news

Im Rampenlicht

Im Rampenlicht

Als Sebastian Prödl gegen Brasilien eingewechselt wurde, kam er nicht als Abwehrspieler.

Der Innenverteidiger wurde in den letzten Minuten als Stürmer für die hohen Bälle eingesetzt, um den 1:2-Rückstand gegen den Rekordweltmeister doch noch aufzuholen. Vergeblich.

Freilich hatte diese Einwechslung mit dem Resultat und der Spieluhr zu tun, dennoch war es ein Bild mit Symbolcharakter. Seine angestammte Position im ÖFB-Team ist derzeit besetzt und das obwohl der Werderaner als Stammspieler der Weltmeister-Liga im Normalfall die besten Karten haben sollte.

Doch Aleksandar Dragovic und Martin Hinteregger haben in diesem Herbst untermauert, dass sie das Nummer-1-Duo im Abwehrzentrum bilden. „Die haben nicht nur heute stark gespielt, sondern das ganze Jahr“, meinte etwa Torhüter Ramazan Özcan nach der 1:2-Niederlage gegen Brasilien.

„Dragovic hat überragend gespielt“

Florian Klein, der sich 2014 das Stammleiberl als Rechtsverteidiger zurückerkämpfte, schlug in dieselbe Kerbe: „Die zwei machen das seit einigen Spielen schon richtig gut.“

Abgesehen von der Auswechslung des angeschlagenen Dragovic wenige Minuten vor Ende des Spiels gegen Russland, spielten beide nur deswegen nicht die bisherige EM-Qualifikation gemeinsam durch, weil Hinteregger in Moldawien angeschlagen auf der Bank saß.

In den letzten beiden Partien erhielt Dragovic jeweils die LAOLA1-Note „Sehr Gut“. In beiden Partien zeigte sich der erst 23-jährige Abwehrchef im Defensivverhalten herausragend.

„Er hat gegen Brasilien und Russland überragend gespielt“, lobte auch Teamchef Marcel Koller seinen Schützling und dessen Entwicklung: „Dragovic ist noch nicht so alt, aber von Anfang an dabei. Er hat zu seiner aggressiven Art, Zweikampfstärke und Präsenz die Ruhe und die Klarheit dazubekommen.“

Ein kongeniales Duo

Dragovic ist nun schon seit über fünf Jahren Teil des Teams, hält bei 35 Länderspielen und wird sich im Normalfall mit Kumpel David Alaba (22/33) irgendwann um den Rekordspieler-Titel matchen.

Hinteregger hat erst sieben Partien auf dem Buckel, entwickelte sich in diesem ÖFB-Jahr enorm. Der Salzburg-Verteidiger, der zuletzt jeweils mit einem „Gut“ abschnitt, ist mit 22 Jahren eine Spur jünger als sein aktuell kongenialer Partner. Doch das Alter lassen sie sich am Feld nicht anmerken.

„Die zwei haben die letzten Spiele schon sehr stark gespielt. Obwohl sie noch so jung sind, bringen sie jedes Mal Top-Leistung. Da werden wir noch sehr lange sehr viel Freude mit den beiden haben.“

Sagt ÖFB-Teamgoalie Robert Almer, der den besten Blick für die Arbeit seiner beiden Vorderleute hat. Er hält auch ob Prödl und Kevin Wimmer zurecht fest: „Wir sind allgemein sehr gut, sehr breit aufgestellt.“

Was vor allem Dragovic und Hinteregger auszeichnet, ist also ihr trockenes Spiel. „Sie haben die Ruhe am Ball, die Ruhe in den Situationen, Dinge zu erkennen, wenn etwa Pässe gespielt werden. Sie haben momentan alles, was einen guten, modernen Verteidiger ausmacht“, würdigt Almer ihr Spiel.

Auch ein Superstar wie Neymar flößt den Kickern keine Angst ein. "Es ist wie gegen jeden anderen. Er ist ein Ausnahme-Talent, aber er hat dennoch nur zwei Beine und kocht mit Wasser“, sagte Dragovic, der etwa in einem Duell (siehe unten) dem Superstar eben ganz trocken den Ball abnahm.

In einer Hinsicht unterscheiden sie sich

In einer Hinsicht unterscheiden sich die beiden allerdings. Während Dragovic bereits mit 19 Jahren die Wiener Austria Richtung Ausland nach Basel verließ, ist Hinteregger erklärt heimatverbunden.

„Ich bin heimatverbunden, fühle mich einfach so wohl hier und da muss es schon wirklich etwas Gutes geben, dass man mich von meiner Heimat weglockt“, sagte der RBS-Verteidiger („Red Bull fließt in mir“) unlängst hinsichtlich seiner Zukunft, die ob der sehr guten Leistungen offen scheint.

„Die Entscheidung, ob ich länger in Salzburg bleibe, fällt noch vor dem Sommer“, so Hinteregger, für den ob seiner Verbundenheit natürlich RB Leipzig ein heißes Thema ist. Auch weil der Linksfuß bei Salzburg noch einen Vertrag bis 2018 besitzt. So mancher der vielen Scouts bei beiden Länderspielen wird wohl auch Hinteregger auf seinem Notizblock stehen haben, Dragovic kennt man ohnehin.

Der Ukraine-Legionär ist seit Jahren stets ein gefragter Mann und seit Sommer 2013 auch der an der Ablöse gemessen teuerste ÖFB-Kicker der Geschichte, als er für neun Millionen Euro zu Dinamo Kiew wechselte. Schon damals hätte es auch Inter Mailand werden können.

„Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass Basel und Inter verhandeln. Von einer Einigung kann aber nicht gesprochen werden“, sagte Dragovic damals LAOLA1. Mit der Einigung wurde es nichts.

Spartak soll 15 Millionen Euro bieten

Noch nicht, denn mit Roberto Mancini hat ein neuer Trainer Inters Zepter in der Hand. Folglich wird es auch wieder Veränderungen im Kader geben, folglich könnte Dragovic wieder zum Thema werden.

Deutlich konkreter ist aktuell das Interesse von West Ham United. Doch der Premier-League-Klub sieht sich laut „Daily Mail“ mit russischer Konkurrenz konfrontiert. Spartak Moskau soll 15 Millionen Euro Ablöse bieten, englische Klubs sehen seinen Wert allerdings eher bei zehn Millionen Euro.

Spartak lockt den Wiener zusätzlich mit Geld in die russische Hauptstadt. So will die englische Tageszeitung wissen, dass Dragovic 110.000 Euro erhalten soll. Pro Woche.

Die Premier League lockt freilich mit ihrer Attraktivität – und so sollen auch Scouts von Manchester United, das Innenverteidiger mit Potenzial sucht, Dragovic genau auf die Beine gesehen haben.

Der nächste Transfer wird kommen, vielleicht schon im Winter, vielleicht erst im Sommer.

„Es gibt keinen konkreten Pläne, ich will mich Tag für Tag weiterentwickeln“, meinte der Ex-Austrianer, für den die Veilchen bislang rund zwei Mio. Euro Ablöse einstreiften, noch im September und hielt sich nach Ende der Transferzeit über das Interesse an ihm bedeckt („Das bleibt geheim“).

„Ich habe den nächsten Schritt gemacht“, erklärte Dragovic damals nach dem Wechsel zu Dinamo, das sich mehr als Inter um ihn bemühte und mit dem er in der ersten Saison Cup-Sieger wurde.

Nach den Leistungen gegen Russland und Brasilien vor zahlreichen Scouts scheint der nächste Schritt nur noch eine Frage der Zeit. „Aleksandar ist aber auf dem Boden geblieben, hat sich in seiner Persönlichkeit weiterentwickelt. Das ist sehr gut“, sagt Marcel Koller. Gute Voraussetzungen.

 

Bernhard Kastler