Doch zuerst müssen wir beweisen, dass wir mithalten können.“

Kein Theater im Team

Dass Özcan trotz regelmäßigen und guten Leistungen in der Liga im ÖFB-Team kein Einserleiberl besitzt, geht für ihn in Odrnung.

„Diese Situation ist nicht schwierig, weil wir alle hier ein Ziel verfolgen und da werden die persönlichen Eitelkeiten und Interessen zurückgesteckt. Ich habe viel Spaß und bin stolz überhaupt da zu sein.“

Eine mögliche aufkommende Tormann-Diskussion kommt ihm nicht in den Sinn. „Die Erwartungen habe ich nicht. Wie gesagt, wir verfolgen alle ein Ziel. Deshalb ist es blöd, wenn man herkommt und irgendwie versucht, Theater zu machen. Eine unserer Stärken war es in der Vergangenheit, dass wir immer die Ruhe bewahrt haben. Deshalb will ich da gar keine unnötige Diskussion hervorrufen – wichtig ist, dass ich meine Leistungen in der Bundesliga bringen werde.“