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Eine Überraschung des Gegenübers

Eine Überraschung des Gegenübers

22 Schüsse, aber nur ein (vom Schiedsrichter gegebenes) Tor.

Moldawien machte dem ÖFB-Team mit einer Mauertaktik das Leben schwer.

„Wir haben den Gegner von vornherein sehr defensiv erwartet, aber sie haben sich selbst noch einmal übertroffen“, bilanzierte Martin Harnik nach dem 1:0-Erfolg.

Entscheidend war jedoch auch die Art und Weise, wie die Gäste verteidigten. Denn Marcel Koller wurde von der Strategie seines Gegenübers Alexandru Curteian am falschen Fuß erwischt.

Vierer- statt Fünferkette

Der moldawische Teamchef, in den 1990er-Jahren Legionär beim HSV, setzte diesmal auf eine Vierer- statt auf eine Fünferkette. Ohne die beiden verletzten Leistungsträger Artur Ionita (Hellas Verona) und Kapitän Alexandru Epureanu (Medipol Basaksehir) spielten die Gäste ein 4-1-4-1-System, das aufgrund der extrem tiefen Positionierung der Offensiv-Spieler quasi einem 4-6-0 glich. Oft bewegte sich die einzige Sturmspitze keine 40 Meter vom eigenen Tor entfernt.

Koller dagegen hatte seinen Offensiv-Plan wohl auf die sonst übliche 5-3-2-Formation ausgelegt. Zwar meinte der Teamchef nach der Partie, dass der überraschende Systemwechsel der Moldawier keinen Einfluss auf die Spielweise seiner Elf hatte, doch gleichzeitig musste er in der Pause taktische Korrekturen vornehmen:

„Arnautovic und Harnik sind zu tief gestanden, sie waren zu weit hinten. Ich wollte, dass sie weiter nach vorne schieben, auf die Linie der Verteidigung, damit wir auch einmal in den Rücken der Abwehr kommen.“

Alabas Aufrücken entscheidend

Es waren Nuancen wie diese, die dem ÖFB-Spiel leichte Probleme bereiteten. Auch die Positionierung der beiden zentralen Mittelfeldspieler wurde erst mit Fortdauer des Spiels besser auf den Gegner abgestimmt. David Alaba und Julian Baumgartlinger agierten teilweise zu tief.

Der Bayern-Legionär erkannte aber bald das Problem und bot sich weiter vorne für Pässe an. Diese Maßnahme führte nicht zuletzt auch zum 1:0. Baumgartlinger fand seinen Mittelfeld-Partner im Zwischenlinienraum, woraufhin Alaba nach Doppelpass mit Marc Janko jenen Schuss abfeuerte, den Zlatko Junuzovic für seinen Abstauber nützte.

Ansonsten versuchte das ÖFB-Team aber vor allem über Flanken gefährlich zu werden. Ganze 27 Hereingaben brachte man in den Strafraum. Weit mehr als in den meisten anderen Spielen.

Außenverteidiger zu zaghaft

„Wenn sie mit sechs Spielern in der Mitte dicht machen, dann musst du natürlich über die Flanken kommen. Und mit Marc (Janko, Anm.) haben wir einen kopfballstarken Mann dort drinnen“, meinte Harnik. Das Problem: Die meisten dieser Hereingaben fanden keinen Abnehmer.

Auch weil die Außenspieler kaum einmal scharf von der Grundlinie zur Mitte flankten, sondern oft der Ball bereits aus dem Halbfeld oder mit einem Chip in den Strafraum befördert wurden. Das machte wuchtige Kopfbälle unwahrscheinlicher.

Überhaupt trauten sich die beiden Außenverteidiger in der Offensive zu wenig zu. Christian Fuchs und Florian Klein hätten noch konsequenter mit aufrücken können.

Österreich Moldawien
Ballbesitz 67,7% 32,3%
Zweikämpfe 51,5% 48,5%
Torschüsse 22 2
Torschüsse außerhalb Strafraum 11 1
Torschüsse innerhalb Strafraum 11 1
Kopfballchancen 4 0
Flanken 27 6
Fouls 12 12

Dragovic als Quasi-Mittelfeldspieler

Im Abwehrzentrum herrschte bei den Österreichern diesmal eine klare Aufgabenverteilung. Während Sebastian Prödl hinten absichern sollte, war Aleksandar Dragovic für die Spieleröffnung zuständig.

Der Ukraine-Legionär, der die meisten Ballkontakte (106 – alle Werte im LAOLA1-Ticker) verzeichnete, nützte den freien Raum vor ihm perfekt aus. Teilweise agierte er so weit vorne, dass er fast als Mittelfeldspieler durchging.Das dominante Ballbesitz-Spiel der Österreicher war auch sein Verdienst.

Entscheidende Konter-Angriffe konnte jedoch auch Dragovic diesmal nicht einleiten. Bei den Möglichkeiten, die sich dem ÖFB-Team boten, verpasste es man, schnell den Weg zum Tor zu suchen. „Das Umschaltspiel nach vorne wäre ein paar Mal eher möglich gewesen, da haben wir stattdessen den sicheren Pass zurück gespielt“, monierte Koller.

Fazit: „Sie hatten eine gute Taktik“

Letztlich war es für die Nationalmannschaft das erwartet schwere Spiel gegen Moldawien. Auch weil Teamchef Curteian mit seiner überraschenden Aufstellung beim ÖFB Verwirrung stiftete.

„Sie hatten eine gute Taktik. Wir haben lange gebraucht, um das Tor zu machen. Oft hat nur der letzte Ball oder die Flanke gefehlt. Diesen Vorwurf müssen wir uns machen. “, resümierte Stuttgart-Profi Harnik.

Nichtsdestotrotz lieferte das Team von Marcel Koller eine reife und dominante Leistung ab. Die Hürde Moldawien wurde am Weg nach Frankreich genommen. Jetzt fehlt nur noch ein Punkt.

 

Jakob Faber