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Die Auswärtsschwäche des ÖFB-Teams

Die Auswärtsschwäche des ÖFB-Teams

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er etwas erzählen.

Polemisch formuliert lautet das Problem des ÖFB-Teams: Es geht nicht allzu oft auf Reisen, und wenn kann es selten von Siegen erzählen.

So auch nach dem ersten – und einzigen – Gastspiel in der Fremde im Kalenderjahr 2012. Das 0:0 in Kasachstan bedeutet einen Rückschlag bezüglich der Hoffnungen auf eine Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien.

Als Einzelspiel betrachtet, sind die 90 Minuten von Astana eine unnötige Nullnummer. Österreich hat den Underdog dominiert, präsentierte sich im Verwerten seiner Torchancen jedoch wieder einmal als nicht effektiv genug.

Nur vier Siege in letzten 32 Auswärtsspielen

In größerem Zusammenhang betrachtet, liegt dieses 0:0 jedoch voll im Trend. Um es auf den Punkt zu bringen: Österreich ist ganz einfach auswärtsschwach.

Egal wie die Spieler hießen oder welcher Teamchef sie betreute: Mehr als vier Auswärtssiege in 32 Versuchen schauten in den vergangenen zehn Jahren nicht heraus (siehe Tabelle) – Schottland im Jahr 2003, Wales 2005, Liechtenstein 2006 und Aserbaidschan 2011. Mehr war da nicht.

Unter den 28 sieglosen Partien befinden sich freilich auch achtbare Auftritte. Zum Beispiel das 2:2 im Jahr 2008 gegen den damals amtierenden Weltmeister Italien. Auch beim 0:1 in Serbien stimmte 2009 die Leistung. Das legendäre 4:4 in Belgien war 2010 sprichwörtlich „Fußball für Österreich“.

Ergebnisse wie das bittere 0:2 in Litauen, das 1:1-Remis auf den Färöer oder die beiden jüngsten Nullnummern in Kasachstan, um in der jüngeren Vergangenheit zu bleiben, manifestieren jedoch den Eindruck, dass sich das Nationalteam in der Fremde einfach schwer tut – und sich, bei allen Fortschritten, noch schwerer tut, diesen Makel loszuwerden.

Kaum Testspiele im Ausland

Warum ist das so? „Das stellt mich auch vor Rätseln“, findet Kapitän Christian Fuchs keine Antwort auf eine scheinbar simple Frage.

Tendenziell gibt es auch nicht den einen Grund. Phasenweise mag es in den vergangenen Jahren ein Qualitätsproblem gewesen sein – diese Zeiten sollten vorbei sein. Ist es möglicherweise ein Mentalitätsproblem, sich nicht an ungewohnte Umstände anpassen zu können? Mag sein, lässt sich allerdings nur schwer beweisen.

Auffallend ist freilich, dass die ÖFB-Elf zuletzt auswärts meist mit dem Ernstfall, sprich einem Pflichtspiel, konfrontiert war.

Nimmt man den Zeitraum seit der Heim-EURO 2008 her (in den beiden Jahren davor bestritt man ja bekanntlich ausschließlich Freundschaftsspiele), reiste der ÖFB-Tross lediglich zu drei Testspielen in die Fremde – 2008 nach Nizza, wo man auf Italien traf, 2011 in die Niederlande und beim Einstand von Teamchef Marcel Koller in die Ukraine.

„Können vor dieser Statistik nicht die Augen verschließen“

Im Februar 2013 steht wieder eines jener raren Freundschaftsspiele im Ausland auf dem Programm, und zwar in Wales, einem idealen Sparringspartner für WM-Quali-Gegner Irland.

Zum Vergleich: Im selben Zeitraum, also seit der EM 2008, bestritt das Nationalteam gleich 14 Partien zu Testzwecken vor heimischem Publikum – das Tourismusland Österreich präsentiert sich eben auch auf internationaler Fußball-Ebene gerne als guter Gastgeber.

Darüber, ob diese Strategie die ÖFB-Kicker ideal auf die teils ungewohnten Begebenheiten in der Fremde vorbereitet, lässt sich trefflich streiten, auch wenn sich extreme Bedingungen wie jene im zentralasiatischen Kasachstan mit vier Stunden Zeitverschiebung und einer Halle mit Kunstrasen nur schwer simulieren lassen.

Unter dem Strich steht, dass die rabenschwarze Statistik in Astana nicht verbessert werden konnte. „Wir können vor dieser Statistik nicht die Augen verschließen, das brauchen wir nicht schönzureden. Das sehe ich genauso, dass wir da stärker werden müssen“, findet Sebastian Prödl.

Will man zur WM, braucht man Auswärtssiege

Noch wichtiger als der Blick in die Vergangenheit ist ohnehin jener in die Zukunft. Auch wenn die beiden ersten Auswärts-Auftritte unter Koller nicht die gewünschten Resultate brachten, ist der Aufwärtstrend unter dem Schweizer unübersehbar.

Das Nationalteam trägt seine Handschrift, hat sich strategisch weiterentwickelt. „Wir sind auf einem besseren Weg als wir es in den letzten Jahren waren. Das macht mich zuversichtlich, dass demnächst ein Auswärtssieg kommen muss“, ist Prödl optimistisch.

2013 gibt es ohnehin genügend Gelegenheiten, fünf um genau zu sein, die Negativbilanz in einen Fall für die Geschichtsbücher zu verwandeln. Neben dem Test in Wales gastiert die ÖFB-Elf in der WM-Qualifikation in Irland, Deutschland, Schweden und auf den Färöer.

„Wenn man in der Gruppe Zweiter werden will, muss man auch auswärts Siege einfahren. Das ist in Kasachstan nicht gelungen, jetzt müssen wir eben gegen einen vermeintlich stärkeren Gegner die drei Punkte holen“, verdeutlicht Emanuel Pogatetz.

Wird dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt, könnte man 2014 vielleicht texten: Wenn der ÖFB eine Reise tut, kann er von der WM in Brasilien erzählen…

Peter Altmann