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Dragovic: "Hätte nichts dagegen, in Kiew zu bleiben"

Dragovic:

Mehr als ein Klub, aber auch mehr als ein Thema?

Im roten Polo-Hemd setzt sich Aleksandar Dragovic an den Journalisten-Tisch und weiß natürlich, was die Öffentlichkeit in diesen Tagen interessiert.

Das bevorstehende EM-Qualifikationsspiel in Russland (Sonntag, 18 Uhr) ist - trotz seiner Wichtigkeit für Rot-Weiß-Rot - in Verbindung mit dem Innenverteidiger derzeit nur zweitrangig.

Nicht der ÖFB, sondern der FCB steht im Mittelpunkt. Grund dafür ist eine Meldung, die einen Tag nach dem Triumph des FC Barcelona in der Champions League die Runde machte, wonach Dragovic ein unterschriftsreifer Vertrag der Katalanen vorliege.

Interesse aus Barcelona? - "Sicherlich ehrt mich das"

Vom medialen Geplänkel etwas genervt, übt sich der bis 2018 bei Dynamo Kiew unter Vertrag stehende Wiener in Zurückhaltung:

"Stand der Dinge ist, dass ich mich hundertprozentig auf das Spiel am Sonntag konzentriere. Danach werde ich mich mit meinem Manager zusammensetzen und sehen, was auf dem Tisch liegt", erklärt Dragovic den Fahrplan. Zusätzlich spiele natürlich auch die Beratung mit seiner Familie eine große Rolle.

Dass etwas auf dem Tisch liegt, gilt als unbestritten. "Interesse gibt es immer, aber wir müssen schauen, was passiert", versucht er die medialen Angriffsversuche abzublocken, wie sonst jene auf dem Feld.

Es ist aber kein Geheimnis, dass ihn das Gerücht ein wenig freut: "Sicherlich ehrt mich das. Barcelona hat das Triple geholt und ist ein Welt-Klub. Aber ich weiß, dass ich meine Leistungen immer bestätigen muss."

"Das schrecklichste Jahr meiner Karriere"

In Kiew ist ihm das eindrucksvoll gelungen. Die Überraschung über seinen Wechsel vom FC Basel in die Ukraine im Sommer 2013 war groß und der Beginn alles andere als einfach. Nach einer holprigen Saison reichte es zwar zum Cupsieg, aber nur zu Platz vier in der Liga.

"Das erste Jahr in Kiew war das schrecklichste in meiner Karriere. Da ist sehr viel falsch gelaufen. Wir haben schlecht gespielt und dann kam auch noch der Krieg dazu", spricht Dragovic die immer größer werdenden politischen Probleme im Jahr 2014 an.

Sportlich konnte bei Dynamo aber ein Umschwung eingeleitet werden. Oleg Blochin war im April 2014 Geschichte, Sergiy Rebrov sein Nachfolger.

"Es war ein Glück für mich, dass dieser Trainerwechsel stattgefunden hat. Seitdem ist es bergauf gegangen", so der 24-Jährige. Was unter dem neuen Coach und ehemaligen Stürmer von Dynamo, Tottenham und Fenerbahce besser läuft? "Alles", sagt Dragovic.

Blochin sei eben ein Trainer der alten Schule gewesen, mit Rebrov und seinem spanischen Co-Trainer Raul Ruiz Gonzalez Riancho - zuvor u.a. bei Real Sociedad, Levante und Rubin Kazan tätig - gebe es eine "neue Generation", bei der Taktik eine ganz andere Rolle spiele.

Was spricht für einen Verbleib in Kiew?

Der Erfolg gibt Dynamo Recht. Erstmals seit 2007 holte man wieder das Double in die Hauptstadt, womit ein wesentlicher Schritt von Dragovic' Weg gemacht wurde: "Der Klub ist im Schatten von Shakhtar Donetzk gestanden und ich bin dorthin gewechselt, um zu helfen, den Klub da hin zu bringen, wo er in der Vergangenheit war."

Ist die Mission also erfüllt? Nicht ganz. "Wir spielen in der nächsten Saison in der Champions League, von dem her hätte ich nichts dagegen, in Kiew zu bleiben", so Dragovic, der betont, sich aktuell bei seinem Verein sehr wohl zu fühlen.

Der sportliche Erfolg fand in seiner bisherigen Karriere auch immer in Verbindung mit Titeln statt. Drei Mal wurde Dragovic mit dem FC Basel Meister, dazu einmal Cup-Sieger. Danach folgten ein Meister- und zwei Cup-Titel bei Dynamo.

"Der Rucksack mit dem Pokalen wird immer schwerer und schwerer", sagt der Abwehrspieler scherzhaft, gibt dann aber auch zu verstehen, wie er diesbezüglich seine Zukunft sieht.

Eine klare Ansage im Hinblick auf die Zukunft

Auf die Frage, ob für ihn nur Vereine infrage kämen, die auch realistische Chancen auf einen Titel haben, gibt es ein klares: "Ja." Damit wäre ein Kriterium geklärt. "Mit der SV Ried werde ich die Meisterschaft wahrscheinlich nicht gewinnen", fügt Dragovic hinzu.

Dafür soll es am Sonntag in Moskau mit drei Punkten klappen. So lautet das vorgegebene ÖFB-Ziel. "Wir brauchen nicht hinzufliegen, wenn wir nur Unentschieden spielen möchten", stimmt er in den Tenor seiner Kollegen ein, weiß aber auch: "Wir müssen nicht von Anfang an Hurra-Fußball spielen und alles nach vorne werfen, sondern hinten dicht machen. Die Null muss stehen."

Wenn das gelingt, wird auch er seine Sache gut gemacht haben. Egal, ob als Innenverteidiger neben Martin Hinteregger oder doch als Ersatz von David Alaba im defensiven Mittelfeld.

"Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, nicht auch gerne im Mittelfeld zu spielen", liebäugelt Dragovic mit der Position, die er im Nationalteam zuletzt gegen die Färöer (3:0) und in Schweden (1:2) eingenommen hat.

Fink? "Der beste Trainer, den ich je hatte"

Wie Teamchef Marcel Koller weiß er aber auch selbst, wo er seine Qualitäten schon wesentlich öfter unter Beweis gestellt hat: "Ich spiele seit meinem 17. Lebensjahr in der Innenverteidigung, dort habe ich schon gute Spiele abgeliefert und viel Erfahrung. Aber ich bin bereit, wenn im Mittelfeld jemand fehlt."

Noch ist die Aufstellungsfrage offen, so wie jene nach Dragovic' Zukunft. Wobei ihm nach den Trainings auf dem Rasen der Generali-Arena nur eines wichtig ist: "Es ist mein Ziel, meine Karriere bei der Austria zu beenden."

Auch wenn er seinem Herzensklub selbst derzeit nicht helfen kann, so haben die letzten Transferaktivitäten der Violetten seinen Segen. Mehr als das. Bei der Verpflichtung von Ognjen Vukojevic hatte er auch selbst seine Finger im Spiel: "Ich habe mit Franz Wohlfahrt telefoniert und ihm gesagt, dass er nicht umsonst 55 Mal im Nationalteam gespielt hat und sieben Jahre bei Dynamo unter Vertrag stand. Ich hoffe, dass er bei der Austria einschlägt."

Beim neuen Trainer der Veilchen, Thorsten Fink, 2011 sein Coach beim FC  Basel, macht sich Dragovic diesbezüglich keine Sorgen: "Für mich ist er vielleicht sogar der beste Trainer, den ich je hatte."

 

Andreas Terler