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Koller: "Du musst auf alles gefasst sein"

Koller:

Während alle Mitglieder des ÖFB-Teams auf dem Trainingsplatz in Seefeld für ein Gruppenfoto posierten, ging Marcel Koller plötzlich auf das Publikum zu.

„Wer ein Foto mit der Nationalmannschaft haben will, kommt jetzt aufs Feld“, rief der Schweizer in die Menge.

Die Tiroler Trainings-Kiebitze ließen sich nicht lange bitten, wenn schon einmal der Teamchef höchstpersönlich zum „Platzsturm“ aufruft.

Am zehnten und letzten Trainingstag in Seefeld (am Montag steht nur noch das Abschlusstraining in Innsbruck auf dem Programm) goss Koller also noch einmal kräftig das „Pflänzchen“, das er wachsen und gedeihen sehen will.

"Wir werden mehrheitlich das Spiel machen müssen"

Damit ist bekanntlich die Bindung zu den Fans des Nationalteams gemeint. Dem Schweizer ist bewusst, dass es den Rückhalt des Publikums braucht, wenn sein Projekt erfolgreich sein soll.

„Das sind aber Dinge, die sich entwickeln müssen“, stellt der 51-Jährige klar und meint damit nicht Charmeoffensiven wie jene für die Seefelder Zaungäste. Letztlich ist seiner Meinung nach vielmehr die Mannschaft über erbrachte Leistungen gefordert, sich Kredit bei den Anhängern zu erspielen.

Die nächste Gelegenheit dazu gibt es nach dem 3:2-Erfolg gegen die Ukraine bereits am Dienstag im Duell mit Rumänien. Koller erwartet dabei ein taktisch anderes Spiel als jenes gegen den EURO-Veranstalter.

„Die Rumänen sind in den Spielen, die ich gesehen habe, sehr kompakt gestanden. Wir können wahrscheinlich davon ausgehen, dass sie sich zurückziehen und wir mehrheitlich das Spiel machen müssen“, erläutert der Schweizer, der sich vier Partien der Osteuropäer auf DVD angesehen und vergangene Woche deren 1:0-Sieg gegen die Schweiz in Luzern beobachtet hat.

"Wir brauchen sehr viel Geduld"

„In diesem Spiel hat man gesehen, dass die Rumänen im Moment vielleicht nicht die ganz großen Namen haben, dass sie aber über viele junge, schnelle und taktisch disziplinierte Spieler verfügen“, so der ÖFB-Teamchef.

Bei den Rumänen fehlt Superstar Adrian Mutu aus disziplinären Gründen, was laut Koller die Erkenntnisse aus vorangegangenen Partien ein wenig relativiere. Die Mittel, mit denen man zum Erfolg kommen könne, lauten seiner Meinung nach wie folgt:

„Wir brauchen sehr viel Geduld, eine hohe Passqualität, um dann den entscheidenden Moment abzuwarten, nach vorne zu stechen und die Lücke zu finden. Das geht natürlich meistens mit schnellem Umschalten, wenn der Gegner noch nicht organisiert ist.“

"Du musst auf alles gefasst sein"

Dass Schweizer Medien dem Gegner nach der Niederlage vorwarfen, sich nicht am Spiel beteiligt zu haben, will Koller nicht überbewerten, schließlich sei Chelsea mit einer ähnlichen Taktik gegen die Bayern Champions-League-Sieger geworden:

„Es ist so, dass du auf alles gefasst sein musst. Wenn der Gegner sich entscheidet, defensiv kompakt zu stehen, vor dem eigenen Tor zuzumachen, weil man die Möglichkeit hat, über schnelle Spieler Konter zu fahren, ist das legitim.“

Im Falle eines Erfolgserlebnisses wäre es der dritte Sieg des Nationalteams in Folge. Der Teamchef plant daher auch nur wenige Personalrotationen. „Schließlich möchten wir schon auch auf das Ergebnis achten“, begründet Koller, der nur punktuell für frischen Wind sorgen beziehungsweise sich den einen oder anderen Kandidaten von Beginn an ansehen will.

Gratzei und Dragovic beginnen

Fest steht bislang, dass diesmal Christian Gratzei anstelle von Heinz Lindner die Möglichkeit erhält, sich im Tor zu beweisen. In der Innenverteidigung darf diesmal Aleksandar Dragovic ran, vermutlich anstelle des leicht angeschlagenen Paul Scharner.

Als weiterer Kandidat für eine Bewährungsprobe von Anfang an gilt Besiktas-Legionär Veli Kavlak.

Wem auch immer der Schweizer das Vertrauen schenkt, es geht darum, ein gelungenes Camp in Tirol mit einem Sieg abzurunden.

Im Vorfeld des Kräftemessens mit der Ukraine ließ Koller sehr intensiv trainieren. Seit dem 3:2 steht hauptsächlich die Regeneration im Mittelpunkt. So veranstaltete der Betreuerstab am Sonntagnachmittag beispielsweiße ein Fußballtennis-Turnier, bei dem die gute Atmosphäre im Kader zum wiederholten Male augenscheinlich wurde.

Kein "Lager-Koller"

Nach zehn Tagen Seefeld kann man sich das billige Wortspiel vom fehlenden „Lager-Koller“ kaum verkneifen. „Die Stimmung ist einfach Weltklasse. Ich habe mich schon im Vorfeld extrem auf das Team gefreut“, lobt etwa Zlatko Junuzovic.

Auch dessen Werder-Kollege Sebastian Prödl streute dem Teamchef nach dem Ukraine-Match Rosen: „Die Woche war bislang hervorragend. Wir haben sehr gut trainiert und nebenbei jede Menge Spaß gehabt. Wir kennen den Weg und wissen auch, dass er holprig werden kann. Aber wir sitzen alle in einem Boot, und bis jetzt leitet er das Boot ganz gut.“

Prödls Wunsch: „Wir hoffen, dass wir auch bei den Fans eine positive Stimmung auslösen konnten.“ Geht es in dieser Tonart weiter, sollte dies gelingen…

Peter Altmann