news

"Das war nicht das, was ich mir gewünscht habe"

Dass das Nationalteam in den vergangenen Jahren Schritte nach vorne gemacht hat, lässt sich auch in der Bewertung von Leistungen messen.

Selbst nach einem 2:1-Auswärtssieg wie jenem in Tschechien, immerhin erst der achte Erfolg in der Fremde in diesem Jahrtausend, ist nicht alles eitel Wonne.

Und das aus gutem Grund. Zufriedenheit mit dem Ergebnis? Ja. Aber der Weg dahin sorgte für unüberhörbare kritische Zwischentöne.

„Ganz klar, von der Leistung her hatten wir sicher bessere Spiele“, erklärte etwa Zlatko Junuzovic, „wir haben diesmal von der taktischen Seite her einmal etwas anderes probiert. Wir sind nicht gleich ins Pressing übergegangen, haben den Tschechen mehr oder weniger das Spiel überlassen. Das hat man auch gesehen in der ersten Halbzeit.“

„Man kann nicht zufrieden sein“

Besonders kritisch ordnete Marcel Koller die Darbietung ein. Der ÖFB-Teamchef hatte seine Elf in einem 4-1-4-1-System auf das Feld geschickt. Anstatt des gewohnten Angriffs-Pressings sollte diesmal Mittelfeld-Pressing auf der Tagesordnung stehen. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben überschaubar gut.

„Man kann nicht zufrieden sein. Ich weiß, dass wir anders spielen können“, betonte der Schweizer und führte die Performance vor allem auf die Müdigkeit nach einer langen Saison zurück. In einer ersten Reaktion sprach der 53-Jährige gar von „Flasche leer“.

„Wir haben heute anders aufgestellt, deswegen muss ich die Leistung auch auf meine Kappe nehmen. Aber Testspiele sind da, um etwas auszuprobieren. Wir haben gesagt, wir ziehen uns zurück, attackieren erst ab der Mittellinie, aber das ist nicht passiert. Vielleicht ist da etwas falsch rübergekommen“, mutmaßte der Eidgenosse.

Trotzdem ging Österreich durch das zweite Länderspiel-Tor von Youngster Marcel Sabitzer, der diesmal die Rolle als Solo-Spitze einnahm, in Minute 34 in Führung, kassierte aber noch vor der Pause durch Tomas Horava (42.) den Ausgleich.

„Genau das hat nicht funktioniert“

Ein Gegentor, das Koller natürlich ebenso missfiel: „Wenn man  führt, kann man sich zurückfallen lassen und die Räume vor dem Tor eng machen. Aber genau das hat nicht funktioniert. Wir haben uns zu weit hinten hineindrängen lassen. Das war nicht das, was ich mir gewünscht habe.“

Der ÖFB-Coach monierte zudem, dass sich zu viele Abspielfehler und Unkonzentriertheiten eingeschlichen hätten. „Jetzt wird es Zeit für den Urlaub, damit unsere Spieler neue Kräfte sammeln können.“

Mit aufgeladenen Batterien sei beim Auftakt in die EM-Qualifikation im September auch wieder ein anderer Fokus seiner Schützlinge zu erwarten.

Im Rennen um die Teilnahme an der EM 2016 könnte sich jedoch auch der Test in Olomouc noch als wertvoll erweisen. Denn der Versuch, unterschiedliche Varianten einzustudieren, ist ein überfälliger Schritt, auch wenn nicht alles auf Anhieb wie gewünscht klappt.

„Müssen mehrere Systeme bekämpfen, aber auch spielen können“

„Wenn man sich die letzte Qualifikation anschaut, hat es uns das Genick gebrochen, wie Schweden in der zweiten Halbzeit das taktische System umgestellt hat. Da müssen wir einfach flexibler werden, mehrere Systeme bekämpfen, aber auch mehrere System spielen können. Wir wissen, dass uns das Offensiv-Pressing gut liegt, aber wir können unser Spiel oft nicht über 90 Minuten durchziehen. Deswegen müssen wir uns in der einen oder anderen Spielphase auch dem Gegner anpassen“, erläuterte Sebastian Prödl.

Dessen Werder-Mitspieler Junuzovic ergänzte: „Da geht es um Notfall-Momente, die wir in der Quali brauchen, wo wir uns auch einmal zurückfallen lassen müssen. Keine Mannschaft der Welt kann durchgehend attackieren. Von dem her war es wichtig, vor der Quali auch einmal andere Züge und andere Spieler zu testen.“

Besser variieren ließe sich in der Qualifikation sicherlich das Timing, wann man die Herangehensweise switcht. Nach dem Seitenwechsel forcierte Rot-Weiß-Rot in Olomouc wieder das frühere Attackieren und sah dadurch besser aus als vor der Pause.

„Als wir uns zurückgezogen haben, haben die Tschechen zu spielen begonnen. Als wir drauf gegangen sind, wussten sie nicht wohin. Ich denke, wir hätten früher sehen müssen, dass wir draufgehen müssen“, erkannte Marko Arnautovic, der jedoch das Erfolgserlebnis in den Vordergrund stellte: „Wir haben 2:1 gewonnen, das ist das Wichtigste.“

„Vor nicht allzu langer Zeit hätten wir das Spiel wahrscheinlich verloren“

Im Vergleich zum 1:1 gegen Island in Innsbruck präsentierte man sich diesmal effizienter, ging nicht so verschwenderisch mit den Möglichkeiten um. „Wir haben das wirklich professionell durchgezogen“, lobte Junuzovic die Ergebnisorientiertheit.

Den seltenen Auswärtssieg stellte schließlich Julian Baumgartlinger mit einem sehenswerten Weitschuss in Minute 72 sicher – nach dem 3:0 auf den Färöer war es die zweite erfolgreiche Dienstreise über die Landesgrenzen hinaus en suite.

„Vor nicht allzu langer Zeit hätten wir so ein Spiel wahrscheinlich 1:2 verloren. Es ist auf jeden Fall ein Schritt nach vorne, dass wir auch in Spielen, in denen es schwer ist, fußballerisch aufzuzeigen, dagegenhalten und die Partie im Endeffekt für uns entscheiden“, betonte Emanuel Pogatetz.

„Mir sind solche Siege lieber, als in Schönheit zu sterben“

Zudem sei es laut Meinung des Innenverteidigers eine Erkenntnis dieses Lehrgangs, dass der Pool an Kandidaten immer größer werde: „Es war wichtig, dass sich gegen Tschechien noch andere Spieler zeigen konnten und man gesehen hat, dass auch auf jene Spieler, die im Moment ein bisschen hinten dran sind, Verlass ist. Wir haben einen guten Kader, viele Positionen sind doppelt oder mehrfach besetzt. Daher können wir positiv in die Quali gehen.“

Und mit dem Selbstvertrauen eines Siegs bei der Generalprobe. „Wir dürfen jetzt nicht in Jubel ausbrechen, das Spiel gehört ordentlich analysiert. Es stimmt, dass es kein Sahnetag von uns war“, meinte Prödl, „aber es ist trotzdem ein Sieg. Mir sind solche Siege lieber, als in Schönheit zu sterben.“

Das tat das ÖFB-Team in der jüngeren Vergangenheit ohnehin zu oft…


Peter Altmann/Jakob Faber