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Koller: "Ich habe schon etwas im Köcher"

Koller:

Am Montag startete die heiße Phase der ÖFB-Vorbereitung auf das EM-Qualifikations-Gastspiel in Russland.

Nachdem Teamchef Marcel Koller jene Spieler, deren Saison bereits beendet war, vergangene Woche in Stegersbach versammelt hatte, fand sich nun der komplette Kader nach einem freien Wochenende in Wien ein.

Trainiert wird diesmal in der Generali Arena, und das zumeist hinter verschlossenen Türen. Bei seinem Medientermin nahm Koller zu den aktuellen Themen rund um das Nationalteam Stellung:

VORBEREITUNG:

Marcel Sabitzer, Martin Hinteregger, Aleksandar Dragovic und György Garics komplettierten das ÖFB-Aufgebot, mit dem Koller anders als Gegner Russland in diesem langen Lehrgang kein Testspiel bestreitet. Die Capello-Elf besiegte am Sonntag Weißrussland mit 4:2. Der ÖFB-Betreuerstab bevorzugt es wie gehabt, vermehrt auf Trainingseinheiten zu setzen, um die Herangehensweise für dieses Schlüsselspiel einzustudieren – eine Planung, die sich schon in der Vergangenheit bezahlt gemacht hat.

„Es ist in dieser Woche sehr wichtig, im taktischen Bereich unsere Idee, die wir in Russland zeigen möchten, auf den Platz zu bringen“, betont der Teamchef, „nach einem Testspiel stünde wieder Regeneration auf dem Programm. Diese Tage sind dann weg und für mich eigentlich verloren, um wirklich gut arbeiten zu können.“ Nach derzeitigem Stand dürfte der Schweizer alle Kadermitglieder auf dem Platz haben. Martin Hinteregger laboriert an Wadenproblemen, laut Auskunft von Red Bull Salzburg soll es sich dabei jedoch nur um eine Muskelverspannung handeln, die man hinkriegen sollte. Auch bei Stefan Ilsanker, der das Cup-Finale aufgrund von Muskelproblemen verpasst hat, gibt Koller Entwarnung: „Er bekam über das Wochenende in Wien Pflege von unserem Physio. Es geht ihm gut. Er wird am Montag im Training reinschnuppern und sollte ab Dienstag voll belastbar sein. Das sind gute Nachrichten für uns.“

ÖFB-STRATEGIE:

Für den Teamchef geht es in dieser Woche um Detailarbeit, ein komplett verändertes Konzept wird er in diesen wenigen Einheiten natürlich nicht einstudieren. „Es wird nichts Neues geben, was die Spieler nicht kennen“, stellt Koller klar, „jetzt geht es wirklich nur um dieses Spiel und die Dinge, die wir am Sonntag tun sollen. Die müssen wir auf den Platz bringen. Aber da ist nichts dabei, das die Spieler noch nie gehört haben.“ Überraschen möchte er sein Gegenüber Capello dennoch: „Ich habe schon etwas im Köcher, auch wenn wir die Pfeile schon an der Riegersburg abgeschossen haben. Aber ich weiß ja nicht, ob die Russen dann auch überrascht sein werden. Ich hoffe jedoch, dass es so sein wird.“ Während der Großteil der Stammelf zur Verfügung steht, fehlt mit David Alaba der Superstar des Teams. Wer ihn im zentralen Mittelfeld ersetzen wird, dürfte die spannendste Frage im Aufstellungs-Poker sein. Der 54-Jährige hält sich zum aktuellen Zeitpunkt noch bedeckt: „Ich bin die Elf im Kopf natürlich einmal durchgegangen. Aber noch ist eine Woche Zeit. Meine Erfahrung sagt mir eigentlich auch, sich nicht zu früh festzulegen, weil immer noch etwas passieren kann. Aber das Grobe steht eigentlich. Bei Ilsanker müssen wir aber noch abwarten und schauen, wie es in dieser Woche aussieht.“

Eher zurückhaltend beurteilt der Schweizer die Gerüchte um einen möglichen Dragovic-Transfer zum FC Barcelona: „Ich spekuliere grundsätzlich nicht. Aber wenn das so ist, ist es super. Ich würde es ihm sicher zutrauen. Für ihn wäre das Weltklasse, für Österreich wäre es eine große Aufmerksamkeit. Aber warten wir einmal ab.“ Die Klasse, um beim Champions-League-Sieger zu bestehen, hätte der Innenverteidiger jedenfalls: „Das denke ich absolut. Er ist ja noch jung und hat die Möglichkeit, sich noch weiterzuentwickeln. Wenn du in eine individuell stärkere Mannschaft kommst, entwickelst du dich auch weiter. Da ist er in einem sehr guten Alter.“

Auch bezüglich Janko, der nach seinem unfreiwilligen Abschied aus Sydney auf Vereinssuche ist, hat Koller nach wie vor keine Sorgen: „Er ist in einer ganz anderen Situation als letztes Jahr, wo er nicht gespielt hat und nicht einmal mittrainieren durfte. Jetzt hat er den Status von einem Torschützenkönig und Spieler des Jahres. Ich glaube schon, dass es einfacher sein wird, einen Verein zu finden.“ Der Stürmer hat sich bereits darauf festgelegt, wieder in Europa auf Torejagd gehen zu wollen. Der Teamchef hätte auch gegen eine Österreich-Heimkehr zu Austria Wien keinen Einwand: „Wenn das so kommt, und sich Verein und Spieler das wünschen, hätte ich nichts dagegen. Aber es gibt auch noch andere Destinationen, wo du nicht 20 Stunden unterwegs bist, sondern vielleicht nur zwei oder drei.“

Peter Altmann

DEBÜTANT SCHOBESBERGER:

Mit Philipp Schobesberger steht ein Team-Neuling im Kader, der gemeinsam mit den Rückkehrern Jakob Jantscher und Yasin Pehlivan in Stegersbach von Koller eine Taktik-Schulung verpasst bekam: „Da konnte er das schon einmal ein bisschen aufnehmen, wie wir uns das Offensiv- und Defensivverhalten vorstellen. Es ist aber auch klar, dass du das nach dem ersten Mal noch nicht eins zu eins umsetzen kannst, das braucht dementsprechend Zeit.“ Generell würde der 21-Jährige jedoch einen guten Eindruck hinterlassen: „Schobi hat das gezeigt, was er schon bei Rapid gezeigt hat, nämlich dass er sehr schnell, beweglich, mutig und frech ist, auch etwas riskiert. Das ist das, was wir eigentlich suchen.“

TRANSFERS UND GERÜCHTE:

Diverse ÖFB-Kicker haben in den letzten Wochen ihren Verein gewechselt oder befinden sich auf der Suche. Alleine die Premier-League-Fraktion fand durch Christian Fuchs, Sebastian Prödl und Kevin Wimmer drei neue Mitglieder. Koller begrüßt diese Wechsel, hofft jedoch auch, „dass die Spieler zum Einsatz kommen. Denn wenn du einen Vereinswechsel hast, ist es immer wieder so, dass du dich von der Sprache, der Wohnung und vom ganzen Umfeld her anpassen musst. Das musst du alles gut verkraften und dich natürlich noch mehr anstrengen. Wir hoffen, dass unsere Teamspieler das gut umsetzen können und dementsprechend auch zum Spielen kommen.“

GEGNER RUSSLAND:

Man darf davon ausgehen, dass auch Capello eine Strategie im Köcher haben wird. Angesichts von fünf Punkten Rückstand auf Österreich, steht der WM-Gastgeber von 2018 naturgemäß unter Druck. „Russland hat die Punkte gegen Montenegro geschenkt bekommen und hat jetzt wieder Lunte gerochen. Sie haben ein Heimspiel, auch das nächste Spiel gegen Schweden ist zu Hause. Also kann man sich ausrechnen, was sie sich aus ihrer Sicht erhoffen“, meint Koller, der jedoch nur bedingt mit einer von Beginn an angriffslustigen Herangehensweise rechnet. Er erwartet die gewohnte Strategie der „Sbornaja“: „Ich denke nicht, dass sie groß etwas verändern werden, sondern dass sie je nach Situation vorne draufgehen und Pressing spielen. Wenn das nicht möglich ist, werden sie sich bis zur Mittellinie zurückziehen, kompakt stehen und versuchen, mit überfallsartigen Gegenstößen zum Erfolg zu kommen. Da haben sie in der Offensive natürlich sehr gute Spieler mit technischer Klasse, aber auch sehr viel Schnelligkeit in ihren Reihen.“

Gegen Weißrussland gab Capello dem einen oder anderen jüngeren Spieler eine Chance, gegen die ÖFB-Elf erwartet Koller überwiegend die bekannten Gesichter: „Dass ein, zwei Spieler neu dazukommen, ist schon möglich, aber ich denke, das grobe Gerippe wird schon stehen.“

Wie schon beim Hinspiel im vergangenen November herrscht im russischen Umfeld Unruhe. Rund um die Vergabe der WM 2018 gab es Korruptions-Diskussionen, Verbandspräsident Nikolaj Tolstych wurde wegen hoher Schulden abgewählt, Teamspieler Alan Dzagoev ließ sich beim Besuch eines Stripclubs erwischen. Dass diese Ablenkungen ins Gewicht fallen, glaubt der ÖFB-Teamchef nicht: „Ich denke nicht, dass das großen Einfluss auf das Spiel der Russen haben wird. Das sind ja auch alles Profis, die schon länger dabei sind. Das wird sie nicht ablenken, auch wenn das eine oder andere geschrieben wird. Die machen ihren Job und werden versuchen, das Spiel zu gewinnen.“