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"Das ist einfach der Lohn für harte Arbeit und Alltag"

Knapp sieben Jahre ist es her, dass Ramazan Özcan unverhofft auf den Zug zur Heim-EURO 2008 aufsprang.

Wenig später, am 20. August, kam „Rambo“ unter dem damaligen Teamchef Karel Brückner in der zweiten Halbzeit zu seinem Debüt gegen Italien (Endstand: 2:2), das mit einem folgenschweren Patzer eher unglücklich endete.

Zwei weitere Testspiel-Einsätze gegen Island und Brasilien, jeweils aber wieder nur über 45 Minuten, sollten folgen, ehe dem 30-jährigen Torhüter gegen Bosnien die große Stunde schlug.

„Es war ein sehr schönes Gefühl, zum ersten Mal bei der Hymne draußen zu stehen. Für solche Momente spielt man Fußball“, freut sich Özcan nach seinem ersten Startelf-Einsatz bei LAOLA1.

„Das ist der Lohn für die harte Arbeit“

Zwar gelang auch bei seinem insgesamt vierten ÖFB-Einsatz kein Sieg, das Positive stand für den Rückhalt des FC Ingolstadt nach dem 1:1 aber im Vordergrund.

„Klar ist es etwas Besonderes. Das ist einfach der Lohn für die harte Arbeit, für den Alltag. Ich bin seit sieben Jahren Nationalspieler und freue mich jedes Mal, wenn ich spielen kann.“

Das war bisher nicht nicht allzu oft der Fall. Immer wieder musste der Vorarlberger Rückschläge einstecken bzw. anderen Konkurrenten den Vortritt lassen.

Seinen Weg ging er jedoch unbeirrt weiter. Als Nummer eins beim Tabellenführer der 2. Deutschen Bundesliga hat er sich nun im fortgeschrittenen Alter seine Chance redlich verdient.

Eigene Leistung als Tabu-Thema

Auch aufgrund der derzeit prekären Konstellation im ÖFB-Tor. Beim Thema der eigenen Entwicklung und der Gesamtsituation blockt Özcan aber sofort ab.

„Ich bin jetzt keiner, der seine Leistung in der Öffentlichkeit irgendwie bewertet und Komplimente macht. Dafür haben wir genug Experten, die herumlaufen“, geht der 1,88 Meter große Keeper auf Distanz.

„Ich versuche immer, für die Mannschaft da zu sein. Wenn sich die Jungs freuen, dass ich ein gutes Spiel gemacht habe, freut mich das auch.“

Oft geprüft wurde Marcel Kollers erste Wahl im Tor gegen Bosnien nicht, beim Gegentreffer war er machtlos.

Mit Ingolstadt den Aufstieg vor Augen

Mit einem waghalsigen Dribbling aus dem Strafraum heraus holte er sich vom heimischen Publikum trotzdem Sonderapplaus ab. Eine Aktion, die stark an die Ausflüge von Manuel Neuer erinnerte.

„An das denkt man nicht. Jede Aktion hat ein gewisses Risiko. Das ist einfach die Art und Weise, wie ich spiele. Ich bin einfach keiner, der auf der Linie bleibt und die Daumen drückt.“

Mit seiner Zielstrebigkeit und Entschlossenheit ist er zu jenem Torhüter gereift, der auch in Ingolstadt nicht mehr wegzudenken ist und unbestritten seinen Anteil am Höhenflug der Schanzer hat.

„Unser Ziel ist es, so lange wie möglich oben zu bleiben, weil die ganze Liga versucht, uns von oben runterzuhauen. Es warten harte Aufgaben auf uns“, weiß Özcan, dessen Fokus nach kurzer Regeneration ab Donnerstag voll und ganz dem Spiel gegen FSV Frankfurt am Sonntag gilt.

„Wusste immer, dass da Potenzial für was Großes ist“

Was für viele überraschend kommt, war für den bereits bei Hoffenheim und Besiktas Istanbul im Ausland engagierten Torwart abzusehen.

Nachweisbar prophezeite er schon bei seinen Anfängen in Ingolstadt, dass der Verein mit seinem Background in den kommenden Jahren viel erreichen könne.

„Viele haben gemeint, es waren zwei Schritte zurück, als ich zu Ingolstadt gegangen bin. Ich wusste aber immer, dass da Potenzial für was Großes ist. Wir sind gerade dabei, Teile dieses Potenzials auszuschöpfen. Bei uns in der sportlichen Abteilung und auch in der Infrastruktur steckt noch viel drin.“

Ob es schlussendlich sogar für den Aufstieg in die deutsche Bundesliga reicht, bleibt abzuwarten. Vor allem einem Landsmann spricht „Rambo“ besonderes Lob aus.

Lob für Hasenhüttl: „Er ist unser Leitwolf“

„Ob er Österreicher ist oder eine andere Nationalität hat, ist nicht primär. Primär ist, dass er es geschafft hat, dass die Mannschaft alles für ihn gibt“, hebt Özcan die Arbeit von Trainer Ralph Hasenhüttl hervor.

„Der Trainer ist unser Leitwolf, gibt die Richtung vor und wir marschieren alle da entlang. Der Trainer ist mit Sicherheit eine der größten Entwicklungen in diesem Verein.“

Mit vier Punkten Vorsprung vor den letzten acht Runden sind die Aufstiegsambitionen verständlich. Özcan kennt das Gefühl des Aufstiegs aus Hoffenheimer Zeiten nur zu gut, steigt aber bewusst auf die Bremse.

„Noch sind wir nicht aufgestiegen. Deshalb beteilige ich mich nicht gerne an Spekulationen und Rechnereien. Da sind noch ein Haufen Punkte zu vergeben.“

Tatsache ist, dass sein Weg beim Klub und im Nationalteam steil nach oben zeigt. Auch wenn Özcan nicht gerne darüber redet.


Alexander Karper/Peter Altmann