news

"Mache Sachen so, wie ich sie für richtig halte"

Seinen Humor hat Marc Janko am anderen Ende der Welt nicht verloren.

„Als ich abgeflogen bin, hatte ich noch eine Stoppelglatze. Seither hat sich etwas getan“, streicht sich der 31-Jährige im Gespräch mit LAOLA1 durch seine blonden Haare.

Die Frage nach den Reisestrapazen hat natürlich auch eine ernsthafte Seite, das ist auch dem Neo-Legionär beim australischen Verein FC Sydney bewusst.

Er selbst habe sich vorgenommen, „nicht zu viel über die Strapazen zu sudern“ und auch dem Jetlag keine Chance zu geben: „Selbst wenn ich einen hätte, würde ich es meinem Körper nicht zugestehen. Ich bin optimistisch, dass ich das gut verkraften werde.“

Senator-Status keine Motivation

Deshalb seine klare Ansage: „Es war von Anfang an meine Wahl. Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse. Ja, es war eine lange Anreise. Ja, es war ein bisschen mühsam. Aber ich glaube, wenn ich so eine lange Anreise hinter mich bringe, merkt man, wie sehr ich ein aktiver Teil sein will. Ich möchte das nicht, um den Senator-Status bei Flugmeilen zu sammeln, sondern um die Qualifikation zu schaffen. Und auf jeden Fall ist es besser, in einem Mannschaftsverbund zu stehen und regelmäßig zu spielen, als in der Türkei auf der Tribüne zu sitzen.“

Das missglückte Engagement bei Trabzonspor hat der Stürmer hinter sich gelassen. Wieder zurück auf österreichischem Boden kann Janko indessen von einem geglückten Auftakt ins Abenteuer Australien berichten.

In einem Testspiel gegen Brisbane Roar – Meister der Jahre 2011, 2012 und 2014 – hat er seinen ersten Treffer für seinen neuen Arbeitgeber erzielt: „Brisbane hat in den letzten Jahren die Liga dominiert. Insofern war es ein guter Einstand. Außerdem war es ein ganz ungewöhnliches Janko-Tor von außerhalb des Sechzehners.“

I did it may way

Nicht nur mit diesem Flachschuss ins rechte Eck gewann er neue Freunde im Team, er sei allgemein gut aufgenommen worden: „Als Aufnahmeritual musste ich vor den Jungs singen, ein bisschen meine Komfortzone verlassen. Das mache ich nicht so gerne. Ich habe My Way von Frank Sinatra gesungen. Es war eine Überwindung, aber im Endeffekt eine ganz lässige Situation.“

Wieder zurück auf heimischem Boden

Man denke nur an Emanuel Pogatetz, der sich nach wie vor auf Vereinssuche befindet. Der Innenverteidiger fehlt damit im Aufgebot für das Qualifikations-Spiel gegen Schweden, aber auch prominente Namen wie Andreas Ivanschitz oder Andreas Weimann fanden diesmal keine Berücksichtigung.

„Die Breite ist auf jeden Fall größer geworden“, findet Janko, „wir haben mehr Spieler, die in Frage kommen. Das ist sehr gut für das Nationalteam, weil Konkurrenz immer das Geschäft belebt. Insofern begrüße ich das sehr und freue mich, dass wir inzwischen so aus dem Vollen schöpfen können.“

An vorderster Front ist Janko diesmal mit Rubin Okotie konfrontiert: „Wir haben viele gute Stürmer. Wir werden sehen, welchen der Teamchef ins Rennen schicken wird.“

„Davon wird auch das Nationalteam profitieren“

Er selbst fühlt sich gut gerüstet: „In der australischen Liga und in meiner Mannschaft tummeln sich lauter topaustrainierte Jungs. Das kommt meiner Spielweise sehr zu Gute. Je länger ich dort spiele, desto fitter werde ich werden. Ich glaube, davon wird auch das Nationalteam profitieren.“

Während das Erlebnis in Stockholm ein negatives war, erinnert man sich beim ÖFB gerne an das WM-Quali-Heimspiel gegen die Schweden zurück. Insbesondere der 1,96-Meter-Riese, der damals einen Treffer zum 2:1-Sieg beisteuerte, obwohl er bei Trabzonspor monatelang am Abstellgleis gestanden war: „Insofern ist das für mich jetzt eine andere Vorbereitung und ich denke, auf keinen Fall eine schlechtere.“

Eine Song-Wahl, die zu seinem aktuellen Karriere-Status passt. Kritiklos ging die Übersiedelung auf den fünften Kontinent nämlich nicht über die Bühne.

Dazu fand er gegenüber „Red Bulletin“ deutliche Worte: „Ich weiß, dass viele nicht verstehen, warum ich nach Australien gegangen bin. Ich entgegne den Kritikern allerdings gar nichts. Jeder kann seine Meinung haben, aber ich bin für mein Leben verantwortlich. Es ist mein Leben und da treffe ich die Entscheidungen.“

„My Way“ war so gesehen schon in frühen Kindertagen sein Motto, wie er schmunzelnd erzählt: „Ich mache Sachen generell nicht so, wie man es vielleicht von jemandem erwarten würde, sondern wie ich es für richtig halte. Das war schon von klein auf so. Eine der Lieblingsgeschichten meiner Mutter ist, dass sie mir mit vier oder fünf Jahren gesagt hat, ich soll mein Zimmer aufräumen und ich geantwortet hätte: ‚Mama, das ist mein Leben, du kannst mir nicht vorschreiben, was ich zu tun habe.' Das hat sich ein bisschen durch mein Leben gezogen. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum My Way einer meiner Lieblings-Songs ist.“

Poker hätte nach hinten losgehen können

Zum Zeitpunkt, als sich Janko für den FC Sydney entschied, hatte er zudem kein anderes Angebot auf dem Tisch liegen: „Ich wollte nicht mehr länger warten. Man sieht teilweise an prominenten Beispielen, dass das auch nach hinten losgehen kann.“

Alles in allem regiert der Optimismus im Hinblick auf den Startschuss für das Rennen um die EM-Qualifikation: „Ich denke, ich kann für alle sprechen, dass sich jeder ungemein auf das Duell mit Schweden freut. Wir haben bewiesen, dass wir mit ihnen zumindest auf Augenhöhe sein können. Ich bin sehr positiv gestimmt, dass wir wieder so ein gutes Spiel abliefern können wie beim letzten Heimspiel.“

Mane neuer Rekordhalter

Eine „Niederlage“ musste Janko zu Wochenbeginn allerdings doch verkraften. Mit dem Abgang von Sadio Mane zu Southampton ist er nicht mehr der teuerste Akteur der Bundesliga-Geschichte – für seinen Wechsel zu Twente Enschede kassierte Salzburg einst kolportierte sieben Millionen Euro.

Die Stoppelglatze bleibt dem Niederösterreicher jedoch erspart, denn zum Haareraufen ist diese Nachricht nämlich nicht wirklich:

„Ich muss mir gleich einen Termin beim Psychologen ausmachen, denn ich weiß nicht, ob ich das verkrafte“, schmunzelt Janko, „nein, es ist mir wirklich egal.“


Peter Altmann/Bernhard Kastler