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"Der neue Alaba kann keiner von uns werden"

Christoph Leitgeb, Stefan Ilsanker oder Veli Kavlak?

„Wir hauen uns schon gegenseitig auf die Füße“, lacht Leitgeb.

Nein, so schlimm sei der Konkurrenzkampf dann auch wieder nicht. Dennoch ist es die vermutlich spannendste personelle Frage im Hinblick auf das Russland-Match, wer den am Knie verletzten David Alaba ersetzen wird.

Während sich ansonsten im Laufe der bisherigen EM-Qualifikation mehr oder weniger eine Stammelf gebildet hat, ist die Rolle des Ersatzmanns für den fehlenden ÖFB-Star vakant.

Spielen will natürlich jeder des in Frage kommenden Trios, entscheiden muss der Teamchef – jeder der drei Kandidaten weiß in Zeiten intensiver Medienschulungen natürlich genau, welche politisch korrekten Antworten gefragt sind.

Kampfansagen? Selbstredend Fehlanzeige. Interessant ist dennoch jede der drei Personalien auf ihre eigene Art und Weise:

CHRISTOPH LEITGEB:

Der Salzburg-Kicker steht bei Teamchef Marcel Koller hoch im Kurs und wird als erster Anwärter auf die Rolle der Alaba-Vertretung gehandelt.

Seit 2006 befindet sich der 29-Jährige im Kreis des Nationalteams, 40 Länderspiele zieren inzwischen seinen Lebenslauf – und ein großes Manko: Sein erstes ÖFB-Tor lässt nach wie vor auf sich warten.

„40 schon?“, zeigt sich der gebürtige Grazer auf Nachfrage von LAOLA1 ein wenig überrascht, gleichzeitig jedoch hochmotiviert, endlich die eigene Tor-Statistik aufzupolieren: „Es wird höchste Zeit! Also mit null mag ich am Ende nicht dastehen.“

In Moldawien war er zuletzt knapp dran, ehe ihn der eigene Killerinstinkt wieder einmal im Stich ließ, wie er grinsend feststellen musste: „Da hatte ich zuvor 15 Sprints gemacht, dann ist der Ball plötzlich vor mir gewesen und ich habe erst einmal kurz durchblasen müssen. Dann war ich zu hektisch.“

Zum Scherzen ist Leitgeb bei diesem Thema jedoch eigentlich nicht zu Mute. Denn die fehlende Torgefahr verbindet abseits von Alaba, der aus dem Spiel heraus und als Elferschütze in gewisser Regelmäßigkeit trifft, alle zentralen Mittelfeldspieler des ÖFB – auch den gesetzten Julian Baumgartlinger.

„Es wäre nicht das Schlechteste, wenn die Sechser mehr Tore machen würden“, betont Leitgeb, der meint, dass er wenigstens im Training „ab und zu einen reinhauen“ würde.

Das Training ist auch der ideale Ort, um sich für einen Einsatz gegen die Russen aufzudrängen. „Ich gebe Gas“, verspricht der Steirer, weist jedoch darauf hin, dass persönliche Eitelkeiten innerhalb des ÖFB-Teams fehl am Platz sind:

„Jeder der 23 Kadermitglieder will spielen, das ist ganz klar. Aber es geht darum, dass wir unser Ziel erreichen, dafür wollen wir am Samstag drei Punkte holen.“

Leitgeb sammelte beim Heim-Turnier 2008 bereits EM-Erfahrung. Logisch, dass er sich ein zweites Mal in seiner Karriere auf dieser Bühne präsentieren will.

Wie viel sich eigentlich von der Spielanlage ändern würde, wenn er anstelle von Alaba aufliefe? „David ist ein Klassespieler. Er ist noch sehr jung, am Platz meist sehr aufgedreht und überall zu finden, er will die Bälle haben. Aber ich würde nicht sagen, dass der Unterschied so groß ist.“

Wobei der FC Bayern vom Arbeitgeber her natürlich ein anderes Kaliber sei: „Eine der besten Mannschaften der Welt, ein anderes Level als Salzburg.“ Schlitzohriger Nachsatz: „Aber wir haben die Bayern schon geschlagen.“

VELI KAVLAK:

„Ich bin froh, dass ich wieder da bin!“ Das Leid seines Kumpels Alaba ist Kavlaks Freud. Nur durch den Ausfall des Bayern-Stars rückte der Besiktas-Legionär erstmals seit dem Test gegen Uruguay im März wieder in den ÖFB-Kader ein.

Die beiden Länderspiele gegen Island und Tschechien verpasste er verletzungsbedingt, für Schweden musste er ebenfalls absagen, zuletzt stand er nur auf Abruf – ein etwas überraschender Umstand, da sich der frühere Rapidler zuvor unter Koller als fixes Kadermitglied etabliert hatte.

Der 30-fache Teamspieler betrachtet die Nichtnominierungen mit gemischten Gefühlen. Natürlich sei es enttäuschend gewesen, aber: „Ich muss ehrlicherweise sagen, ich war zu diesem Zeitpunkt auch nicht ganz fit. Deswegen habe ich die Zeit während des letzten Lehrgangs für Therapien genutzt, um fitnessmäßig wieder in die richtige Spur zu kommen.“

Dies sei jedoch nicht der Grund für sein Fehlen im Kader und auch nicht mit dem Teamchef abgesprochen gewesen: „Der Trainer hat mir übermittelt, dass ich nicht dabei bin. Das habe ich akzeptiert.“

Die unfreiwillige Pause in diesem Länderspiel-Herbst sei jedoch höchste Zeit gewesen: „Ich hatte immer wieder kleinere Wehwehchen, konnte die Vorbereitung fast gar nicht mitmachen, bin in der Folge für jedes Spiel fitgespritzt worden. Ich habe kaum mit der Mannschaft trainiert, immer am letzten Drücker gespielt. Irgendwann macht sich das halt bemerkbar. Ob linke oder rechte Oberschenkel-Seite – das eine hat aufgehört, das andere begonnen.“

Die Phase sei vor allem für den Kopf nicht einfach gewesen. „Der Trainer fragt einen jeden Tag und du weißt nicht, was du antworten sollst, weil du nicht weißt, ob du fit wirst und spielen kannst. Das ist alles nicht so einfach.“

Den letzten Länderspiel-Break habe er daher auch zu einem Abstecher nach Wien genutzt, um sich behandeln zu lassen. Dass ihm Besiktas nicht die nötige Verschnaufpause gönnte, zeigt andererseits, welchen Stellenwert er sich in Istanbul erarbeitet hat, was nur bedingt zum Abstieg in der ÖFB-Hackordnung passt: „Bei Besiktas läuft es sehr, sehr gut, und beim Nationalteam war es ja eigentlich auch immer gut, abgesehen davon, dass ich zuletzt nicht dabei war.“

STEFAN ILSANKER:

Geht man von der Länderspiel-Erfahrung aus, ist Ilsanker der Außenseiter in diesem Dreikampf. Vier Mal lief der Salzburg-Kicker bislang für Österreich auf.

Auf der Haben-Seite steht jedoch, dass er sich in diesem Jahr im A-Team festsetzte und er im Prinzip den Platz von Kavlak im Aufgebot eingenommen hat.

„Jedes Spiel mit dem Nationalteam ist ein Karriere-Highlight“, funkeln die Augen des 25-Jährigen darauf angesprochen, ob eine Nominierung in die Startelf für das Russland-Spiel das bislang wichtigste Match wäre, „bis jetzt waren es noch nicht so viele Länderspiele. Ich hoffe, es werden mehr und mehr. Ich gebe alles dafür.“

Ilsanker wäre mit seiner Statur und körperlichen Präsenz eher die robustere Variante. In Moldawien und gegen Montenegro kam er zuletzt jeweils in der Schlussphase aufs Feld, um mitzuhelfen, die knappen Vorsprünge über die Zeit zu retten.

„Für mich persönlich war das Jahr mit dem Verein hervorragend, das Nationalteam ist noch das Zuckerl oben drauf. Das ist etwas ganz Besonderes“, zeigt sich der Salzburger mit der Entwicklung seines ÖFB-Stellenwerts sehr zufrieden.

Nun wolle er sich im Training voll reinhauen und 100 Prozent geben, damit er von Beginn an spielen darf. Damit würde er tendenziell die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklimmen.

Einen „neuen Alaba“ werde es jedoch so oder so nicht geben. „Ich denke, der neue Alaba kann keiner von uns werden. Wir sind alle eigene Charaktere und Persönlichkeiten. Aber jeder von uns, der für diese Position in Frage kommt, will natürlich spielen.“

Spätestens am Samstag wird das Rätselraten beendet sein – bis zur Bekanntgabe der Aufstellung bleibt übrigens auch Zeit, um im LAOLA1-Teamchef die richtige Startelf zu tippen und damit die Chance auf einen Jahresvorrat Stiegl-Bier zu wahren.

Peter Altmann

Kavlaks Vertrag beim Traditionsklub läuft am Saisonende aus. Die medialen Spekulationen, die ihn zuletzt etwa mit Napoli, Southampton, Swansea oder Schalke in Verbindung brachten, sind auch dem seit vergangener Woche 26-Jährigen nicht verborgen geblieben: „Daran beteilige ich mich aber überhaupt nicht. Es steht immer wieder etwas in den Medien, aber konkret gibt es nichts. Besiktas ist mein erster Anprechpartner.“

Dass es jedoch schlechtere Ausgangspositionen gebe, als umworben zu sein, sieht auch Kavlak so. „Das hätte ich mir vor fünf Jahren gewunschen“, lacht er lauthals in Anspielung darauf, dass der Absprung aus der Bundesliga erst mit ein wenig Verzögerung klappte.

Eigentlich hatte er immer vor, nach Besiktas den Sprung in eine Top-Liga zu wagen. Den Stellenwert bei Besiktas aufzugeben, wäre jedoch kein einfacher Schritt:

„Das muss man abwägen. Ich habe immer gesagt, ich will in einer Top-Liga spielen und will das auch immer noch, aber ich weiß, was ich an Besiktas habe. Das ist eine schwierige Entscheidung, die ich gemeinsam mit meinen Eltern treffen werde.“

Die Entscheidung, wer Alaba ersetzt, obliegt naturgemäß dem Teamchef. „Der Konkurrenzkampf ist da. David ist, wie wir alle wissen, ein sehr wichtiger Spieler und fast nicht zu ersetzen. Wir werden die Verantwortung auf jeden einzelnen übertragen. Wir sind überzeugt, dass wir das gut hinkriegen“, glaubt Kavlak, der Eigenwerbung jedoch strikt ablehnt.

Einig ist er sich mit seinen Kollegen, dass auch aus dem zentralen Mittelfeld mehr Torgefahr ausgehen muss. Für ihn liegt diese Problematik jedoch auch daran, dass man das richtige Timing erwischen müsse, wann man mitgeht. Zahlreiche Sprints über 40, 50 Meter in den gegnerischen Strafraum wären auch eine Kraftfrage:

„Es ist immens kraftaufwändig, im Mittelfeld zu spielen, man ist ständig unterwegs. Man braucht auch ein bisschen Glück, wann man mitgeht und dass es dann auch die richtige Entscheidung war. Denn von vier Bällen kommt dann vielleicht nur einer. Aber man kann sicherlich torgefährlicher werden.“