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"Wenn ich will, kann ich immer zu Leipzig gehen"

Der stromlinienförmige Profi ist Martin Hinteregger gewiss nicht.

In diesem Text attestiert er unter anderem Rapid Premier-League-Reife und spricht sich für die Einführung eines Playoff-Systems in der Bundesliga aus.

Aber auch zum Thema Auslands-Wechsel und Karriere-Planung vertritt der Innenverteidiger von RB Salzburg bekanntlich seine eigenen Ansichten.

Der Reihe nach. Stefan Ilsanker forcierte seinen Wechsel aus der Mozartstadt zu RB Leipzig und begründete dies unter anderem mit dem aktuellen Zustand der Bundesliga.

„Versichert, dass wir eine CL-reife Mannschaft zusammenstellen“

Mit Peter Gulacsi und möglicherweise auch Marcel Sabitzer übersiedeln weitere Double-Gewinner nach Sachsen. Dass das konzerninterne Augenmerk in Zukunft verstärkt auf den deutschen Aufstiegs-Aspiranten gerichtet ist, liegt auf der Hand.

Für Hinteregger, der seinen Vertrag in Salzburg im Saisonverlauf bis 2019 verlängert hat, ist es dennoch kein Thema, sich dem Beispiel seiner Kollegen anzuschließen. Seine Zukunft liegt auch 2015/16 in Salzburg.

„Ich habe mit dem Vorstand gesprochen und sie haben mir versichert, dass wir wieder eine Champions-League-reife Mannschaft zusammenstellen werden. Ich habe natürlich Vertrauen in die Chefs, deswegen ist für mich alles klar“, glaubt er nicht, dass RBS nach dem derzeitigen Umbruch schwächer als zuvor dastehen wird.

Nur Europacup-Starter als Interessenten erwünscht

Auch im Hinblick auf die EURO 2016 ist für den 22-Jährigen Stabilität Trumpf: „Ja, das war ein Thema. In Salzburg bin ich gesetzt, sie haben Vertrauen in mich und ich in den Verein. Ich weiß, wie es dort abläuft. Wir spielen so gut wie jedes Jahr international. Das ist für mich extrem wichtig, um Erfahrung für die Nationalmannschaft zu sammeln. Das war sicher ein Punkt, warum ich verlängert habe.“

Die Betonung in Hintereggers Argumenten für einen Salzburg-Verbleib liegt auf dem Wort „international“. Dies ist auch die Grundbedingung für einen etwaigen zukünftigen Arbeitgeber:

„Aleksandar Dragovic hat gesagt, er möchte immer um den Meistertitel spielen. Für mich ist wichtig, dass der Verein, zu dem ich einmal gehen werde, international spielt. Nur 34 Spiele in der deutschen Bundesliga plus zwei Cup-Partien ist schon ein bisschen wenig. Da bin ich lieber noch da, wo ich Titel holen und internationale Erfahrung sammeln kann, wie in Salzburg.“

„Sind hintere Klubs der Premier League so viel besser als Rapid?“

Den Einwand, dass er in einer größeren Liga durch regelmäßige Duelle mit starken Mannschaften mehr internationale Erfahrung sammeln würde, lässt er nur bedingt gelten. Deswegen verspüre er auch keinen Druck, durch die Transfers seiner Innenverteidiger-Konkurrenten innerhalb des Nationalteams.

Sebastian Prödl schloss sich dem FC Watford an, Kevin Wimmer Tottenham und hinter Aleksandar Dragovic sind diverse europäische Top-Adressen her, zuletzt sickerte vermeintliches Interesse von Champions-League-Sieger FC Barcelona durch.

„Der Druck wächst sicher nicht“, stellt Hinteregger klar, „in der Premier League spielt man auch gegen viele hintere Klubs und ich weiß nicht, ob die so viel besser sind als zum Beispiel Rapid Wien. Das Standing ist natürlich höher, aber ob es fußballerisch auch so ist? Ich weiß nicht, ob es für die Weiterentwicklung sinnvoll ist, wenn man dort 38 Spiele spielt.“

Eine Einstellung, die man tendenziell kontrovers diskutieren kann – vor allem aufgrund des aktuellen Niveaus der nicht gerade mit Spitzenteams gesegneten Bundesliga, in der sich in den vergangenen Jahren diverse Klubs mit dem Charme einer grauen Maus eingenistet haben.

„Hoffe, dass die Bundesliga auf ein Playoff umstellt“

Laut Meinung des Kärntners ist jedoch Besserung in Sicht: „Ich bin optimistisch, was die österreichische Bundesliga angeht. Ich glaube, dass es mit Rapid Wien, Austria Wien, Sturm Graz und uns vier Mannschaften gibt, die um den Titel mitspielen können. Es ist natürlich schon wichtig, dass du auch extreme Herausforderungen hast.“

Eine Ausstiegsklausel habe er sich in seinen neuen Kontrakt nicht einbauen lassen. Seiner Meinung nach sei die Gesprächsbasis mit RBS so gut, dass man bei einem Angebot über alles reden könne: „So etwas wie bei Sadio Mane wird es bei mir sicher nie geben.“

„Ich muss mich wohl fühlen, damit ich Leistung bringe“

Derzeit ist der Wohlfühlfaktor beim Stammklub aber ohnehin so hoch, dass es keinen überstürzten Abgang geben wird: „Ich bin ein Spieler, der sich richtig wohl fühlen muss, damit er seine Leistung bringt. Das ist bei Salzburg gerade der Fall.“

Und auch im Nationalteam, in dem sich Hinteregger im Verlauf des Kalenderjahres 2014 einen Stammplatz im Abwehrzentrum erarbeitet hat. An der Seite von Dragovic überzeugte er im bisherigen Qualifikations-Verlauf.

Aufgrund des Ausfalls von David Alaba gab es zuletzt Überlegungen, ob der Kiew-Legionär wie beispielsweise im WM-Quali-Spiel in Schweden ins defensive Mittelfeld nach vor gezogen werden könnte.

Ob es ein Problem wäre, das eingespielte Duo zu sprengen? „Ich glaube, dass wir noch zwei gute Innenverteidiger im Kader haben. Deswegen wäre es sicher eine Möglichkeit. Wie es letztendlich ausschauen wird, weiß ich nicht.“

Links- oder Rechtsfuß eine Philosophie-Frage

Mit Prödl stünde im Fall der Fälle ein Rechts- und mit Kevin Wimmer ein Linksfuß bereit, um an der Seite von Linksfuß Hinteregger zu verteidigen.

Laut Hinteregger sei es eine Philosophiefrage, zwei gleichbeinige Innenverteidiger nebeneinander spielen zu lassen oder nicht: „Es kommt darauf an, wie man den Spielaufbau wählen möchte. Wenn man sagt, man möchte viel von hinten rausspielen und die Innenverteidiger sollen breit stehen, dann ist es natürlich schon praktisch, wenn ein Links- und ein Rechtsfuß spielen. Aber das ist je nach Trainer verschieden. Manche sagen, sie ziehen lieber einen Sechser zurück, der das Spiel machen soll, so wie es bei uns David Alaba oft macht.“

Wie sich Teamchef Marcel Koller entscheiden wird, bleibt eine spannende Frage. Egal, wer letztlich zum Einsatz kommt, das Ziel der ÖFB-Defensive ist selbstredend, dass die Null steht.

Um dies zu erreichen, müsse man vor allem auf einen Russen Acht geben: „Aleksandr Kokorin startet extrem gut in die Tiefe, da muss man enorm wachsam sein. Er ist zwar immer ein bisschen abgerissen vom Spiel, aber sein Tiefgang ist richtig gut. Wenn er uns einmal entwischt, wird es schwierig. Das zentrale Mittelfeld der Russen ist die Schaltzentrale. Die werden die Pässe nach vorne auf ihn spielen. Das gilt es zu blockieren und zu verhindern.“

„Viele möchten da sein, wo wir jetzt sind“

Der Druck liegt in dieser Partie wohl eher bei den Russen, doch auch für Österreich stünde sehr viel auf dem Spiel: „Ein Sieg wäre ein großer Schritt, ein Unentschieden ein kleiner. Aber bei einer Niederlage wäre das Ganze wieder recht ausgeglichen. Das wollen wir natürlich verhindern.“

Für die rund um den Länderspiel-Termin im Juni mancherorts gerne geführte Urlaubs-Debatte hat Hinteregger kein Verständnis: „Viele möchten da sein, wo wir jetzt sind. Das muss man sich vor Augen führen. Urlaub ist schön und gut, den haben wir dafür danach und ein bisschen länger. Deswegen ist man jetzt einmal froh, dass man hier sein darf.“

Ein Profi, dem 34 Saison-Spiele zu wenig wären, kann vor dieser wichtigen Aufgabe wohl auch keine Müdigkeit kennen.

Peter Altmann

Gerade aus Salzburger Sicht gab es diese Challenge in den vergangenen beiden Jahren, in denen die „Bullen“ alle nationalen Titel abstaubten, kaum. Um mehr Reize im heimischen Oberhaus zu setzen, regt Hinteregger eine Modus-Änderung an:

„Meine Hoffnung liegt darin, dass die Bundesliga ihr System ändern und eventuell auf ein Playoff umstellen wird. Das würde die ganze Sache für die Spieler und die Fans natürlich viel interessanter machen, so wie es etwa in Belgien oder in Polen geschehen ist. Das wäre für alle Beteiligten ein Vorteil.“

Ob die Defensivkraft selbst solch eine Bundesliga-Revolution noch erleben wird, ist jedoch mehr als fraglich. Denn auch wenn Hinteregger Salzburg für die kommende Saison die Treue halten möchte, dürfte eine Auslands-Karriere nur aufgeschoben und nicht aufgehoben sein.

Leipzig in der Hinterhand

So könnte sich etwa eine EM-Teilnahme als Transfer-Turbo erweisen: „Das kann sicher ein Sprungbrett sein. Es könnte ein Vorteil sein, dass ich dann zu einer besseren Mannschaft komme.“

Seine in der Vergangenheit getroffene Ansage, unbedingt für Leipzig deutsche Bundesliga spielen zu wollen, scheint der Blondschopf zumindest ein wenig aufgelockert zu haben.

„Ich weiß, wenn ich will, kann ich immer zu Leipzig gehen“, betont er uns sagt gleichzeitig, „deswegen ist es meine Entscheidung, ob das der richtige Weg ist oder ob es ein anderer Verein wird. Aber zurzeit taugt mir, was in Salzburg passiert und wie es sich dort entwickelt.“