news

"Schweden ist kein Wiesengegner"

Mit einem Lächeln begrüßte Teamchef Marcel Koller die Medienvertreter zur Nachbetrachtung des 1:1 gegen Schweden.

Der Schweizer machte kein Hehl daraus, dass er den Auftakt in der EM-Qualifikation zwar gerne gewonnen hätte, mit dem Punkt und vor allem der Leistung aber so wie schon unmittelbar nach Spielende zufrieden wäre.

„Denn es gab Fortschritte. Wir sind nach dem Ausgleich nicht hektisch oder nervös geworden, sondern haben versucht, den Gegner auszuspielen“, erklärte der 53-Jährige.

Seine weiteren Erkenntnisse? LAOLA1 hörte dem Teamchef aufmerksam zu.

MARCEL KOLLER…

… ÜBER DAS REMIS GEGEN SCHWEDEN:

"Wir wollen immer gewinnen. Das ist auch bei den Zuschauern so rüber gekommen. Durch das 1:1 sind wir in der EM-Quali noch nicht ausgeschieden. Die Qualifikation wird nicht am ersten Tag entschieden. Ich habe aber in den letzten Jahren schon gemerkt, dass es beim Österreicher nur himmelhoch jauchzend oder die totale Enttäuschung gibt. Das muss man relativieren. Das machen wir. Schweden ist ja kein Wiesengegner – die sind schon gut. Das haben sie in der letzten Quali bewiesen. Wir dürfen die Geduld nicht verlieren. Wichtig ist, an sich zu glauben und sich nicht verrückt machen zu lassen."

… ÜBER DIE UNGENÜTZTEN TORCHANCEN:

"Schweden hatte nach dem 1:1 noch einen Lattentreffer und am Schluss einen gefährlichen Eckball. Wir haben uns Chancen herausgespielt, bei einer sehr guten hat die letzte Konsequenz gefehlt. Manchmal wollten wir es zu schön machen. Dabei geht es einfach: Ball annehmen, drehen, schießen – vielleicht geht der Ball dann rein. Der Gegner ist sehr tief gestanden. Ihre Außenspieler Zengin und Durmaz haben sehr diszipliniert nach hinten gearbeitet. Manchmal bekommst du nur ein, zwei Topchancen. Unser Ziel muss es sein, eine davon zu nützen. Daran werden wir arbeiten. Es ist aber jedes Spiel unterschiedlich, beim nächsten Match kann es schon wieder ganz anders sein."

… ÜBER FEHLENDE KALTSCHNÄUZIGKEIT:

"Es fehlt dafür die tägliche Arbeit. Du musst bei jedem Training dahinter sein und manchmal grantig werden. Dann nämlich, wenn du mitbekommst, dass jemand etwa die Torabschluss-Einheiten zu locker nimmt und nicht die nötige Spannung und Effektivität zeigt. Die ist auch im Training notwendig. Andererseits ist Fußball ein Spiel, wo du nicht jede Torchance verwertest. Die Schweden sind sehr diszipliniert aufgetreten, waren mit neun Mann hinter dem Ball. Es war schwierig. Dennoch war ich mit der Leistung zufrieden, denn es gab auch Fortschritte. Wir sind nach dem Ausgleich nicht hektisch oder nervös geworden, sondern haben versucht, den Gegner auszuspielen. Schon bei der WM war zu erkennen, wie schwierig es ist, wenn neun, zehn Mann im Sechzehner stehen und die Räume zu sind. Wir sind nicht richtig durchgekommen. Aber es geht weiter."

… ÜBER DIE FORTSCHRITTE GEGENÜBER DEM SCHWEDEN-SPIEL IN STOCKHOLM:

"Ich habe nicht nur auf das Auswärtsspiel gegen Schweden geschaut, sondern auf die ganze Qualifikation. Da haben wir oft nicht die Ruhe im Passspiel bewahrt, sondern die Bälle oft nur nach vorne gespielt. Diesmal haben wir gut kombiniert, haben versucht, Fußball zu spielen. Das Team hat meine Vorgaben schon recht gut umgesetzt. Dass du hin und wieder hängen bleibst, gehört dazu. Wenn der Gegner nach vorne kommt und du den Ball abfängst, hast du die Möglichkeit, vertikal zu spielen und es besteht die Chance, die Situation auszunützen. Es gab gestern solche Aktionen, doch wir haben manchmal verzögert – du musst aber voll durchziehen, das Tempo hoch halten. Wenn du abbremst, ist der Gegner hinter dem Ball. Daran gilt es zu arbeiten."

… ÜBER DIE MEDIALE KRITIK AN MARC JANKO:

"Es lag sicher nicht am Jetlag. Er selber hat auch nie den Eindruck hinterlassen, dass er deswegen von der Rolle wäre. Gut, die Vorbereitung beginnt in Australien erst im Oktober, dass er im physischen Bereich noch nicht bei hundert Prozent ist, ist daher klar. Er hat sich im Training aber sehr gut bewegt und Präsenz gezeigt. Das hat er auch im Match getan. Wenn man ihn mit Superstar Ibrahimovic vergleicht – der ist auch nicht viel gelaufen. Ich habe das Gefühl, dass Janko bei einigen so etwas wie unten durch ist, weil er immer gleich ausgepfiffen wird. Für uns ist er wichtig. Beim nächsten Treffen hat er drei Wochen mehr Training in den Beinen. Er wird dann weiter sein"

… ÜBER DAS UNNÖTIGE GEGENTOR:

"Janko war auf Ibrahimovic zugeteilt, doch er war zu spät dran. Er war eingeteilt. In der Szene hat es aber nicht geklappt."


… ÜBER SEINE BEURTEILUNG DER TEAM-LEISTUNG:

"Da ich kein Lehrer bin, muss ich keine Noten geben. Es gab Sachen mit denen ich zufrieden war, mit anderen Sachen wiederum nicht. Es gibt immer Dinge, die man ansprechen und verbessern muss. Ich habe ja bereits vor dem Match gesagt, dass ich in meiner 17-jährigen Laufbahn als Trainer erst einmal nach einem Match richtig zufrieden war, weil die damalige Mannschaft es wirklich geschafft hat, alle meine Vorgaben 1:1 auf den Platz zu bringen."

… ÜBER DIE TÄTLICHKEIT VON IBRAHIMOVIC GEGEN ALABA:

"Ich habe gestern nur das TV-Bild gesehen, als Alabas Kopf nach hinten knallt. Da hat man aber nicht die Bewegung gesehen. Mittlerweile habe ich die Szene von unserer Hintertor-Kamera angeschaut. Da sieht man es klar. Die Schweden haben Einwurf, spielen den Ball nach vorne. Ibrahimovic war nicht involviert und macht dann eine klare Bewegung mit dem Ellbogen. Aus unserer Sicht war es klar Rot. Für den Schiedsrichter und den Assistenten war es aufgrund ihrer Positionen jedoch schwer zu sehen."

… AUF DIE FRAGE, OB MAN SELBER „BÖSER“ WERDEN SOLLTE:

"Am Platz geht es zur Sache. Du musst Zweikämpfe gewinnen, dagegenhalten und darfst dich nicht einschüchtern lassen. Die Schweden sind robust, sie wissen, wie man sich körperlich wehren kann. Wenn wir bei jeder Aktion, die etwas härter ist, anfangen zu diskutieren oder lamentieren, sind wir am falschen Weg. Ich versuche im Training, das eine oder andere Foul nicht zu pfeifen und die Reaktion der Spieler zu sehen. Ich möchte meine Spieler vorbereiten, was passieren könnte, denn nur wenn der Schiedsrichter ein Foul gibt, ist es auch eines. Ich denke da an die Auswärtsspiele gegen Moldawien und Montenegro. Dort ist ein enger Platz. Es könnte hektisch werden. Wir müssen bereit sein, dagegen zu halten, bereit sein, die Zweikämpfe anzunehmen. Ich finde es aber nicht gut, wenn man mit versteckten Fouls spielt. Es ist aber so, dass man sich im Zweikampf mehr wehren kann bzw. muss. Das versuche ich den Spielern mitzugeben. Genauso möchte ich, dass wenn der Ball dabei ist, es schon einmal krachen kann. Denn wir wollen den Zweikampf gewinnen, wollen in Ballbesitz sein. Da müssen wir zulegen. Speziell auswärts müssen wir noch präsenter im Zweikampf sein."

… ÜBER ARNAUTOVIC‘ TORFLAUTE IM TEAM (1650 MINUTEN):

"Arnautovic hatte die Szene, wo er in den Sechzehner kommt, Harnik zurückspielt und er leider das Tor nicht trifft. Das war eine gute Möglichkeit. Auf seiner Position ist es wichtig, auch Treffer zu erzielen - nicht nur gut zu spielen oder Tore vorzubereiten. Er muss eine Schippe drauflegen, muss sich auch bei Stoke wieder aufdrängen. Immerhin hat er neue Konkurrenz auf seiner Position bekommen."

… AUF DIE FRAGE, WARUM LAZARO UND NICHT SABITZER EINGEWECHSELT WURDE:

"Sabitzer ist gut drauf, hat gut trainiert. Er war schon eine Überlegung. Ich habe mich jedoch für Lazaro entschieden. Er hat in den Trainingseinheiten den Lauf in die Tiefe besser umgesetzt. Da hatten wir die Hoffnung, dass wir durchstecken können und er mit seiner großen Schnelligkeit in den Rücken der Verteidigung kommt."

… AUF DIE FRAGE, OB ALABA EINE ÜBERLEGUNG FÜR LINKS WÄRE:

"Natürlich überlegt man so eine Möglichkeit. Für uns ist David aber wichtiger in der zentralen Position. Denn links hätte er wahrscheinlich weniger Ballkontakte. Im Zentrum bist du wesentlich aktiver mit dabei."

… ÜBER DAS DUO DRAGOVIC/HINTEREGGER:

"Sie haben die Aufgabe Ibrahimovic gut gelöst. Beide haben sich sehr gut unterstützt. Es ist nichts angebrannt. Sie waren sehr konzentriert und fokussiert."

 

Aufgezeichnet von Martin Wechtl