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"Hätte keine Angst vor einem Wechsel gehabt"

Wenn er von der „großen Wöd“ bei Werder Bremen spricht, kann Sebastian Prödl seine steirische Herkunft nicht verleugnen.

Möchte er auch gar nicht. „Ich will, dass man hört, woher ich komme“, betont der 24-Jährige, dass seine inzwischen vier Jahre im Norden Deutschlands zumindest sprachlich keine allzu großen Spuren hinterlassen haben.

Ganz anders sportlich. Denn die deutschen Tugenden hat der Innenverteidiger sehr wohl verinnerlicht – und wird es auch weiter tun.

Denn Prödl hat seinen Vertrag bei Werder im Frühjahr um weitere drei Jahre verlängert, wird den gewaltigen Umbruch beim Traditionsverein somit mitmachen und Teil eines längerfristig angelegten Projekts sein.

Zuvor gilt es jedoch, die beiden Länderspiele gegen die Ukraine und Rumänien zu absolvieren, beziehungsweise die für ihn persönlich schwierige Rückrunde abzuhaken. Denn aufgrund eines unglaublichen Verletzungspechs (erst stoppte ihn eine schwere Gesichts-, dann eine Muskelverletzung) kam er im Frühjahr nur auf fünf Einsätze.

Im Rahmen des ÖFB-Camps in Seefeld sprach Prödl über die Entscheidung, in Bremen zu bleiben, und den Status quo im Nationalteam:

SEBASTIAN PRÖDL…

…ÜBER DEN STÄNDIGEN KAMPF ZURÜCK NACH VERLETZUNGEN:

Es war keine einfache Rückrunde. Ich habe mir in der Winterpause viel vorgenommen, habe versucht, an mir zu arbeiten, weil der Herbst sportlich nicht so einfach war, obwohl ich mich weiterentwickelt habe. Ich habe eine sehr gute Vorbereitung absolviert, alles war eitel Wonne und dann verletzt man sich durch Fremdverschulden. Das zehrt schon ziemlich, vor allem in den ersten drei Wochen, wo du daheim liegst und nur Suppe oder Püriertes isst. Dann bist du schon ein bisschen machtlos und mental ziemlich am Boden. Sobald aber erste kleine Erfolge eintreten, geht es wieder bergauf. So etwas macht mich stärker und hat mich auch über die Jahre verbessert. In den Spielen, in denen ich im Frühjahr gespielt habe, habe ich eigentlich eine zufriedenstellende Leistung abgeliefert.

…ÜBER DIE VERÄNDERTE AUSGANGSPOSITION IN SEINER „ZWEITEN“ WERDER-KARRIERE:

Ich weiß mittlerweile, was zu tun ist und wie ich meine Fähigkeiten einsetzen muss, um ein guter Teil der deutschen Bundesliga zu sein, und wie fit ich sein muss, um zu bestehen. Ich glaube, dass ich jede Menge Erfahrung gewonnen und eine für mich persönlich gute Entwicklung genommen habe. Ich sehe mich selbst noch nicht am Ende, sehe noch Luft nach oben, weil mich einige Verletzungen zurückgeworfen haben.

…DIE WICHTIGKEIT DIESES ÖFB-CAMPS IM HINBLICK AUF DIE WM-QUALIFIKATION:

Es wird so oder so ein langer und sehr harter Weg, es zur WM zu schaffen. Wir wollen es jedoch schaffen, das ist ein Ziel. Wir wollen in der WM-Quali auf die Ebene von Irland und Schweden kommen. Da ich glaube, dass die Deutschen ziemlich fix ein Ticket für die ersten beiden Plätze haben werden, sind das unsere heißesten Gegner. Wir müssen uns mit aller Macht auf diese Ebene hieven. Jetzt haben wir die Chance, zwölf Tage zusammen zu arbeiten. Wie der Teamchef schon angekündigt hat, werden wir nicht die Berge anschauen und relaxen. Es ist wichtig, dass wir etwas erarbeiten. Es sind leider viele ausgefallen, was aber kein Nachteil ist, weil daraus der Pool an Spielern, aus dem der Teamchef fischen kann, und der Konkurrenzkampf vergrößert werden.

…ÜBER DIE ENTWICKLUNG DES KONKURRENZKAMPFES SEIT SEINEM A-TEAM-DEBÜT 2007:

Man spürt, dass die Auswahl und auch das Verlangen nach der Nationalmannschaft größer sind. Als ich angefangen habe, gab es feste Spieler, die immer dabei waren. Da war die Chance, dazu zu kommen, eigentlich nicht so groß. Das Spielerpotenzial, das zurzeit vorhanden ist, ist ein sehr großes und kann ein sehr erfolgreiches sein, weil viele Spieler bei guten Vereinen tätig sind und gute Leistungen gezeigt haben. Deswegen glaube ich, dass wir heute von uns sagen können, dass wir nicht nur schauen, ob wir das Ziel WM erreichen, sondern dass wir schon verpflichtet sind, an dieses Ziel sehr, sehr nahe heranzukommen.

…ÜBER DEN SICH ABZEICHNENDEN STAMM IM ÖFB-TEAM:

Es ist wichtig, einen Stamm von Spielern zu haben. Ich glaube, die Nationen, die vor uns sind, machen uns das auch so vor. Wenn man die Tschechen, Schweden oder Griechen anschaut, arbeiten die mit einem festen Stamm zusammen und um diesen Stamm werden die besten Spieler herangezogen. Diese Länder haben eigentlich dauerhaft Erfolg. Dieses Beispiel sollten wir uns auch nehmen. Da wir nur wenige Trainingseinheiten haben, muss sich die Mannschaft kennen und eine Philosophie aneignen, wo jeder Bescheid weiß, was er zu tun hat.

…ÜBER DIE CAUSA DRAGOVIC:

Es ist Thema bei uns, ganz klar. Es ist in ganz Österreich und der Schweiz Thema. Wir wissen alle, dass es Blödsinn ist, was er zwei Mal gemacht hat, dass er auch keine Reue gezeigt hat. Wir verlangen von ihm einfach, dass er hierher kommt, sich eingliedert, wie er es immer gemacht hat, und dass er seine sportlichen Leistungen bringt, die er auch bei Basel gezeigt hat. Wir wissen, dass er sich hier keinen Fauxpas leisten wird. Da sollte er auch selbst wissen, dass er hier gegen Wände laufen würde. Ich glaube, dass er daraus lernen wird und muss. Beim Team hat er sich aber immer sehr gut verhalten. Wir freuen uns auf ihn und seine sportliche Stärke, die er wieder einbringen wird und denke, dass wir kein Problem mit ihm haben werden.

…ÜBER SEINE EM-FAVORITEN:

Bei mir sind es die üblichen Verdächtigen – Spanien und Deutschland werden immer genannt. Der Druck auf diese beiden Länder ist jedoch sehr groß. Ich hätte einen Geheimfavoriten, und zwar Frankreich, weil ich glaube, dass sie eine ganz gute Mischung und individuell sehr gute Spieler haben, beziehungsweise ein sehr gutes System verfolgen.

Aufgezeichnet von Peter Altmann

…DARÜBER, OB BREMEN EINE SICHERHEITSENTSCHEIDUNG GEWESEN SEI:

Überhaupt nicht! Der Schritt von Graz nach Bremen war schon so riesig, dass ich vor einem Wechsel überhaupt keine Angst gehabt hätte. Ich hätte auch keine Angst gehabt, in ein anderes Land zu gehen. Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man das Umfeld kennt und weiß, was man unter seinem Trainer leisten muss, um zu spielen. Das ist natürlich ein Pluspunkt. Aber wichtig war die sportliche Komponente, und wie auch beim letzten Wechsel habe ich mich für diese entschieden.

…DARÜBER, OB ER AM WEG IST, EIN „DEUTSCHER“ ZU WERDEN:

Nein, das überhaupt nicht. Ich spreche auch oben noch oft im Dialekt, das stört sie auch ziemlich. Aber ich will, dass man hört, woher ich komme. Aber natürlich muss man sich anpassen, und Disziplin und Einstellung betreffend, gibt es einiges, was man sich abschauen kann - auch was die Deutschen an Selbstvertrauen vorleben. Aber ein Deutscher werde ich nie werden.

…ÜBER DAS ANDERE STANDING IM VERGLEICH ZU SEINEN ANFÄNGEN BEI WERDER:

Als ich mit 21 hingekommen bin, habe mir das alles angeschaut. Es war eine große Welt, ganz anders als bei Sturm. Dort gab es zehn Mitarbeiter, Werder Bremen hat 150 Mitarbeiter. Bis du dich akklimatisierst und dich an das Tempo in der deutschen Bundesliga gewöhnst, ist es schon eine Umstellung - noch dazu war die Champions League dabei. Ich habe also schon einige Erfahrungen machen dürfen in den letzten vier Jahren. Parallel ist mir auch der Verein sehr ans Herz gewachsen, deswegen habe ich gesagt, ich werde es auch in den nächsten drei Jahren bei Werder versuchen und das, was ich erlernt und erfahren habe, gut einsetzen.

…DARÜBER, OB ER BEI WERDER NOCH ETWAS ZU BEWEISEN HAT:

Was ich kennengelernt habe, ist, dass der Österreicher an sich nur 80 Prozent gibt, wenn 80 Prozent reichen. Diese Mentalität habe ich leider in Österreich auch an mir selbst erfahren. Deswegen habe ich gesagt, ich will bei Werder bleiben, weil du einen großen Konkurrenzkampf und eine große Liga hast, und du dich nur, wenn du 100 Prozent gibst, weiterentwickelst und spielst.

…ÜBER DIE GEDANKEN AN EINEN WECHSEL:

Ich habe mir darüber Gedanken gemacht. Es ist deswegen so intensiv auf mich zugekommen, weil ich verletzt war und mich eigentlich nur mit dem Thema beschäftigt habe: Bleibe ich oder wechsle ich? Da ich verletzt war, hatte ich keine Ablenkung von diesem Thema. Es waren ein paar interessante Sachen dabei, Namen möchte ich aber keine kommentieren, das habe ich beim letzten Transfer auch nicht gemacht. Ich hätte mich aber nicht falsch entscheiden können.