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"Wir haben uns zum Gespött gemacht"

Geschichte wiederholt sich bekanntlich - auch binnen eines Jahres ist das möglich.

Da war die Riesenblamage gegen den luxemburgischen Klub Düdelingen in der CL-Quali schon in weite Ferne gerückt, da sorgt Red Bull Salzburg nun für eine zweite in dieser Saison.

Der Titelverteidiger machte sich mit einer 1:2-Heimniederlage im ÖFB-Cup-Halbfinale gegen Underdog Pasching einmal mehr zur Lachnummer.

Lachnummer vs. "Paschingsdienstag"

Zumal hinter den Oberösterreichern mit Red Bull dieselbe Finanzkraft wie hinter dem Meister und Cupsieger aus dem Jahr 2012 steht.

Der Regionalliga-Klub jubelte über eine der größten Sensationen der heimischen Fußball-Geschichte, den Einzug ins ÖFB-Cup-Finale als Amateurklub - der ultimative "Paschingsdienstag".

"Wir haben zu Hause gegen einen Drittligisten verloren. Das klingt oarsch - und ist oarsch", brachte es Georg Teigl nach den 90 Minuten aus Salzburger Sicht treffend auf den Punkt.

Trainer Roger Schmidt schlug in dieselbe Kerbe, blieb aber doch diplomatischer: "Es ist für uns extrem bitter, weil wir zum einen das große Ziel hatten, den Cupsieg zu verteidigen. Zum anderen wissen wir, was das für eine Bedeutung hat, ein Heimspiel gegen einen Drittligisten nicht zu gewinnen."

"Das können wir uns nicht erlauben"

Nicht nur, dass dies gegen einen klaren Außenseiter vor eigenem Publikum - nur 2.726 Zuschauer sorgten allerdings kaum für einen Heimvorteil - passierte.

Auch ließen sich die "Bullen" eine Führung nehmen. Ivan Kovacec und Daniel Kerschbaumer drehten das 0:1 durch Havard Nielsen.

"Das können wir uns gegen einen Drittligisten einfach nicht erlauben", wusste Kevin Kampl, der wie alle anderen Salzburger sichtlich geschockt war. "Es herrschte Totenstille, so wie man es sich vorstellen kann", beschrieb Teigl die Situation in der Kabine der Salzburger.

Wohl auch, weil die Chance auf einen Titel in dieser Saison nur noch minimal ist.

"Wir haben das vermissen lassen, was uns zuletzt ausgemacht hat. Wir waren vorne nicht zwingend genug und haben uns dann hinten vielleicht einen Schritt zu viel erspart", analysierte der eingewechselte Stefan Ilsanker die zu emotionslose Leistung der Gastgeber.

Unterschätzt habe man die Paschinger keinesfalls, hielt Goalie Eddie Gustafsson klar fest. Und dennoch reichte es nicht. Zum Ärger der Mannschaft und des Trainers.

"Dass wir nicht unsere Qualitäten und Mentalität einbringen konnten, um als Sieger vom Platz zu gehen, ist extrem enttäuschend. Zumal wir in Führung gelegen sind und Chancen hatten, das Spiel zu entscheiden. Wir waren vorne und hinten fahrlässig", so Schmidt, der einige Stammspieler schonte, diese herbe Niederlage aber nicht darauf zurückführen wollte.

"Wir haben uns vieles kaputt gemacht"

"Es wäre zu einfach, das darauf zu reduzieren. Es muss möglich sein, mit dieser Mannschaft gegen einen Regionalligisten das Spiel zu beherrschen und dominant zu sein. Wir haben nicht die Entschlossenheit an den Tag gelegt. Pasching hat das ausgenützt. So etwas hat man im Cup schon öfter gesehen, leider ist uns das heute passiert. Das war ein sehr schlechter Tag für uns, mit der Verletzung von Isaac Vorsah (wohl Kreuzbandriss, Anm.) ein rabenschwarzer."

Nach Spielende versammelte der Deutsche die Mannschaft in der Kabine, eine Standpauke blieb aus. "Ich vergesse nicht, was vorher war, aber ich habe ihnen auch gesagt, dass wir uns vieles, was wir uns aufgebaut, heute wieder kaputt gemacht haben. Dass viele auf so eine Sensation gewartet haben, ist klar. Wir haben nicht so viele Gönner. Dass wir uns nun zum Gespött gemacht haben, dessen sind wir uns bewusst. Deswegen ist es sehr schade, diesen zuletzt guten Lauf nicht durchgezogen haben. Das tut mir für die Spieler leid", so der 46-Jährige, der nach der Riesenblamage sachlich und professionell blieb.

Es war dies die erste Niederlage Salzburgs in diesem Kalenderjahr, die erste nach 16 Spielen. Und dafür sorgte ausgerechnet der "Riesenkiller" Pasching, der nach Rapid (1:0) auch Salzburg auswärts (!) im Cup ausschaltete.

"Scheißegal, wir sind im Finale"

Während die Hausherren betreten in die Kabine schlichen, hallte es aus der Gäste-Umkleide umso lauter "Cup-Finale, hey, hey" - doch richtig realisieren konnten es die Paschinger am selben Abend noch nicht.

"Es ist unbeschreiblich. Ich kann es noch nicht fassen, das wird noch dauern. Es ist wie nach dem Rapid-Match", grinste Siegtorschütze Daniel Kerschbaumer, der sich nach seinem Tor bescheiden zeigte: "Wichtiger ist der Erfolg der Mannschaft, aber ich bin natürlich glücklich."

Andere hoben den Teamgeist des Zweiten der Regionalliga Mitte hervor.

"Jeder hat gewusst, dass es für uns ein extrem schwieriges Unterfangen wird, aber wir haben es uns erhofft und auch erkämpft. Auch wenn wir uns es vielleicht nach 90 Minuten nicht verdient haben, scheißegal wir sind im Finale! Ein Traum geht in Erfüllung", jubelte etwa Daniel Sobkova.

Ein Traum erfüllt sich, anderer wartet

Trainer Gerald Baumgartner zeigte sich einfach nur stolz: "Ich kann meinem Team nur gratulieren, das Konzept ist aufgegangen. Wir haben erste Hälfte kaum etwas zugelassen und auch gut nach vorne gespielt. Nach dem Rückstand sind wir durch eine Einzelaktion ins Spiel zurückgekommen. Danach haben wir Leidenschaft an den Tag gelegt und es uns auf diese Weise verdient."

13 Jahre nachdem das Wunder ausblieb und Pasching als Amateur-Klub im Halbfinale am GAK scheiterte, wurde nun dieses nachgeholt - und wie. Bei einem Sieg der Austria im zweiten Halbfinale gegen Ried, wären die Linzer Vorstädter in der Europa-League-Quali dabei.

Sofern die UEFA das hinsichtlich des Red-Bull-Engagements sowohl bei CL-Qualifikant Salzburg (der auch theoretisch in die Europa League rutschen könnte) als auch Pasching zulässt.

Sobkova und seine Kollegen denken aber noch nicht so weit: "Das ist jetzt einmal Nebensache. Natürlich, hätte uns das irgendwer vor Saisonbeginn gesagt, dem hätte ich wohl hinten und vorne eine ins Kreuz gehauen. Aber schon dieser Tag alleine ist unvergesslich und wird in die Geschichte eingehen."

Nach diesem "Paschingsdienstag" gilt das für beide Teams.

 

Bernhard Kastler