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Capello in Russland vor dem Aus

Capello in Russland vor dem Aus

Nach der 0:1-Heimniederlage in der EM-Quali gegen Österreich steht Russlands Teamchef Fabio Capello vor dem Aus.

"Ich denke, dass es von seiner Seite aufrichtig wäre, allen seinen Dank auszusprechen und auf eine Entschädigung zu verzichten", sagte Wjatscheslaw Koloskow, der Ehrenpräsident des russischen Fußball-Verbandes (RFS), und legte dem Italiener damit den sofortigen Rücktritt nahe.

Fans für Entlassung

84 Prozent der Fans sprachen sich in einer Blitzumfrage der Zeitung "Sport Express" für eine sofortige Beurlaubung von Capello aus. Der Verband ist dabei, nach der ersten Heimniederlage seit 2010 bzw. 21 Partien über die Zukunft des Trainers zu diskutieren.

"Wird Capello entlassen? Ich weiß es nicht, wir erörtern das", sagte RFS-Interimspräsident Nikita Simonjan, der Zeitung "Sport Express" zufolge. Der russische Fußball sei in einer Sackgasse, schrieb das Blatt am Montag nach der 0:1-Niederlage gegen Österreich.

"Armselig" und seelenlos

Sportminister Witali Mutko sprach von einem "schlechten Spiel". Capello sei ein "großer Trainer", aber den Spielern fehle es an Tempo. "Ich verspreche, dass wir der Mannschaft wieder eine Seele geben", betonte Mutko.

Der Chef der russischen Präsidialverwaltung, Sergej Iwanow, verurteilte die Spielweise der "Sbornaja" gegen Österreich als "armselig".

Schlechte Ergebnisse

Die Sportkommentatoren meinten, dass Capello nicht das beste "Material" habe. Gleichwohl sei der Italiener, der am Donnerstag seinen 69. Geburtstag feiert, nicht in der Lage, mehr aus den Spielern herauszuholen. Capello habe eine Mannschaft geschaffen, für die niemand mitfiebern könne noch wolle, hieß es.

Der frühere Erfolgscoach von AC Milan, Real Madrid, AS Roma und Juventus Turin ist seit 2012 Nationaltrainer von Russland und sollte das Team nach einer Vertragsverlängerung auch zur Heim-WM 2018 führen.

In den vergangenen eineinhalb Jahren haben die Russen aber lediglich das Pflichtspiel gegen Liechtenstein gewonnen. Der Auswärtssieg gegen Montenegro war Russland nach dem wegen Ausschreitungen in Podgorica Mitte der zweiten Hälfte beim Stande von 0:0 abgebrochenen Spiel am grünen Tisch zuerkannt worden.

Vernichtende Kritik

Nach sechs Spielen halten die Russen in der Gruppe G als Dritter nur bei acht Punkten. Österreich ist mit 16 Zählern Tabellenführer vor den Schweden (12), die am 5. September in Moskau nächster Gegner der "Sbornaja" sind.

Die Kritik in Russland nach der neuerlichen Niederlage gegen das ÖFB-Team, das im Herbst auch in Wien bereits 1:0 gewonnen hatte, war für Capello vernichtend. Bei dem Spiel um "Leben und Tod" gegen Österreich habe das Team rein gar nichts geboten, ätzte die Zeitung "Sport Express".

"Kein Qualitätsfußball, keine physische Form, keine harmonischen Handlungen, kein Streben nach dem Sieg, keine Leidenschaft und gar kein Verlangen, sich nicht vor den Augen Tausender ergebener Fans zu blamieren."

Interne Machtkämpfe

Der russische Fußball kommt seit Wochen nicht zur Ruhe. Ende Mai wurde Verbandspräsident Nikolai Tolstych in einem internen Machtkampf abgewählt.

Sein Stellvertreter Simonjan übernahm interimistisch das Amt. Als möglicher neuer Verbandschef war mehrfach Mutko genannt worden. Der Sportminister ließ eine mögliche Kandidatur offen.

Tolstych war unter anderem wegen eines Streits um ausstehende Gehälter in Millionenhöhe für Capello in die Kritik geraten. Zuletzt hatte der russische Oligarch Alischer Usmanow dem Fußballverband Geld zur Bezahlung des Italieners geliehen.

Auch das schlechte Abschneiden bei der WM in Brasilien, bei der die russische Nationalelf schon in der Gruppenphase sieglos ausgeschieden war, wurde dem RFS-Chef angekreidet.