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"Diese Partie hat für mich große Bedeutung"

Die Berg- und Talfahrt in einem Sportlerleben ist oft rasant. Christian Gratzei kann ein Lied davon singen.

Im vergangenen Sommer war der Goalie frischgebackener Meister mit dem SK Sturm, zudem hatte er sich den Status der Nummer eins im Nationalteam erarbeitet.

Dann kam der September 2011, der für ihn gar kein guter sein sollte. Erst ging er mit der ÖFB-Elf in Gelsenkirchen gegen Deutschland 2:6 unter, wurde danach vom damaligen Teamchef Didi Constantini für das Match gegen die Türkei aus der Mannschaft genommen.

Noch viel schlimmer: Am 13. September zog sich der 30-Jährige eine schwere Knieverletzung, die ihm die restliche Herbst-Saison kostete, zu. Erst im März dieses Jahres war ihm sein Comeback vergönnt.

„Ein schwerer und steiniger Weg zurück“

„Wir haben mit dem Meistertitel einen Erfolg gefeiert, der so nicht eingeplant war, haben uns in Wien gegen Deutschland sehr gut verkauft – das war so ziemlich die Hochphase. Es war klar, dass dann irgendwann wieder ein Tief kommt“, blickt Gratzei im Gespräch mit LAOLA1 zurück.

Und das kam, wie festgestellt, richtig heftig. Schon vor der Verletzung habe er gemerkt, dass die Zeit reif sei, sich wieder vermehrt auf das Wesentliche zu konzentrieren. „Danach musste ich einfach vom Kopf her frei werden. Dann habe ich einen neuen Angriff gestartet.“

Dieser Angriff führt ihn nun zurück ins Tor des Nationalteams. Im zweiten Innsbrucker Testspiel gegen Rumänien wird der Sturm-Keeper sein Comeback im ÖFB-Dress feiern.

„Diese Partie hat für mich eine große Bedeutung, weil es nach meiner Verletzung einfach ein schwerer und steiniger Weg zurück war. Ich möchte mich auch bei allen bedanken, die mich dabei unterstützt haben. Es war harte Arbeit und nicht immer einfach, aber ich denke, dass ich die richtigen Schritte gesetzt habe, um wieder im Nationalteam dabei sein zu können“, erklärt der Steirer.

Nummer eins als Anspruch

Auch wenn sich Robert Almer mit seinen guten Leistungen in den ersten beiden Länderspielen unter Teamchef Marcel Koller vermutlich einen kleinen Bonus erarbeitet haben dürfte, erscheint das Rennen um das „Einser-Leiberl“ zum Start der WM-Qualifikation offen (siehe LAOLA1-Positionsanalyse).

Gratzei kennt das Gefühl, die Hackordnung der österreichischen Goalies anzuführen und macht kein Hehl aus seinem Ziel, diesen Zustand wiederherzustellen:

„Dass ich den Anspruch habe, die Nummer eins im Nationalteam sein zu wollen, ist ganz normal. Diesen Anspruch stellen die anderen auch an sich. Wir wären schlechte Fußballer, wenn wir das nicht so sehen würden. Wichtig ist aber, dass man das Gesamte sieht, dass der Erfolg der Mannschaft im Mittelpunkt steht.“

„Man kann sich auch von den Jungen etwas abschauen“

Hießen Gratzeis Konkurrenten vor nicht allzu langer Zeit noch Jürgen Macho, Alexander Manninger, Michael Gspurning oder Helge Payer, sieht er sich aktuell neben Almer mit Jungspunden wie Heinz Lindner oder Lukas Königshofer konfrontiert.

Dieser Generationswechsel sieht für den 30-Jährigen inzwischen die Rolle des Routiniers vor.

„Das sind einfach gute Junge, die im Verein die Chance gekriegt haben. Man sieht, dass am Tormannsektor unheimliches Potenzial da ist“, findet Gratzei, der betont:

„Ich bin ohnehin der Meinung, dass man sich immer persönlich weiter entwickeln muss, wenn ein neuer Stil gefragt ist, auch wenn man 30 Jahre alt ist. Nur so kann man sich selbst immer verbessern. Man kann sich auch von den Jungen etwas abschauen. Früher habe ich mir eben von den Älteren etwas abgeschaut.“

„Schauen, wie das Neue funktioniert“

Relativ jung wird mit 36 sein neuer Trainer bei Sturm sein. Bis jetzt hat Gratzei noch keinen Kontakt zu Peter Hyballa gehabt. Ein Umstand, den er noch vor dem Rumänien-Match ändern wollte:

„Ich werde probieren, ihn anzurufen, weil ich denke, dass sich das so gehört, dass man einmal Hallo sagt und ein paar Worte redet. Ich freue mich schon auf ihn, die neuen Aufgaben und die neue Arbeitsweise.“

Was mit dem entthronten Meister in der kommenden Spielzeit drinnen ist, sei schwer zu sagen, denn: „Die letzten Jahre waren sehr erfolgreich, wir haben eine gewisse Linie und Struktur im Verein gehabt. Jetzt gilt es zu schauen, wie das Neue funktioniert. Wir werden natürlich probieren, das Maximum herauszuholen. Ich denke, wir können durchaus einen internationalen Startplatz erreichen.“

Peter Altmann