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Koller: "Wir sind nicht Weltspitze"

Koller:

Teamchef Marcel Koller wirkte nach dem ersten Sieg in der WM-Qualifikation erleichtert.

Überbewerten wollte der Schweizer den 4:0-Heimsieg gegen Kasachstan jedoch keinesfalls.

„Man muss wissen, woher man kommt. Wir sind noch nicht Weltspitze. Ja, wir haben jetzt gewonnen, aber es war gegen Kasachstan“, so der 51-Jährige.

Welche Erkenntnisse Österreichs oberster Trainer sonst noch sammeln konnte? LAOLA1 hörte seinen Worten aufmerksam zu:

MARCEL KOLLER…

… ÜBER DIE ERKENNTNISSE DES KASACHSTAN-SPIELS:

„Wir haben ein gutes Spiel geboten. Das Match hat zudem gezeigt, dass ein hoher Konkurrenz-Kampf im Kader herrscht. Es gibt nach wie vor Spieler, die wir immer einsetzen können. Das ist gut für mich als Trainer, weil mir dadurch viele Variationen zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite ist es für diejenigen, die zuletzt immer gespielt haben, schwierig einzugestehen, dass auch andere Spieler zum Einsatz kommen können. Dass man dann ein bisschen frustriert ist, gehört dazu. Das zu akzeptieren, ist aus meiner Sicht aber auch wichtig für den Teamgeist. Man sollte sich für die guten Leistungen der Kollegen auch freuen. Der Konkurrenzkampf gehört angenommen. Man kann mit guten Leistungen bei seinen Vereinen auf sich aufmerksam machen. Das jeder spielen will, ist klar. Die Drei, die gegen Kasachstan nicht gespielt haben (Ivanschitz, Baumgartlinger, Garics), haben die Entscheidung sehr professionell aufgenommen. Ich habe ihnen auch mitgeteilt, dass sie es nicht persönlich nehmen sollen. Für mich sind alle Kaderspieler wichtig. Sie sind auch nicht die Schuldigen, dass wir in Astana nicht gewonnen haben. Das wäre Blödsinn. Manchmal sind es taktische Überlegungen, manchmal ist es einfach ein Bauchgefühl.

… ÜBER DIE UNTERSCHIEDE GEGENÜBER DEM AUSWÄRTSSPIEL:

„Wir waren daheim griffiger, aber wenn wir in Kasachstan durch Harnik das erste Tor machen, hätten die Kasachen mehr Räume zugelassen. Sie haben am Dienstag auch nach dem 0:1 gleich weiter gespielt. Nach dem 0:2 sind sie etwas höher gestanden, wir hatten dadurch mehr Platz. Das wäre in Astana wohl auch der Fall gewesen, wir haben aber kein Tor gemacht. Und genau das hat gefehlt. Ein Treffer gegen eine so kompakt defensivstehende Mannschaft macht die Sache wesentlich einfacher.“

… OB MARC JANKO EIN POSITIVES BEISPIEL FÜR DEN ANGESPROCHENEN TEAMGEIST IST:

„Marc hatte es zuletzt nicht einfach. Der Vereinswechsel, die Verletzung. Er ist ein Stürmer von internationalem Format, ein Mann, der Tore schießen kann. Er war am Dienstag nicht nur präsent im Strafraum, sondern auch im Spielaufbau. Er hat die Bälle gut gehalten und gut verteilt. Marc hat zu unserem guten Spiel einiges beigetragen. Er hat bereits in Astana in den letzten 30 Minuten gezeigt, dass er spielen, dabei sein will. Das hat mir gefallen. Zum Schluss hatte er ein bisschen ein Fitness-Problem. Das ist für mich kein Problem. Ein Spieler kann immer zu mir kommen und sagen: Trainer, es reicht heute nur für 60 Minuten. Genau dorthin müssen wir kommen. Es bringt nichts, wenn jemand die volle Distanz geht, aber in der Schlussphase nur mehr mit Handbremse agiert.

…ÜBER DAS COMEBACK VON DAVID ALABA:

„Ich wusste nach den vier Einheiten, dass es kein Problem ist, David zu bringen. Er ist absolut fit und topmotiviert. Ich freue mich über seine Leistung, über sein erstes Tor. Und das es ohne Probleme abgelaufen ist. Ob seine Leistung ein Vorteil für die Bayern ist, weiß ich nicht. Es ist aber gut, dass er sein erstes Match absolviert hat, damit die Bayern sehen, dass es kein Problem gibt. Jetzt muss Jupp Heynckes entscheiden, ob er ihn bringt. David kann dank seiner Spielintelligenz jede Position bekleiden. Er verfügt über außergewöhnliche technische Fähigkeiten. Für uns ist er im Zentrum wichtig. Das möchte ich beibehalten. Bei den Bayern ist die Situation im Zentrum anders. Sie haben sich dort im Sommer erst mit einem 40-Millionen-Mann (Javier Martinez, Anm. d. R.) verstärkt. Als Junger verdient man sich seine Sporen auch meistens zunächst auf den Außenbahnen. Vielleicht rückt er irgendwann, wenn er noch mehr Erfahrungen gesammelt hat, auch dort in die Mitte.

… OB ALABA DIE LEISTUNG DES COMEBACKS KONSERVIEREN KANN:

„Einen Rückschlag, so dass gar nichts mehr geht, wird es nicht geben. Aber nach meiner Erfahrung wird nach drei, vier Spielen ein kleines Loch kommen. Ich bin aber überzeugt, dass die Bayern so viel Erfahrung besitzen, um dies aufzufangen. Sie werden ihm Pausen geben, schließlich gibt es mit der Champions League ein dichtes Programm. Da wird sicher rotiert werden.

… AUF DIE FRAGE, OB ARNAUTOVIC LINKS MEHR ZUR GELTUNG KOMMT:

„Er hat gute Abschlüsse gehabt, spielt aber bei Bremen auf der rechten Seite. Marko verfügt auch über einen starken linken Fuß. Er ist beidfüßig, aber rechts sicher stärker. Er kann beide Seiten spielen. Wenn er rechts spielt, kommt er mehr über außen, links zieht er mehr in die Mitte, um seinen starken rechten Fuß in Szene zu setzen.“

… AUF DIE FRAGE, OB ES DIE ÜBERLEGUNG GAB, AUF ARNAUTOVIC ZU VERZICHTEN:

„Es gab nicht nur mit Marko ein Vier-Augen-Gespräch sondern mit vielen anderen auch. Es ist definitiv nicht klar, dass er immer spielt. Man muss immer die aktuelle Situation analysieren. Es ist auch wichtig, ihn bei Trainingseinheiten aufmerksam zu machen, was zu tun ist, wenn er etwas nicht so umsetzt, wie er es gerne hätte. Und dann darauf zu achten, was passiert und was geht. Marko ist ein Spieler, der so wie gestern Spiele entscheiden kann. Das wissen wir.

… AUF DIE FRAGE, OB DER SIEG EIN PERSÖNLICHER BEFREIUNGSSCHLAG WAR:

„Nein. Es hängt von den Erwartungen ab. Ich weiß, dass alles passieren kann. Deswegen gehe ich nicht ins Spiel und erwarte, dass wir 4:0 gewinnen. Ich versuche aber das Team so einzustellen, dass wir gewinnen. Schlussendlich nehme ich das, was passiert, nicht das, was ich gerne hätte. So ist meine Lebensweise und damit fahre ich recht gut. So will ich es beibehalten. Der Sieg war für alle wichtig, um den Anschluss in der Tabelle zu halten. Wir können jetzt in den direkten Duellen mit Schweden und Irland um Platz zwei kämpfen.“

… ÜBER DEN BLICK AUF DIE TABELLE:

„Jetzt schaue ich dort hin. Noch ist nichts entschieden. Hochrechnungen bringen nichts. Wir müssen am Platz die Leistung zeigen, die gestern vorhanden war. Diese Performance müssen wir in den nächsten Spielen bestätigen. Nur so kann man sich Punkte erkämpfen. Es gibt aber auch Partien, in denen man einen schlechten Tag hat. Es geht eben nicht immer nur geradeaus. Und dann muss man wissen, woher man kommt. Wir sind noch nicht Weltspitze, sind nicht unter den ersten 20, nicht unter den ersten 10. Das muss man sich vor Augen halten. Ja, wir haben jetzt gewonnen, aber es war gegen Kasachstan. In den Duelle gegen Schweden und Irland müssen wir Punkte mitnehmen.“

… AUF DIE FRAGE, OB MAN SICH WEITERHIN AUSRUTSCHER ERLAUBEN DARF:

„Schwer zu beantworten, weil ich keinen Joystick habe, wo ich sagen kann: Du musst jetzt hier, da und so. Es wird immer Hochs und Tiefs geben. Wir hoffen aber, dass wir in den nächsten Spielen immer im biologischen Hoch sind.“

… AUF DIE FRAGE, OB WEITERE ÖSTERREICHER IM FOKUS STEHEN:

„Wir sind unterwegs, schauen uns die Spiele in Österreich an und informieren uns über die Legionäre. Es gibt speziell in der U21 sehr interessante Leute. Wir tauschen uns mit dem Trainerteam aus. Wir sind immer am aktuellsten Stand. Es kann immer jemand dazu kommen – siehe Andreas Weimann. Wir wollen aber nicht vier, fünf neue dazu holen. Gegen die Elfenbeinküste könnte es so sein, dass einige, die jetzt nicht gespielt haben, Spielpraxis bekommen.“

Aufgezeichent von Martin Wechtl