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"Man kann nicht besser vorbereitet sein"

Der Freitag war für Willi Ruttensteiner ein trauriger Tag.

Weniger aus sportlicher Hinsicht, denn das U21-Team des ÖFB besiegte Bosnien in St. Pölten mit 2:0.

„Aber wenn man so ein Spiel vor 2400 Zuschauern miterlebt, wo ungefähr 2200 aus Bosnien kommen und man eigentlich ein Auswärtsspiel bestreitet, ist es für mich unverständlich, dass eine Bevölkerung diese Talente nicht sehen will. Ich denke, dass wir zusammenhelfen müssen, dass mehr Patriotismus für diese jungen Spieler entsteht, dass die Leute hingehen, sich das anschauen und die Leistung dieser Spieler auch respektieren. Das war für mich wirklich ein trauriges Erlebnis, dass wir kein österreichisches Heimpublikum hatten“, hält der ÖFB-Sportdirektor ein Plädoyer für die Youngsters des Fußball-Verbandes.

An der sportlichen Performance könne es seiner Meinung nach nicht scheitern: „Ich habe nachher noch kurz mit Ivica Osim gesprochen, er hat uns zu den tollen Spielern ein großes Kompliment gemacht.“

Ruttensteiners Win-Win-Situation

Die unerwartete 1:3-Pleite gegen Albanien im März hat möglicherweise nicht nur die Chancen auf eine EM-Qualifikation entscheidend gemindert, sondern auch das Publikums-Interesse an der Elf von Werner Gregoritsch.

Diese Sorgen muss sich eine Etage weiter oben Marcel Koller nicht machen, wenn am Montag die Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich in Angriff genommen wird. Das Happel-Stadion ist für das Kräftemessen mit Schweden ausverkauft.

Nach dem Abschied von Co-Trainer Fritz Schmid ist Ruttensteiner während den ÖFB-Camps als aktiver Teil in den Betreuerstab integriert.

„Als Sportdirektor ist es für mich eine Win-Win-Situation, bei jedem Training und bei jeder Besprechung mit dabei zu sein. Auf der einen Seite kann ich den Teamchef unterstützen und ihm meine Eindrücke unter vier Augen mitteilen. Auf der anderen Seite ist es wichtig, die Arbeit, die beim A-Team passiert, auch auf alle anderen Nationalmannschaften – von der U21 bis runter zur U15 - zu übertragen, und dort diese Inhalte mit den Trainern zu koordinieren sowie sicherzustellen, dass die Spielphilosophie, die wir seit Jahren weiterentwickeln, umgesetzt wird“, verdeutlicht der 51-Jährige.

„Heute ist es so, dass ich es wirklich glaube“

Ruttensteiner spricht nach dieser Trainingswoche von „optimalen Bedingungen. Und jeder, der Marcel kennt, weiß, dass er immer Verbesserungen sucht, wenn Kleinigkeiten nicht hundertprozentig in Ordnung sind. Er will immer optimieren.“

Auch die Trainingsleistungen der Spieler seien positiv zu bewerten, weshalb beim Oberösterreicher für die anstehende Qualifikation der Optimismus regiert:

„Ob WM oder EM, ich habe jetzt schon einige Starts in eine Qualifikation erlebt. Jeder hat dabei ein Bauchgefühl. Wenn ich zum Beispiel an 2008, 2010 oder 2012 zurückdenke, habe ich mir immer von ganzem Herzen gewünscht, dass wir uns qualifizieren. Heute ist es so, dass ich es wirklich glaube.“

2008, unmittelbar nach der Heim-EURO, hätten beispielsweise einige Spieler erst ihre Auslands-Karriere gestartet, sei die internationale Erfahrung allgemein noch geringer gewesen.

„Man kann nicht besser vorbereitet sein“

„Jetzt ist das wirklich eine Mannschaft, die Fähigkeit und Potenzial hat, um sich zu qualifizieren. Aber die Spiele werden auf dem Platz entschieden. Wenn jeder das abruft, was er kann, glaube ich wirklich zu 100 Prozent daran, dass wir in Frankreich dabei sein werden. Das ist wirklich das erste Mal der Fall. Bei den vorigen Qualifikationen ist immer die Frage hochgekommen: Reicht die Qualität schon? Jetzt bin ich überzeugt davon“, betont Ruttensteiner.

Natürlich erhöht auch der Umstand, dass erstmals 24 Nationen in Frankreich mit von der Partie sein werden, die Wahrscheinlichkeit, dass sich Österreich erstmals seit 1998 für die WM in Frankreich aus eigener Kraft für ein Großereignis qualifizieren wird.

Der Sportdirektor sieht jedoch auch in den eigenen Fortschritten die erhöhte Wahrscheinlichkeit begründet. Er streicht die Arbeit des Betreuerstabs um Koller hervor und verspricht etwa im Hinblick auf das Schweden-Match, dass die Mannschaft in der Theorie perfekt auf die Stärken und Schwächen der Skandinavier eingestellt sei.

„Wenn unsere Mannschaft das umsetzt, was sie sich in dieser Woche erarbeitet hat, wird Österreich als Sieger vom Platz gehen. Ich kann sagen, dass man nicht besser vorbereitet sein kann. Ich habe großen Respekt vor Schweden, auf der anderen Seite traue ich dieser Mannschaft zu, dass wir endlich dorthin kommen, wo unsere Vision ist, nämlich dass wir diese Gegner besiegen können.“

„Man darf und muss erwarten, dass sie das umsetzen“

Dass die Voraussetzungen so optimal wie schon lange nicht mehr sind, bestreitet auch innerhalb der Mannschaft niemand. Mit entsprechendem  Selbstvertrauen wird die Ausscheidung für die EURO 2016 in Angriff genommen.

„Der Glaube ist ungebrochen, dass wir uns qualifizieren“, erklärt Sebastian Prödl, „auch die Motivation, dafür zu arbeiten, ist riesig. Wenn wir unser Potenzial voll ausschöpfen, stehen die Chancen dafür richtig gut.“

Prödl ist wie etwa auch Kapitän Christian Fuchs einer jener Spieler, die nach der EM 2008 das Land verlassen haben. Inzwischen spielt er seine siebte Saison bei Werder Bremen.

Ruttensteiner: „Wir haben einen Spieler, der die Champions League gewonnen hat, andere spielen seit Jahren im Ausland. Hier kommen Spieler zur Nationalmannschaft, von denen man am Feld erwarten darf und muss, dass sie das umsetzen.“

Dass die Zeit reif ist, hofft Fußball-Österreich schon länger. Vielleicht ist sie es inzwischen wirklich. Die kommenden 15 Monate werden es weisen.


Peter Altmann