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"Foda wollte immer alles im Verein bestimmen"

Während die ganz große sportliche Brisanz beim Cup-Duell zwischen Meister Sturm und Erste-Liga-Schlusslicht Hartberg auf den ersten Blick nicht gegeben ist, knistert es abseits des Spielfelds im Vorfeld umso mehr.

Mit Walter Hörmann hat nämlich ein alter Bekannter der Grazer das Traineramt bei den Oststeirern übernommen.

Ab Februar 2007 werkte der 50-Jährige nach dem Konkurs eineinhalb Jahre als Sportdirektor bei den „Blackies“, ehe er im Sommer 2008 unter anderem wegen Differenzen mit dem damaligen Präsidenten Hans Rinner seinen Rücktritt einreichte – ein Abschied im Unfrieden.

Zuletzt machte Hörmann mit kritischen Anmerkungen zu Sturm auf sich aufmerksam, vor allem in der Causa Heinz Palme. Auch im LAOLA1-Interview vor dem Cup-Fight spart er nicht mit Kritik – im Gegenteil:

LAOLA1: Was stimmt Sie zuversichtlich, dass Hartberg bei Sturm vielleicht die große Sensation schaffen kann?

Walter Hörmann: Der Fokus muss bei uns schon auf dem Klassenerhalt, der sehr schwierig ist, liegen. Aber das ist eventuell ein Spiel, wo die Mannschaft unbelastet spielen kann, wenn sie die Nervosität ablegt, weil wir auswärts beim Meister krasser Außenseiter sind. So gesehen können wir nur gewinnen und eigentlich sehr wenig verlieren.

LAOLA1: Dieses Spiel dient also als positive Ablenkung, da das Hauptaugenmerk auf der Meisterschaft liegt?

Hörmann: Sicher versuchen wir auch in diesem Spiel alles zu geben, das ist unsere Pflicht. Es wäre ganz wichtig, zumindest eine gute Leistung abzurufen, damit wir dann drei Tage später auch in Altach bestehen können. Wir haben in dieser Woche also zwei schwere Auswärtsspiele, auf die wir uns in den letzten Tagen gut vorbereitet haben.

LAOLA1: Der Rückstand auf einen Relegationsplatz beträgt sieben Punkte. Was war Ihr Motiv, diese schwere Aufgabe zu übernehmen?

Hörmann: Das Motiv war, dass ich gebürtiger Oststeirer bin, den Verein und seinen Obmann schon sehr lange kenne. Vor zwölf Jahren war ich schon für drei Monate in der Regionalliga als Trainer tätig, bevor ich als Assistenztrainer von Heinz Hochhauser zur Wiener Austria ging. Das heißt, ich bin hier verwurzelt. Die Situation ist sehr schwierig, und als ich gebeten wurde, zu helfen, habe ich spontan zugesagt. Leider Gottes hat es in der ersten Runde gegen Blau-Weiß Linz überhaupt nicht geklappt, aber wir haben noch acht Mal die Chance, in der Meisterschaft zu punkten. Deshalb kann man sieben Punkte aufholen.

LAOLA1: Wäre für Sie im Fall des Klassenerhalts ein längerfristiges Engagement denkbar, beziehungsweise was könnte man in Hartberg aufbauen?

Hörmann: Wir haben einen Vertrag bis zum Ende der Saison abgeschlossen. Das war mein ausdrücklicher Wunsch. Ich möchte momentan gar nicht weiter darüber hinaus denken, sondern meine ganze Kraft den verbleibenden Spielen widmen. Dann wird man ja sehen, ob es weiter geht. Ich kann mir grundsätzlich alles vorstellen, weil der Klub eine gute Infrastruktur hat. Hier kann man als Trainer sehr gut arbeiten.

LAOLA1: Eine interessante Beobachtung ist, dass sie immer das Modell einer Kapitalgesellschaft mit zwei Geschäftsführern forciert haben, nun wurde es umgesetzt…

Hörmann: Ja, das ist kurios. 2007, als mich Christian Jauk aus dem Vertrag mit St. Pölten herausgeholt hat, war das im Vorfeld ganz klar abgesprochen. Es war ja auch schon mit den Mitgliedern besprochen, dass die neue Führung den Verein sofort in eine GmbH oder AG mit zwei Geschäftsführern umwandelt. Das ist schon in den Statuten verankert gewesen. Deswegen bin ich aus dem Vertrag bei St. Pölten raus. Es ist also nicht nur versprochen worden, sondern es hat alles darauf hingedeutet. Nachdem die neue Vereinsführung gewählt wurde, war urplötzlich keine Rede mehr davon. Ich glaube, das war keine ganz  saubere Lösung, eigentlich hat man mir von Haus aus nicht die Wahrheit vermittelt. Sie können sich auch vorstellen, dass die Arbeitsbedingungen dann ganz anders waren, als ich es mir vorher erwartet hatte...

LAOLA1: Inwiefern? Der damalige Präsident Hans Rinner genießt den Ruf, sich gerne ins Tagesgeschäft eingemischt zu haben…

Hörmann: Das war so. Die beste Form wäre das Modell, das die Wiener Austria praktiziert, nämlich eine AG. Hier können die Vorstände unheimlich schnell selbständig entscheiden. Im Fußball ist es enorm wichtig, dass man schnelle Entscheidungen trifft. Gute Spieler will nicht nur ein Klub sondern mehrere. Da sind kurze Wege wie bei der Austria mit Thomas Parits und Markus Kraetschmer von Vorteil.  Die beiden Vorstände können zu einem großen Teil im sportlichen Bereich handeln, ohne immer lange Gespräche im Aufsichtsrat führen zu müssen. Es wäre sicher die sinnvolle Form gewesen, Sturm Graz damals dort hinzuführen. Aber wie gesagt: Es ist auch schön, wenn man es jetzt fünf Jahre später macht  - auch wenn es jetzt nur mit Geschäftsführern ist, die wieder mehr weisungsgebunden sind und haften müssen. Insofern verstehe ich das Modell nicht. Was man jetzt machen will, ist für mich eine Farce. Denn wenn ein Geschäftsführer auch haftet und dann dazu nur einen unbefristeten Vertrag bekommt, verstehe ich überhaupt nicht, warum ein Geschäftsführer dieses Risiko eingeht.

LAOLA1: Können Sie konkretisieren, wo Ihrer Meinung nach in den beiden GmbHs das Risiko für Paul Gludovatz und Christopher Houben liegt?

Hörmann: Das Risiko ist, dass sie die Haftung haben, als Geschäftsführer aber dem Präsidium gegenüber stark weisungsgebunden sind. Das heißt, das Präsidium wird sich wieder einmischen. Hier hat man nicht so viel Entscheidungskompetenz wie in einer AG, wo das klarer geregelt ist, man zum Beispiel erst bei Verträgen ab 400.000 Euro den Aufsichtsrat fragen muss. Als Geschäftsführer muss man bei sämtlichen Entscheidungen Rücksprache mit dem Präsidium halten. Also ich halte dieses Modell nicht für sinnvoll. Ich würde so ein Risiko nicht eingehen.

Es-Präsident Rinner kommt in Hörmanns Nachbetrachtung nicht gut weg

LAOLA1: Präsident Christian Jauk versichert, dass die beiden Geschäftsführer das Tagesgeschäft verantworten und der von ihm geführte Vorstand nur eine Kontrollfunktion ausübt. Sie glauben aber, dass sich hinter den Kulissen wenig ändern wird?

Hörmann: Das glaube ich, weil ich die handelnden Leute kenne und Christian Jauk sich immer einmischen wird. Das wird er am Anfang bei Paul Gludovatz vielleicht nicht so vehement machen, aber das sagt ja schon der Passus, dass das Präsidium ein Vetorecht beim Trainer hat. Nach außen hin wird gesagt, er kann selbständig einen Trainer suchen, aber wenn Christian Jauk der Trainer nicht passt, wird er vom Veto Gebrauch machen. Das kann man natürlich auch so auslegen, bis er den Trainer hat, den er Paul Gludovatz nahelegt. Also ich würde das von außen noch sehr vorsichtig betrachten…

LAOLA1: Sie haben vorhin behauptet, dass intern gegen Sie gearbeitet wurde. Wen meinen Sie konkret? Rinner? Jauk, der damals Finanzvorstand war? Oder Franco Foda, dem Sie zuletzt bei „Sky“ ein gewisses Machtbewusstsein vorgeworfen haben?

Hörmann: Wer Franco kennt, weiß, dass er ein guter Trainer ist. Aber wenn man ihn genau kennt, hat er nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen. Es war so, dass er immer das Gefühl hatte, er muss alles im Verein bestimmen. Es war deshalb nicht so einfach, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich glaube, dass er letztendlich auch daran gescheitert ist. Und dass Hans Rinner sich eingemischt hat, auch in die Transferpolitik, war klar. Deshalb habe ich dann die Konsequenzen gezogen. Monate später hat man dann aber auch im Vorstand die Konsequenzen gezogen. Die Alleingänge des Hans Rinner wie etwa die Vertragsverlängerung mit Franco Foda, die er selbständig durchgezogen hat, haben ihn dann praktisch zu Fall gebracht.

Bei Sturm Graz wird vieles unter den Tisch gekehrt. Das ist ein super Verein, aber ich traue mich Dinge anzusprechen, weil es einfach nicht in Ordnung ist. Ich habe eineinhalb Jahre alles für Sturm gegeben, habe wirklich gute Leute zu günstigen Konditionen zu Sturm gebracht. Zudem habe ich Fehlkäufe wie Nzuzi, Rabihou oder Tsimba weggekriegt und wir haben dafür sogar noch – natürlich wenig, aber doch – Geld bekommen. Trotzdem wird meine Arbeit nicht gewürdigt, und das ist das, was mir schon ein bisschen weh tut.

LAOLA1: Welche Emotionen löst das Duell mit Sturm aufgrund Ihrer Vergangenheit in Graz bei Ihnen aus?

Hörmann: Eigentlich nur schöne Gefühle. Ich freue mich auf die Kulisse, es wird natürlich kein ausverkauftes Stadion geben, aber ich erwarte doch 6000 bis 7000 Zuschauer. Das ist vor allem für die Mannschaft wichtig. Ich spiele ja nicht, sondern stehe nur am Rand, aber es ist immer schön, das Flair von Sturm zu spüren. Ich werde versuchen, die Mannschaft gut einzustellen, sodass wir ein gutes Spiel liefern. Aber wie gesagt: Ganz klarer Favorit ist Sturm Graz.

LAOLA1: Sie haben sich in den letzten Wochen kritisch zum Thema Sturm zu Wort gemeldet. Inwiefern klingt da Wehmut durch?

Hörmann: Das täuscht nicht. Es schwingt ein bisschen Wehmut mit, weil ich als Sportdirektor eineinhalb Jahre unheimlich intensiv gearbeitet habe – bei schwierigen Bedingungen nach Hannes Kartnig. Wir haben mit der jüngsten Mannschaft gleich im ersten Jahr mit dem vierten Platz eine tolle Platzierung erreicht. Ich habe mit Sebastian Prödl den besten Transfer abgewickelt, den es für Sturm Graz gegeben hat. Trotzdem hat man meine Arbeit immer wieder ein bisschen in Frage gestellt und intern gegen mich gearbeitet, und das tut einfach weh. Ich habe damals die Konsequenzen gezogen und bin niemandem böse. Irgendwann hoffe ich, wieder bei Sturm tätig zu sein, der Zeitpunkt ist jetzt jedoch sicherlich nicht der richtige, aber er wird schon einmal kommen.

LAOLA1: Es fällt auf, dass gerade bei Sturm in der jüngeren Vergangenheit Spitzenfunktionäre bisweilen ein Eigenleben entwickelt haben. Worauf führen Sie das zurück? Spielt es eine Rolle, dass mancher gerne im Rampenlicht gestanden ist?

Hörmann: Bei Sturm ist es scheinbar wirklich so, dass die letzten Präsidenten sehr öffentlichkeitsbewusst gewesen sind. Ich kann es nur so sehen, dass man hier versucht, diesen öffentlichkeitswirksamen Posten auch für die eigene Firma zu nutzen. Deshalb bin ich nicht immer einverstanden gewesen, wenn man gesagt hat: „Ich mache das ehrenamtlich, ich kriege kein Geld dafür und ich trage die Haftung.“ Man nützt dann meistens schon auch die Öffentlichkeitsarbeit, um für die eigene Firma eine Plattform zu haben. Aber das ist ja auch okay. Das Schlimme ist nur, wenn die Herren denken, weil sie Sturm-Präsident sind, haben sie auch die Fußball-Weisheit mitgelöffelt bekommen und sie kennen sich plötzlich besser aus als Leute wie ich, die seit 30 Jahren im Profifußball tätig sind. Dann wird es schwierig. Dann müssten sie die Arbeit halt auch selber machen, ist ja nichts dabei. Dann sollen sie selber den Sportdirektor machen, sollen selber die Spieler holen, wenn sie es eh besser können.

LAOLA1: In den vergangenen Jahren gab es nicht nur mit Ihrer Person Schwierigkeiten, sondern auch mit anderen wie Christian Schmölzer,…

Hörmann: …Heinz Palme, Oliver Kreuzer, Erich Fuchs, der 2007 neben mir der wirtschaftliche Chef hätte werden sollen. Es sind schon in meiner Ära aus dem Büro zwölf Leute ausgeschieden, das hat man alles nicht so mitbekommen. Es war nicht sehr einfach zu arbeiten.

LAOLA1: Andererseits muss man der neu installierten Führung wohl die Chance geben, es besser zu machen. Deswegen stellt sich die Frage, warum Sie mit Ihrer Meinung zur Causa Palme erst kürzlich an die Öffentlichkeit gegangen sind. Diese Sache betrifft ja nicht den aktuellen Vorstand um Jauk, der damals gar nicht beim Verein war, sondern die Vorgänger um Gerald Stockenhuber…

Hörmann: Genau. Eigentlich sind jene Herren, die diesen großen Fehler mit Heinz Palme gemacht haben, alle nicht mehr da. Sie waren ohnehin von ihm überzeugt, hatten mit ihm ein korrektes Arbeitsverhältnis abgeschlossen, das war ja hieb und stichfest. Deshalb haben sie sich jetzt ja auch geeinigt, denn das hätten sie vor Gericht sicher verloren, weil hier einfach viel zu viel für Heinz Palme gesprochen hat. Schade, ich glaube, dass sich Sturm Graz unter Heinz Palme in den nächsten Jahren aufgrund seiner Erfahrung, seiner Kontakte und seiner Sponsornähe zu Topfirmen in ganze Europa enorm entwickelt hätte. Aber das ist Geschichte, das interessiert niemanden mehr.

Man muss auch den jetzt handelnden Personen einfach wirklich eine Chance geben, da haben Sie völlig Recht. Sie können genauso beweisen, dass sie es so gut können. Ich habe gegen niemanden etwas und gehe völlig unbelastet in das Spiel. Ich freue mich, denn ich habe viele Fans in Graz. Ich spiele ja nicht gegen Franco Foda, auch nicht gegen Sturm, sondern es spielt meine Mannschaft Hartberg.

Das Gespräch führte Peter Altmann