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„Regel eigentlich nur auf Papier und nicht am Platz“

„Regel eigentlich nur auf Papier und nicht am Platz“

Wien – Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs.

So viele Sekunden darf ein Torwart den Ball in der Hand halten, ehe er eine Aktion setzen muss. So einfach die Regel scheint, umso größere Diskussionen löst sie aus.

Bei Rapids mühevollem 4:2-Erfolg nach Verlängerung im Achtelfinale des ÖFB-Cups gegen SCR Altach standen in der Verlängerung Keeper Martin Kobras und Schiedsrichter Thomas Prammer im Mittelpunkt.

Ein Pfiff, ein indirekter Freistoß und ein Tor zum vorentscheidenden 3:2 für die Hütteldorfer. Kein Wunder, dass die Wogen nach dem Schlusspfiff hoch gingen.

Szene vor 3:2 sorgte für Aufregung

„Vielleicht hat er ihn zu lange gehalten. Aber da sagen's allerweil die Schiedsrichter sollen Fingerspitzengefühl haben. So ein Blödsinn, das war entscheidend heute“, war Altach-Stürmer Hannes Aigner im Gespräch mit LAOLA1 außer sich.

Auch für die Vorarlberger war klar, dass Rapid die bessere Mannschaft war und nicht der beste Fußball geboten wurde. Aber auf so eine Art und Weise zu verlieren tat besonders weh.

„Wenn ein Wiener Derby in der 90. Minute ist, pfeift kein Schiedsrichter auf der ganzen Welt einen indirekten Freistoß im Strafraum“, setzte Aigner seine Vergleiche fort.

Dabei waren die Gäste trotz der frühen Führung durch Sonnleitner nach einem Doppelschlag gut unterwegs, mussten nur wenige Minuten vor Ende der 90 Minuten den Ausgleich durch Boyd hinnehmen.

Dass er beim ersten Mal pfeift, habe ich noch nie erlebt“

Doch auch in der Verlängerung hielt das Team von Rainer Scharinger dagegen, ehe in Folge der umstrittenen Szene Muhammed Ildiz den Ball im rechten Eck versenkte.

Der Übeltäter fand die Entscheidung überzogen. An eine ähnliche Aktion im österreichischen Fußball kann er sich nicht erinnern.

„Ich bin schon öfter mal verwarnt worden, dass ich schneller machen muss. Aber das er es gleich beim ersten Mal pfeift, habe ich noch nie erlebt“, konnte es Kobras nicht fassen.

Selbst auf Seiten Rapids gingen die Meinungen auseinander. Vor seiner Einwechslung diskutierte Thomas Prager noch die Regel mit Kollege Harald Pichler auf der Ersatzbank.

Der Goalie war selber schuld“

„Da hat er auch schon einmal einen Ball so lange in der Hand gehabt. Wir haben aber gemeint, dass das eigentlich noch nie wer gepfiffen hat. Kaum stehe ich am Platz, pfeift er es. Gut für uns, der Goalie war aber selber schuld“, meinte Prager.

Trotzdem fand er die Entscheidung hart, auch wenn das Vergehen im Regelwerk klar niedergeschrieben ist.

„Ich hab geglaubt, dass es die Regel eigentlich nur auf dem Papier gibt und nicht am Platz.“ Doch der Mittelfeldspieler wurde eines Besseren belehrt.

Trainer Peter Schöttel fand die Regelauslegung korrekt, da Kobras seiner Meinung nach den Ball „extrem lang“ in den Händen gehalten hatte und so das Spiel verzögerte.

4:2 nur als Draufgabe

„Wenn du ihn 15 Sekunden hältst, dann muss man es schon geben, wenn die Regel sechs Sekunden ist. Er ist ja hin und her spaziert, dann noch einmal. Dann haben wir auch schon gewachelt und der Schiedsrichter hat auch schon hingeschaut“, lässt der Wiener die Aktion Revue passieren.

Bis dahin ließ sich Kobras nichts zu Schulden kommen und machte einen sicheren Eindruck. Die Szene kostete dem Erste-Liga-Klub aber wohl die letzte Chance auf den Aufstieg.

Als die Vorarlberger in der Schlussphase alles auf eine Karte setzten, wurden sie eiskalt ausgekontert. Prager stellte mit seinem ersten Tor für Rapid den 4:2-Endstand her.

Während Altach der Möglichkeit der Sensation nachtrauerte, war auf Seiten Rapids nur das Ergebnis zufriedenstellend.

Schöttel fordert: „Spieler müssen es behirnen“

Die Art und Weise, wie der Aufstieg zustande kam, bewertete Schöttel keinesfalls positiv. Im Gegenteil.

„Es ärgert mich, weil sie einfach lernen müssen, dass wir in der Phase mit viel mehr Spielen und kürzeren Regenerationspausen ein bisschen schlauer spielen müssen. Und nicht als Highlight in den englischen Wochen noch über 120 Minuten gehen.“

Gerade nach so einem frühen Führungstor müsse die Mannschaft „behirnen, dass man solche Spiele auch ganz anders gewinnen kann.“

Am Ende bleibt aber der geschaffte Einzug ins Viertelfinale, der über alles andere hinwegtröstet. Wie, ist schlussendlich egal. Um das zu verdeutlichen, zitierte Schöttel sogar einen ganz Großen der Trainerwelt, Jürgen Klopp.

„Klopp hat einmal nach irgendeinem 1:0-Sieg gesagt: Es hat ja auch keiner geglaubt, dass wir heute 20 Tore schießen.“

Alexander Karper