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Koller: "Man muss nicht alles auf den Kopf stellen"

Koller:

Robert Almer – György Garics, Sebastian Prödl, Emanuel Pogatetz, Christian Fuchs – Julian Baumgartlinger, David Alaba – Martin Harnik, Marko Arnautovic, Andreas Ivanschitz – Marc Janko.

Zieht man die bisherigen Aufstellungs-Tendenzen von Teamchef Marcel Koller in Betracht, ist dies aktuell die Stammelf des Nationalteams.

Jahrelang wurde nach einem festen Gerüst gefahndet, der Schweizer hat es im Prinzip nach wenigen Länderspielen gefunden, wenngleich die eine oder andere Position durchaus umstritten ist.

Sei es durch hochkarätige Alternativen, wie in der Innenverteidigung, durch einen Mehrkampf relativ gleichwertiger Kandidaten, wie im Tor, oder gute Leistungen von Spielern wie Zlatko Junuzovic, der im Offensivbereich vielseitig einsetzbar ist.

Kandidatenkreis vergrößert

Der Bremen-Legionär zählt mit je einem Tor und Assist fraglos zu den Gewinnern des Testspiels gegen die Ukraine. Für das Länderspiel-Doppel gegen den EURO-Gastgeber beziehungsweise Rumänien hatten bekanntlich einige etablierte Stammkräfte abgesagt.

Dies schmerzte Koller einerseits, weil er im Hinblick auf die WM-Qualifikation natürlich am liebsten mit allen Stammkräften intensiv an seinen Grundprinzipien gefeilt hätte. Aber kein Schatten ohne Licht: Durch die Absageflut im Vorfeld ergab sich die Chance, andere Spieler kennenzulernen, und diese haben die Gelegenheit mehrheitlich genutzt.

Dieses Resümee konnte Koller schon vor dem Ankick gegen Rumänien ziehen. „Der Pott an Spielern ist definitiv größer geworden“, freut sich der 51-Jährige, „wir haben in diesem Trainingslager gesehen, dass sich das, was wir beobachtet haben, bestätigt hat. Darüber sind wir natürlich froh.“

Damit meint der Teamchef, dass er Akteure wie etwa Patrick Bürger oder Marcel Sabitzer bislang nur von der Tribüne aus kannte, wenn er Bundesliga-Spiele beobachtet hatte. Nun weiß er aus erster Hand, wie sie einerseits menschlich auftreten und wie sie sich andererseits im Training präsentieren, wie sie auf intensive Belastungen reagieren.

„Nicht alles auf den Kopf stellen“

Gegen Rumänien wird vermutlich der eine oder andere Spieler, der bislang unter Koller noch nicht von Anfang an ran durfte, eine Bewährungsprobe abliefern dürfen.

Veli Kavlak ist so ein Kandidat. Der Besiktas-Legionär brachte gegen die Ukraine nach seiner Einwechslung eine gute Leistung und könnte eine Chance im defensiven Mittelfeld bekommen.

Koller hat bereits angekündigt, dass er an drei oder vier Positionen Änderungen vornehmen wird (Christian Gratzei und Aleksandar Dragovic sind fix) – einerseits, um für die nötige Frische zu sorgen, andererseits um den einen oder anderen Spieler einmal von Beginn an zu sehen.

„Man muss aber nicht alles auf den Kopf stellen, nur damit man irgendetwas versucht hat. Wir wollen schon auch eine gewisse Sicherheit bekommen“, geht es dem Teamchef darum, die Balance aus Experimenten und Einspielen der Stammkräfte zu wahren, schließlich wolle man auch gegen die Osteuropäer das Ergebnis im Auge haben.

Junuzovic fraglich

Koller: „Wenn du gleich sieben oder acht Spieler wechselst, ist die Streuung zu groß. Außerdem möchte ich gleich vorneweg betonen, dass es nichts mit der Leistung gegen die Ukraine zu tun hat, wenn der eine oder andere am Dienstag nicht aufläuft.“

Fraglich ist neben Florian Klein auch Junuzovic, der an einer Oberschenkelverhärtung laboriert, aber daran glaubt, rechtzeitig fit zu werden.

Geht es sich nicht aus, könnten Guido Burgstaller oder Marcel Sabitzer eines der erwähnten „Versuchskaninchen“ sein.

Noch nicht jede Position doppelt besetzt

So sehr sich die Zahl der Kandidaten quantitativ vergrößert hat, so wenig kann man behaupten, dass bereits jede Position ohne Qualitätsverlust doppelt besetzt ist.

 „Das ist jetzt vielleicht noch ein bisschen zu früh“, glaubt auch Koller, dessen Einser-Garnitur überwiegend aus Legionären besteht. Für Bundesliga-Kicker wird es immer schwieriger, zu Einsätzen von Anfang an zu kommen.

„Die Legionäre haben sicherlich ein anderes Standing“, betont Linksverteidiger-Backup Markus Suttner, der dies als Ansporn, möglicherweise selbst den Sprung über die Landesgrenzen hinaus zu wagen, versteht.

Analysiert man die einzelnen Positionen, kristallisiert sich dennoch ein immer klareres Bild des ÖFB-Kaders unter Koller heraus.

Robert Almer

TOR:

Robert Almer gilt aktuell als die Stammkraft, Christian Gratzei, Heinz Lindner, Lukas Königshofer und bei entsprechender Weiterentwicklung auch Jörg Siebenhandl als die Herausforderer. Das Rennen ums Einser-Leiberl zum Start der WM-Qualifikation ist noch offen. Almer hat sich mit seinen Leistungen in der Ukraine und gegen Finnland aber in die Pole-Position gespielt. Startet er in Düsseldorf als Einser-Goalie in die Bundesliga-Saison, verbessern sich seine Karten zusätzlich. Sollte Jürgen Macho den Weg zurück schaffen, hätte man freilich auch den Routinier in der Hinterhand.

Sebastian Prödl

INNENVERTEIDIGUNG:

Im Abwehrzentrum sind die Sorgen gering. Mit Sebastian Prödl, Emanuel Pogatetz, Aleksandar Dragovic und Paul Scharner stehen vier starke, international erprobte Kandidaten zur Verfügung, Koller kann je nach Form aufstellen. Manuel Ortlechner steht als Reserve stets bereit, ebenso wie Austria-Nebenmann Georg Margreitter, auch der vielseitige Franz Schiemer ist in der Innenverteidigung ein Thema.

György Garics

RECHTSVERTEIDIGUNG:

Diese Position war in der jüngeren Vergangenheit stets ein Sorgenkind. György Garics, der nach seiner Einwechslung gegen die Ukraine eine gute Performance ablieferte, hat die besten Chancen, diese Lücken zu schließen. Auch Schiemer und Florian Klein durften unter Koller bereits von Anfang an ran. Ekrem Dag wartet noch auf seine Chance.

Christian Fuchs

LINKSVERTEIDIGUNG:

Hier sind die Fronten weitestgehend geklärt. Schalke-Legionär Christian Fuchs ist die Nummer eins, Markus Suttner hat die Gelegenheit, sich als verlässliche Alternative zu präsentieren, bislang genutzt. Andreas Ulmer wäre für dieses Länderspiel-Doppel im Kader gestanden, er dürfte jedoch wie einige andere der absenten Salzburger für die Zukunft an Terrain verloren haben. Diesmal dient mit Martin Hinteregger der einzige angereiste „Rote Bulle“ als Linksverteidiger-Backup, er ist mittelfristig aber eher in der Abwehrzentrale eine Option.

David Alaba

DEFENSIVES MITTELFELD:

Auch hier sind die Rollen bislang klar verteilt. An David Alaba führt ohnehin kein Weg vorbei, der Bayern-Legionär sollte auf viele Jahre eine Säule des Nationalteams sein. An seiner Seite hat sich Julian Baumgartlinger ein Stamm-Leiberl erkämpft. Dahinter scharren Veli Kavlak und Yasin Pehlivan in den Startlöchern. Gegen Finnland hat sich Koller Jürgen Säumel angeschaut, der Sturm-Kicker müsste jedoch seine Verletzungsanfälligkeit ablegen und über längeren Zeitraum seinen Rhythmus finden. Vom Potenzial her wäre sicher auch Christoph Leitgeb ein großes Thema – wie sehr er dies nach der jüngsten Absage auch für Koller ist, wird die Zukunft weisen.

Arnautovic und Ivanschitz

OFFENSIVES MITTELFELD:

In der offensiven Dreierreihe haben bislang Marko Arnautovic und Andreas Ivanschitz stets begonnen, ohne aktuelle Verletzung würde dies wohl auch für Martin Harnik gelten. Dahinter klopft lautstark Zlatko Junuzovic, der alle drei Rollen – also sowohl am linken und rechten Flügel als auch zentral – spielen kann, an. Der Werder-Legionär gefiel Koller schon nach seiner Einwechslung gegen Finnland. „Bei der Austria und in Bremen hat er lange Zeit auf der Außenbahn gespielt, aus meiner Sicht hat er aber im Zentrum gegen die Ukraine ein sehr gutes Spiel gezeigt“, lobt der Teamchef. Die zentrale Rolle entspricht auch der Lieblingsposition von Junuzovic. Hinter diesem Quartett tummeln sich einige Kandidaten aus der Bundesliga, allen voran Jakob Jantscher, der sich in Salzburg bis zu seiner Schulterverletzung in großer Form befand. Der vielseitige Guido Burgstaller ist ein Spielertyp, den Koller schätzt. Marcel Sabitzer machte im Training gute Figur. Gut möglich, dass er gegen Rumänien sein Debüt feiern darf.

Marc Janko

ANGRIFF:

Marc Janko ist Österreichs bester Stoßstürmer. Daran ändern auch die Eindrücke des weniger gelungenen Ukraine-Spiels nichts. In dieser Partie ist es der ÖFB-Elf auch nicht gelungen, den Porto-Legionär richtig ins Spiel einzubinden, wie Koller seinen Schützlingen in einer Nachbesprechung zu vermitteln versuchte: „Wir haben ihn praktisch nur im zweiten Stock angespielt. Wenn wir tiefer stehen und in Ballbesitz kommen, ist er eigentlich die erste Anspielstation, muss sich dabei aber gegen zwei oder drei Gegenspieler behaupten. Gleichzeitig haben Mittelfeld- und Außenspieler die Möglichkeit, nachzurücken. Da ist wichtig, dass wir ihn so anspielen, dass er sich behaupten kann. Wenn der Ball auf 2,50 Meter hoch geflogen kommt, ist es schwierig.“ Man kann vermutlich davon ausgehen, dass der Kapitän gegen tiefer stehende Rumänen besser zur Geltung kommen kann. Debütant Patrick Bürger hat sich ordentlich präsentiert. Für eine weitere ÖFB-Zukunft wäre ein höherklassiger Arbeitgeber als Mattersburg aber tendenziell kein Fehler. Stefan Maierhofer musste absagen, ist aber weiterhin ein Thema. Erwin Hoffer wurde diesmal nicht nominiert, zählt mit seiner Schnelligkeit aber sicher weiterhin zum engeren Kandidatenkreis.

Peter Altmann