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"Korrekte Behandlung – das ist kein Luxus"

György Garics und das Nationalteam – ein eigenes Kapitel in der Karriere des mittlerweile 27-Jährigen.

Als Kapitän des U21-Teams hantelte sich der gebürtige Ungar nach oben und wurde vom damaligen Teamchef Josef Hickersberger 2006 im Alter von 22 Jahren mit seinem Debüt im rot-weiß-roten A-Team belohnt.

23 Teameinsätze und ein Tor später wurde der aufstrebende Außenverteidiger jedoch von einem Mann ausgebremst, der ihm bis heute ein Dorn im Auge ist: Dietmar Constantini.

„Er hat sich gleich am Anfang bei mir so präsentiert, wie es alle wissen. Ab dem Zeitpunkt war der Mensch für mich gestorben“, gibt der Bologna-Legionär im Gespräch mit LAOLA1 zu.

„Ich habe nichts bereut“

Nach öffentlicher Kritik wurde der Wahl-Italiener nicht mehr berücksichtigt, obwohl er aufgrund seiner Leistungen in der Serie A für Schlagzeilen im Aus- und Inland sorgte. Auch die Fan-Forderungen, Garics zurückzuholen, trafen bei Constantini auf taube Ohren.

Dementsprechend hat sich auch nach dem Aus des Tirolers als ÖFB-Teamchef am Verhältnis zwischen den beiden nichts verändert.

„An meiner Haltung hat sich seitdem nichts geändert. Ansonsten hätte ich diese Aussage nicht getätigt. Ich stehe dazu, was ich gesagt habe, auch zu den Konsequenzen. Ich habe nichts bereut, bin glücklich, was ich getan und gesagt habe und würde es jederzeit wiederholen.“

Insgesamt wurden dem Defensivspieler zwei Jahre auf der internationalen Bühne geraubt. Auch Garics ist sich bewusst, dass er sonst zehn bis 15 Länderspiele mehr auf dem Konto haben könnte.

„Mit so einem Menschen will ich nicht zusammenarbeiten“

„Natürlich tut es weh, weil ich denke, dass ich das Zeug habe, im Nationalteam zu spielen. Die verpassten Spiele kann ich sicherlich nicht mehr nachholen“, blickt er mit einem weinenden Auge zurück.

Trotzdem ist der Ex-Rapidler davon überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

„Bei so einem Menschen ist es gescheiter, wenn einem etwas gestohlen wird. Mit so einem Menschen, wie er war oder ist, will ich nicht zusammenarbeiten. Das habe ich am Anfang klipp und klar ausgedrückt. Deswegen tut es mir auch nicht weh.“

Da die Ära Constantini jedoch abgehakt ist, blickt Garics positiv in die Zukunft. Vor allem nachdem er von LAOLA1 erfuhr, dass ihn Neo-Teamchef Marcel Koller in seiner Antrittsrede namentlich und als interessanten Spieler für eine Zusammenarbeit erwähnte.

Garics über Koller-Bestellung erfreut

„Das klingt auf jeden Fall positiv. Ich habe davon noch nichts gehört, bin aber sehr froh darüber. Ich freue mich schon auf den Kontakt.“

Dieser wurde bisher noch nicht hergestellt, da Garics nach langer Verletzungspause erst vor kurzem wieder sein Comeback für den FC Bologna (hier geht’s zum großen Interview) feierte.

Viel weiß der gebildete Profi, der seine Matura mit „ausgezeichnetem Erfolg“ bestand, noch nicht über den Schweizer. Trotzdem begrüßt er die Entscheidung für einen unvoreingenommenen Außenstehenden.

„Ich freue mich, dass er da ist. Es gibt sicherlich Gründe für seine Wahl. Ich glaube nicht, dass der ÖFB jemanden nach Österreich holt, der vielleicht nicht dafür geeignet ist“, lautet Garics erste Einschätzung.

Bevor darüber geschrieben wird, dass ihm die Mama fehle, er die Küche von der Mama vermisse oder sich seine Freundin eine Gucci-Tasche gekauft hätte, sei es ihm aber recht, nicht im Mittelpunkt zu stehen.

Wenn dann nur, wenn es um die sportlichen Leistungen – egal ob Erfolg oder Misserfolg – geht. „Ich bin so erzogen worden, dass ich nicht auf eine Party gehe, wo ich nicht eingeladen bin. Werde ich nicht kontaktiert, werde ich mich sicherlich nicht aufdrängen.“

Gute Karten aufgrund von Außenverteidiger-Mangel

Dass der Mangel an herausragenden Außenverteidigern nicht nur in Österreich, sondern europaweit ein Problem darstellt, könnte Garics zumindest eine Einladung für die nächste ÖFB-Party im Frühjahr 2012 einbringen.

„Es ist nicht mehr so wie vor einigen Jahren, dass der Ball hinten weggehaut wird, es muss gespielt werden. Es spielen auf der ganzen Welt oft Innenverteidiger auf Außenpositionen, weil es mehr Nachfrage als Qualität gibt. Für mich kann das positiv sein, aber zuerst muss ich mich bei Bologna in die Mannschaft kämpfen.“

Dann könnte es auch zu einem Wiedersehen mit Andreas Ivanschitz kommen, mit dem Garics aufgewachsen ist und noch immer Kontakt pflegt. Auch der Mainz-Legionär hatte erst im Oktober seine Rückkehr ins Team gefeiert.

„Das hängt von Andi, mir und der Entscheidung des Teamchefs ab. Wenn wir alle im selben Boot sitzen und in dieselbe Richtung rudern, dann wird auch was Gescheites herauskommen“, glaubt Garics an eine erfolgreiche ÖFB-Zukunft.


Alexander Karper

Korrekte Behandlung und Geradlinigkeit

Eine Meinung will er sich jedoch erst bilden, wenn der Kontakt hergestellt ist. Was sich Garics vom neuen ÖFB-Steuermann erwartet, liegt auf der Hand.

„Korrekte Behandlung und Geradlinigkeit – das ist kein Luxus, sondern sehr wichtig, wenn man Kontakt zu Menschen herstellen will. Das ist das einzige, was ich mir von einem Trainer erwarte.“ Genau diese Aspekte hatte er bei Kollers Vorgänger vermisst.

Der Abwehrspieler will die Gewissheit haben, ob mit ihm geplant wird oder ob er in den neuen Plänen keine Rolle spielt. Schließlich ist er der Meinung, dass das Sportliche im Vordergrund stehen sollte und nicht, ob man jemandem nicht sympathisch ist oder auch einmal seine Meinung sagt.

„Findet er, dass ich geeignet bin, soll er mich einberufen. Dann werde ich durch meine Leistung bestätigen, ob ich geeignet bin oder nicht. Findet er von Anfang an, dass ich das nicht bin, braucht er das nur zu sagen. Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren.“

Rückzug aus der Öffentlichkeit nicht beabsichtigt

Seine Offenheit Dinge anzusprechen, sieht er auch als Mitgrund, warum der Eindruck entstand, er habe sich in Italien zurückgezogen und sei in der österreichischen Berichterstattung nicht mehr so präsent.

„Ich habe eine Art und Weise zu sprechen, die manchen vielleicht nicht gefällt. Ich sage meistens, was ich denke. Das ist vielleicht eine Seite von diesem unbeabsichtigten Rückzug. Die andere ist, dass über Spieler im Ausland weniger berichtet wird. Und vielleicht auch, weil ich schon lange vom Nationalteam weg bin.“