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"Es braucht nicht viel mehr Motivation als eine WM"

„Viel Licht, viel Glitzer! Die Stadt wirkt interessant, wenn man bei Dunkelheit in sie hineinfährt.“

Die Retortenstadt Astana hat einen guten ersten Eindruck hinterlassen bei Teamchef Marcel Koller.

In falscher Bescheidenheit übten sich die Städteplaner im Auftrag des „Führers der Nation“, Präsident Nursultan Nasarbajew, auch nicht. Prunkbauten wohin man schaut.

Auch die Astana Arena, jene 30.000 Zuschauern Platz bietende Halle, in der Österreichs WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan (ab 17:25 Uhr LIVE auf ATV) über die Bühne gehen wird, gibt es erst seit 2009.

Erwartet werden jedoch nur rund 10.000 Schaulustige. Denn von Prunk beziehungsweise Glanz und Glamour ist der kasachische Fußball weit entfernt.

Während Eishockey im flächenmäßig neuntgrößten Land der Erde der beliebteste Mannschaftssport ist, rangieren die Herren Kicker in der Weltrangliste nur auf Rang 147.

Folgerichtig betont auch Koller: „Wenn wir Leidenschaft, Teamgeist und Willen aus dem Deutschland-Spiel an den Tag legen, sind wir besser als die Kasachen.“

LAOLA1 nennt die wichtigsten Brennpunkte der Partie:

AUSGANGSPOSITION: Der Plan: Ein „Kurzausflug“ nach Zentralasien für wichtige drei Punkte. Auch wenn ÖFB-Präsident Leo Windtner und Koller in ihren offiziellen Statements Druck abbauen, liegt es auf der Hand, dass im Doppel gegen Kasachstan sechs Punkte kalkuliert sind. Denn so unangenehm der Underdog auch auftritt und so schwer er Irland und Schweden das Leben machte, an der Favoritenrolle Österreichs gibt es kein vorbei. Unterschätzen darf man jedoch logischerweise keinen Gegner. „Wir wissen, dass auch Kasachstan etwas drauf hat“, betont Emanuel Pogatetz, „wenn wir denken, dass es einfach wird und man auch mit 80 oder 90 Prozent gewinnen kann, dann wird es schwer.“

EINSTELLUNG: Der Schlüssel zum Sieg liegt diesmal also wohl ebenso im Kopf wie in den Beinen. Die richtige Einstellung im Hinblick auf die Partie in Astana ist schon seit Wochen eines der Hauptthemen des Teamchefs – Stichwort „Koller-Mentalität“. Sich auf der guten Leistung gegen Deutschland auszuruhen, wird nicht funktionieren. Unter Anleitung des Schweizers präsentierte sich die ÖFB-Elf bislang leistungstechnisch recht konstant, das Gastspiel in Kasachstan ist die nächste Nagelprobe dafür. Kapitän Christian Fuchs glaubt aus gutem Grund, dass es keiner Extramotivation bedarf: „Wir haben ein klares Ziel vor Augen, wollen uns für die WM qualifizieren, und dem wird alles untergeordnet. Ich denke nicht, dass es viel mehr Motivation braucht.“ Koller hat ein gutes Gefühl bezüglich der Moral seiner Schützlinge: „Jeder ist fokussiert und konzentriert.“

CHANCENVERWERTUNG: Neben der richtigen Einstellung das zweite Top-Thema dieser Woche. Koller legte einen Trainingsschwerpunkt auf den Torabschluss und ist zuversichtlich, dass die Effizienz vor dem gegnerischen Tor gegen Kasachstan größer ist: „Im Training hat es eigentlich sehr gut ausgesehen.“ Während Kasachstan kompakt stehen und auf Konter lauern wird, muss das ÖFB-Team das Spiel machen. Ein frühes Tor wäre natürlich hilfreich. „Es kann jedoch auch ein Geduldspiel werden, aber ich bin überzeugt, dass wir die Qualität haben, den Block zu knacken“, glaubt Fuchs. Andreas Ivanschitz fordert: „Wir müssen vorne eiskalt sein, und die Chancen, die sich uns bieten, auch nutzen.“

AUFSTELLUNG: Während sich gegen Deutschland die rot-weiß-rote Aufstellung im Prinzip schon Tage vor dem Ankick abgezeichnet hat, ließ sich Koller diesmal weniger in die Karten blicken. Zwar hat der Eidgenosse das Lineup laut eigener Aussage bereits im Kopf, das Training am Mittwochnachmittag sei diesbezüglich ein Aha-Erlebnis gewesen, verraten wird aber naturgemäß nichts. Auch nicht den Spielern, die laut Teamchef erst zwei Stunden vor Spielbeginn erfahren, wer spielt. „Ich denke, es soll auch nicht immer der gleiche Ablauf sein, weil wir ja auch versuchen müssen, die Spannung hoch zu halten. Die Spieler sind erfahren genug, dass sie damit umgehen können. Wenn man immer schon frühzeitig weiß, dass man spielt, sind vielleicht Konzentration und Spannung ein bisschen weg“, verdeutlicht Koller. Das Motiv, im Training auf mancher Position munter durchzumischen, könnte also auch gewesen sein, neue Reize zu setzen, den Konkurrenzkampf anzufachen. Dies könnte zum Beispiel Marko Arnautovic betreffen, der den kompletten Mittwochvormittag nicht in der Stammelf trainierte und von Jakob Jantscher ersetzt wurde. Rechts in der Viererkette fordert Florian Klein György Garics heraus. Die spannendste Personalie ist jene im Angriff, wo zuletzt gegen Deutschland und die Türkei Martin Harnik auflief, und Marc Janko trotz wenig Einsatzzeit bei Trabzonspor eine logische Überlegung ist. Aufstellungssorgen hat indes der kasachische Teamchef Miroslav Beranek. Der Tscheche muss auf Heinrich Schmidtgal verzichten. Der Greuther-Fürth-Kicker laboriert an einer fiebrigen Erkältung.

ARNAUTOVIC-ÄRGER:  Sicher kann sich Arnautovic seines Platzes in der Startelf für das Kasachstan-Spiel also nicht sein. „Ich müsste damit leben“, meint der Bremen-Legionär im Hinblick auf ein mögliches Reservistendasein. Noch schwerer im Magen liegt der Offensivkraft ohnehin die aufgeblasene Story in „Österreich“ bezüglich seiner Polizeikontrolle in München. „Einfach inakzeptabel. Es nervt mich unheimlich. Es ist etwas ganz Normales, dass einen die Polizei aufhält und nach Führerschein und Fahrzeugschein fragt“, ärgert sich Arnautovic, „ich merke schon, die Leute suchen nach mir. Aber in letzter Zeit sieht es schlecht aus für diese Leute, weil ich nichts habe, deswegen werden solche Kleinigkeiten groß gemacht. Ich denke, man sollte die eigenen Spieler unterstützen und nicht die ganze Zeit kaputt machen.“

DIE BEKANNTE UNBEKANNTE: Kasachstan ist ein klassischer Fußball-Exot, mit dem der allergrößte Teil des Publikums wohl wenig anzufangen weiß. Für das Nationalteam sollte es so gesehen ein Vorteil sein, dass es nun seit September 2010 bereits zum dritten Mal auf diesen Gegner trifft. Vor allem betritt man mit der Reise nach Astana kein Neuland, die Bedingungen sind einem guten Teil der Spieler seit dem 0:0 im vergangenen Oktober vertraut. Bei dieser Nullnummer ging es im Gegensatz zu diesmal um nichts mehr, die damaligen Erfahrungswerte sind heute jedoch wertvoll. „Es ist aber sicher ein kleiner Vorteil, dass man schon einmal da war, alles gesehen hat, das Stadion und auch den Kunstrasen kennt“, erklärt Ivanschitz. Der Mainz-Legionär glaubt: „Wir werden uns besser präsentieren als letztes Jahr und auch mit einem Sieg heimfahren.“

Peter Altmann