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"Es wird nicht fünf oder sechs Änderungen geben"

„Wir haben eine Mannschaft, die begeistert, wo sich jeder auf den Stadionbesuch freut. Das war nicht immer so in meiner Zeit beim Nationalteam“, stellt Kapitän Christian Fuchs fest.

Das EM-Qualifikations-Duell mit Russland fällt ohne Zweifel in die Kategorie wichtiges Länderspiel. Das Happel-Stadion ist ausverkauft, es ist der Abschluss des „Heimspiel-Herbstes“ gegen die drei größten Kontrahenten um ein EM-Ticket, mit einem Sieg könnte sich Österreich eine gute Ausgangsposition auf dem Weg nach Frankreich verschaffen.

Nach den beiden Oktober-Erfolgen in Moldawien und gegen Montenegro beziehungsweise den gleichzeitigen Punkteverlusten der Konkurrenz ist die Stimmung rund um die ÖFB-Elf naturgemäß ausgezeichnet.

Für ÖFB-Teamchef Marcel Koller stets ein Anlass, um gegenzusteuern und einzumahnen, sich bei aller Euphorie auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Demut in Zeiten des Erfolgs

„Es ist doch viel schöner für alle, wenn wir uns freuen, wenn wir es wirklich geschafft haben und nicht schon vorher zu jubeln und dann sind wir wieder nicht dabei“, würden in den Augen des 54-Jährigen auch drei Punkte gegen Russland keine Vorentscheidung zu Gunsten von Rot-Weiß-Rot bedeuten.

Zuerst müssen diese aber ohnehin erst einmal eingefahren werden. Der Schweizer nimmt die Begeisterung rund um das Nationalteam gerne mit und betont, in seiner Karriere als Vereinstrainer nur beim überraschenden Meistertitel mit St. Gallen 2000 Vergleichbares erlebt zu haben.

„Das Wichtigste ist aus meiner Sicht jedoch immer, das auch richtig einschätzen zu können. Sich zu freuen, aber nicht zu denken: ‚Jetzt sitze ich auf dem Thron, es kann nichts mehr passieren, ich schaue runter und dirigiere nur noch.‘ Sobald man ein bisschen erfolgreich ist, ist es ganz wichtig, trotzdem Demut zu haben, dran zu bleiben und weiter seinen Weg zu gehen. Wenn du denkst, du musst nichts mehr tun, wirst du schnell wieder heruntergeholt“, warnt Koller eindringlich.

Keine neuen Töne. Die Lektion, dass man in Österreich vielleicht ein wenig fester als andernorts auf die Euphoriebremse steigen muss, hat der Eidgenosse früh in seiner Amtszeit gelernt. Seine Schützlinge haben diese Herangehensweise inzwischen verinnerlicht. Sie äußerten sich im Verlauf dieses Lehrgangs betont defensiv, schoben Russland die Favoritenrolle zu.

Keine großen Umstellungen

Selbst ein Sieg gegen die „Sbornaja“ würde laut Fuchs die Qualifikation nicht vorentscheiden: „Überhaupt nicht. Man darf nicht vergessen, dass wir gegen die drei vermeintlich stärksten Gegner dann erst zu Hause gespielt haben. Es folgen noch die Partien in der Fremde, die natürlich keine leichten Aufgaben werden. Wir haben ein paar gute Schritte gemacht, sind aber noch lange nicht am Ziel. Auch mit einem Sieg gegen Russland wäre das noch in weiter Ferne.“

Mit welchem Personal Russland niedergerungen werden soll, ließ Koller wie gewohnt offen, kündigte jedoch an, dass es nach den zuletzt guten Leistungen nicht allzu viele Änderungen geben werde: „Wir haben gegen Montenegro ein sehr gutes und zuvor in Moldawien ein gutes Spiel gemacht. Es wird jetzt nicht alles durchgemischt und auf den Kopf gestellt. Da kann ich beruhigen, es wird nicht fünf oder sechs Änderungen geben, außer sie schlagen sich im Abschlusstraining die Köpfe ein.“

Eine Umstellung wird es durch den Ausfall von David Alaba zwangsläufig geben. Wer den Bayern-Star im zentralen Mittelfeld ersetzen wird, bleibt das Geheimnis des Teamchefs. Christoph Leitgeb, Stefan Ilsanker und Veli Kavlak sind die aussichtsreichsten Kandidaten.

Spannend wird zudem, wem der Betreuerstab im Angriff das Vertrauen schenkt – Stammkraft Marc Janko, der seine Sperre nach der Roten Karte in Moldawien abgesessen hat, oder Rubin Okotie, der den Australien-Legionär gegen Montenegro würdig vertreten hat (Gib im LAOLA1-Teamchef deine Tipps für die Startelf ab und gewinne einen Jahresvorrat Bier!).

„Schätze die Russen als stärkstes Team dieser Gruppe ein“

Insgesamt hat sich Koller 15 Spiele der Russen auf DVD angesehen. Auch wenn die Elf des in die Kritik geratenen Teamchefs Fabio Capello zuletzt kaum überzeugen konnte, ändert sich nichts am Respekt, den man dem Kontrahenten im ÖFB-Lager entgegenbringt.

„Ich schätze die Russen als stärkstes Team dieser Gruppe ein“, betont Koller, „ich habe viele Spiele von ihnen gesehen. Nur weil der eine oder andere ihre Spieler nicht kennt, kann man nicht hergehen und sagen, die Österreicher sind Favorit. Das ist sicher nicht der Fall. Russland hat ein sehr gutes Team, viele schnelle und technisch starke Spieler, offensiv und defensiv eine gute Organisation. Das sind Merkmale, die für uns gefährlich werden könnten. Da müssen wir hellwach sein.“

Mit Roman Shirokov dürfte ein zuletzt schmerzlich vermisster Routinier ins zentrale Mittelfeld der Russen zurückkehren. „Ein guter Spieler mit viel Erfahrung, der auch in der Offensive für Gefahr sorgt“, warnt der ÖFB-Coach vor dem 33-Jährigen.

Fuchs wiederum streicht die Qualitäten von Offensivkraft Aleksandr Kokorin hervor: „Er bringt alles mit, ist torgefährlich, hat eine große Dynamik, ist auch kopfballstark. Vor ihm müssen wir schon gewappnet sein.“ Zudem würden die Russen über schnelle Flügel und mit Dmitri Kombarov über einen linken Außenverteidiger mit großem Offensivdrang verfügen.

„Fans entscheidend, um gegen den russischen Bären zu bestehen“

Der entscheidende Trumpf der seit über zwei Jahren in Wien ungeschlagenen ÖFB-Elf  (1:2 gegen Deutschland im September 2012) könnte wieder einmal die Atmosphäre im Happel-Stadion sein.

Koller baut darauf, dass das Publikum das Oval einmal mehr in einen Hexenkessel verwandelt: „Das haben wir jetzt ein paar Mal miterlebt – Wahnsinn, welche Unterstützung kommt. Dafür braucht es natürlich auch die Leistung des Teams. Wenn die Zuschauer sehen, dass die Spieler ans Limit gehen, wird der Funke überspringen. Das ist entscheidend, um gegen den russischen Bären zu bestehen.“

Da sich viele Zuschauer auf den Stadionbesuch freuen, bittet der ÖFB um eine rechtzeitige Anreise, am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, damit sich auch wirklich alle Fans rechtzeitig zu Spielbeginn im Stadion befinden können.

Peter Altmann