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Büchel: "Wir haben unsere zwei, drei Varianten"

Büchel:

Von wegen Fußballzwerg.

Nach vier Spielen hat Liechtenstein in der EM-Qualifikation ganze vier Punkte am Konto.

Erst sechs Mal mussten die LFV-Tormänner dabei einen Ball aus dem Netz holen. Die Hälfte davon (3) waren unglücklich abgefälschte Weitschüsse. Zudem führten ein Elfmeter und ein Goalie-Fehler zu Gegentreffern. Nur das Tor zum 0:4-Endstand gegen Russland wurde vom Gegner auch wirklich herausgespielt.

Will heißen: Die Liechtensteiner Mauer am eigenen Strafraum steht extrem sicher. Spielerisch gibt es kaum ein Durchkommen.

Die Mannen von Marcel Koller müssen am Freitag in Vaduz also ihr ganzes Können abrufen, um den Beton Stück für Stück abzubauen.

„Haben zwei, drei Varianten“

Auf reinen Catenaccio wollen sich die Liechtensteiner aber nicht reduzieren lassen. „Wir gehen nicht ins Spiel und sagen, wir stellen uns hinten rein. Es ergibt sich einfach zwangsläufig, wenn man wenig Ballbesitz hat. Wir werden aber sicher versuchen, ihnen so wenige Räume wie möglich zu geben“, erklärt der Liechtensteiner Mittelfeldspieler Martin Büchel im Gespräch mit LAOLA1.

Der Osteopathie-Student, der in München beim deutschen Fünftligisten Unterföhring kickt, sieht in der mannschaftlichen Geschlossenheit die größte Stärke seiner Mannschaft: „Jeder kämpft für jeden. Die Stimmung ist überragend. Wir haben einen super Teamgeist.“

Dieser Zusammenhalt ist für das System der Liechtensteiner besonders wichtig. Trainer Rene Pauritsch vertraut normalerweise auf ein enges 4-5-1, mit dem vor allem das Zentrum dicht gemacht wird. Leicht möglich, dass sich der Steirer für seine Landsleute aber eine Überraschung einfallen lässt. „Wir haben unsere zwei, drei Varianten, die wir alle im Training durchgespielt haben“, so Büchel.

Für seinen Trainer hat der 28-Jährige, der beim FC Zürich ausgebildet wurde, nur Lob übrig: „Er steht für modernen Fußball. Seine Vorgabe ist, dass wir uns nicht nur hinten rein stellen, sondern frech sind und nach vorne spielen. Wir hoffen, dass wir ihm einen Gefallen machen können und seine Landsleute ärgern.“

Liechtensteins Idealismus als Chance für den ÖFB

Pauritschs Vorgaben machen sich im Liechtensteiner Spielaufbau bemerkbar. Der vermeintliche Fußball-Zwerg drischt die Bälle nicht nur blind nach vorne, sondern lässt das Leder hinten laufen. Mit dem 40-jährigen Altmeister Mario Frick in der Innenverteidigung, sowie den passsicheren Mittelfeldspielern Michele Polverino und Sandro Wieser hat Liechtenstein dafür auch die geeigneten Spieler.

Beim 0:0 gegen Montenegro haben die Ländle-Kicker das Fore-Checking des Gegners einige Male ins Leere laufen lassen. Am Ende der Ball-Stafette stand oft ein langer Pass des Tormanns, der die aufgerückten Montenegriner überbrückte, womit die Offensiv-Spieler der Liechtensteiner mehr Platz zum Kombinieren hatten.

Der spielerische Ansatz des Underdogs könnte für das ÖFB-Team jedoch auch ein Vorteil sein. Gelingt es dem berüchtigten Pressing-Wirbel der Koller-Elf, die Liechtensteiner zu Fehlpässen zu zwingen, dann wären die Räume offen, um schnell zum Abschluss zu kommen.

Alaba als Quarterback, Baumgartlinger offensiver?

Ansonsten wird es für das ÖFB-Team darauf ankommen, Geduld zu bewahren. Montenegro ist beim 0:0 an den tiefstehenden Liechtensteinern verzweifelt. Das darf den Österreichern nicht passieren. Die Solospitze, die voraussichtlich vom ehemaligen Atletico-Madrid-Nachwuchs-Kicker Dennis Salanovic (nun in Kroatien beim NK Istra) verkörpert wird, attackiert erst ab der Mittellinie. Dahinter bildet das fünfköpfige Mittelfeld eine Art Trichter, der das Zentrum mit drei Spielern dicht hält.

„Als zentrale Mittelfeldspieler wird es unsere Aufgabe sein, Bewegung reinzubringen und vielleicht auch Läufe zu machen, die ich in einem anderen Spiel nicht mache, weil ich dadurch die defensive Ordnung aufgeben würde“, gibt Julian Baumgartlinger die Richtung vor, wie man das Liechtensteiner Defensiv-Gerüst knacken könnte.

Büchel ist einer der Amateure im Liechtensteiner Team

Die Rollenverteilung zwischen dem Mainz-Legionär und David Alaba wird spannend zu beobachten sein. Gegen Moldawien (Taktik-Analyse) agierte Baumgartlinger etwas offensiver, während Alaba als „Quarterback“ der Partie seinen Stempel aufdrückte. Dieselbe Variante ist auch in Vaduz denkbar.

Baumgartlinger meint: „Ich glaube, es ist gut mit Moldawien vergleichbar. Da wäre ich auf einer tieferen Position verschenkt gewesen und bin deswegen nach vorne gerückt. Wir müssen schauen, dass wir zwischen die Linien kommen. Es bringt nichts, nur außen herumzuspielen. Da sind wir ewig im Ballbesitz, ohne durchzukommen.“

Schlüsselspieler Janko

Wie die vergangen Quali-Spiele der Liechtensteiner gezeigt haben, stellt jedoch auch das Flügelspiel ein probates Mittel dar, um zu Chancen zu kommen. Mit schnellen Kombinationen auf den Außenbahnen tut sich die Pauritsch-Elf schwer.

Dazu müssen vor allem die ÖFB-Außenverteidiger für Hochbetrieb sorgen und das Zusammenspiel mit ihren Vordermännern suchen. Überzahl über die Flügel könnte der Weg zum Erfolg sein - zumal Österreich mit Marc Janko über einen Strafraumstürmer verfügt, der die Hereingaben von außen mustergültig verwerten kann.

Der formstarke Sydney-Legionär dürfte deswegen in Vaduz zu einem Schlüsselspieler werden. Einem großen Hünen wie ihm liegen normalerweise tiefstehende Abwehrreihen á la Liechtenstein.

Koller ließ Standards trainieren

Reißen alle Stricke und das ÖFB-Team findet gegen die Liechtensteiner Mauer kein Durchkommen, dann bleiben immer noch die Standardsituationen. Mit Zlatko Junuzovic, Christian Fuchs und Alaba haben die Österreicher einige Spezialisten in ihren Reihen.

Oft verzichtet Teamchef Koller auf eine gesonderte Trainingseinheit für Freistöße und Eckbälle, um mehr Zeit für die Übung von taktischen Varianten zu haben. Diesmal ließ der Schweizer die Standardsituationen jedoch intensiver trainieren. Man darf also gespannt sein, was sich das Trainergespann überlegt hat.

Umgekehrt müssen die Österreicher jedoch auch bei ruhenden Bällen der Liechtensteiner aufpassen. Im LAOLA1-Interview warnte Vaduz-Legionär Manuel Sutter speziell vor den Flanken seines Teamkollegen Franz Burgmeier, der normalerweise als Linksverteidiger aufläuft, gegen Österreich jedoch auch weiter vorne zum Einsatz kommen könnte.

"Ist keine besondere Stärke von uns"

Mittelfeldspieler Büchel spielt diese Torgefahr jedoch herunter: „Ich würde nicht sagen, dass das eine besondere Stärke von uns ist. Natürlich sind Standardsituationen immer eine Möglichkeit, Tore zu machen. Da geht es oft nicht um das fußballerische Können, sondern um Konzentration und ein wenig Glück. Grundsätzlich trainieren wir aber mehr taktische Varianten als Standardsituationen.“

Gut möglich, dass diese Aussage des Liechtensteiners auch nur ein Ablenkungsmanöver ist. Denn der einzige Treffer in der EM-Quali, beim 1:0-Sieg gegen Moldawien, fiel nach einem Freistoß-Pfiff. Es war Burgmeier, der die Kugel im Tor versenkte.

Das ÖFB-Team sollte also tatsächlich gewarnt sein.

 

Jakob Faber